Die Kamera (2)

Eine Geschichte entsteht öffentlich:

… Sie hatte ihm frühzeitig Steilvorlagen geliefert, die Anne – dem Tod. Ein Leben gegen den Strom. Immer eigen. Und, sie hat sich beizeiten rechtschaffend verbraucht. Zu viel Arbeit, zu viel Mangel, zu viel Sucht. Sie rauchte unentwegt so eine kleine, gebogene Tabakpfeife unter ihrem schwarzen Schlapphut. Den hatte ihr eine Novizin auf Landgang vermacht, als jene sich vor dem viel zu wirren Leben für immer hinter die Klostermauern zurückzog. Im schwarzen, knöchellangen Mantel trug Anne ihr eigenes Trinkglas mit sich, denn die üblichen Kneipengläser fand sie einfach nur grottig. So war sie auch 1973 zu den Weltfestspielen unterwegs. Eine Woche lang Ausgang vom junge-Mutter-sein. Schon viel zu ernst mit 20 Jahren für den flirrenden Frohsinn. Auf dem Alexanderplatz badeten ausgelassen junge Leute in den Wasserschalen der spiralartigen Brunnen-Kaskade. Anne dachte bei sich: Würden die das an einem gewöhnlichen Sommertag probieren, man hätte sie festgenommen. Aber Ost-Berlin lebte einen Ausnahmezustand. Am Rande des Womacka-Brunnens hockte ein zusammengesunkener Mann in Latzhose mit verschleiertem Blick über seiner Gitarre. Die einzige traurige Seele in all der Überschwänglichkeit sah sie. Ein leiser Klagesingsang ging von ihr aus. Anne setzte sich zu dem Mann und spürte die Trauer des Sängers, der am Auftrittsverbot litt. Nach ein paar Worten entzogen sie sich dem ausgelassenen Treiben zum Rotweintrinken in den DT-Keller (*). Mit eigenem Glas, versteht sich. Dort verlor sich die zufällige, namenlose Begegnung sehr bald in andere. Erst später, nach einer Film-Doku im Westfernsehen, wurde ihr klar, dass dieser Sänger Wolf Biermann war…

(*) DT-Keller: Kantine des Deutschen Theaters

Morgenstunde (615. Blog-Notat)

Wenn frau auf engem Raum agiert (das Häuschen hat nur 75 qm Wohnfläche, die Bilder-Empore im Kaltdach nicht mitgerechnet)  und neue Plätze einrichten will/muss, dann ist es gut, sie kann verpacken. Zum Beispiel für einen winzigen Atem-Meditationsort ne olle Nähmaschine verstecken und stattdessen einen Hingucker zu zaubern. In diesem Fall, ein Seidentuch mit handgemaltem Kranich. Ist gestern entstanden. Bin inständig von den Ärzten vor neuerlichen Infektionen gewarnt worden, sie würden mich sofort wieder ins Krankenhaus treiben. Die dauerhaft geschädigte Lunge kann nichts Zusätzliches mehr ab. So muss ich die fröhlichen Qi-Gong-Touren mit meinen zwei Dorffrauen ins LandDojo Krohnhorst wieder aufgeben. Leider, denn sie sorgten für ein bisschen mehr Heiterkeit in meinem Leben und einen Blickwinkel aus meiner langen Winterisolation, in die ich nun zurückkehre… Ich habe mir gestern eine Klangschale für den Einstimmungston der Atem-Meditation bestellt und werde nächste Woche alleine mit den Übungen fortfahren. Ist weniger lustig, aber… ein Weg für das Training der Atemmuskulatur…

Morgenstunde (614. Blog-Notat)

Kann das Rätsel nicht selbst auflösen, also bitte: Wer hat mir den Wenzel geschickt? So ohne Absender und Begleitwort??? Nun werde ich mir erst mal einen Plattenspieler borgen, um die Platte hören zu können. Aber natürlich freut mich die Überraschung schon an sich 😊.
Es ist Sonntag, sechs Uhr morgens. Mein Schlafmodus ist vollkommen durcheinander. Die Heizung springt an, was nach dem 12-stündigen Stromausfall von gestern bei mir ein Glücksgefühl auslöst. Der Tag hatte mich geschafft. Das kalte Haus, kochen auf dem Campingkocher mit Gaskartusche. Wasser hatte ich, Gott sein Dank, vorausschauend abgefüllt, Lesen mit der Taschenlampe… Von echten Sturmschäden blieben wir verschont. Nach den kleinen, häuslichen Verrichtungen folgt in diesen Tagen immer ein Erschöpfungsschlaf von mindestens zwei Stunden. Gewicht 49 Kilo, Muskeln nach dem langen Liegen im Arsch, jede Bewegung zieht extrem Sauerstoff, der gleich abfällt unter 90. Man könnte diesen Zustand wohl desolat bezeichnen. Aber, es ist schon besser als am Entlassungstag, an dem es keine zehn Schritte weit ging. Alles ist verlangsamt und auch die Weitererzählung der begonnenen Geschichte wird ein wenig dauern – ich lass da mal noch ein bisschen Zeit dazwischen… Habt einen schönen Sonntag allerseits und bleibt sturmfest…

Die Kamera (1)

Eine Geschichte entsteht öffentlich:

Die Kamera war ihr perfektes Alibi, an diesem wilden dunklen Ort zu sein, dem Kesselhaus der Kulturbrauerei. Hinter ihr konnte sie unter all den jungen Menschen, die allesamt ihre Kinder hätten sein können, leicht sein. Es war stickig, überfüllt und laut, aber die Frau in den schwarzen Klamotten war in diesem Moment glücklich, wie schon lange nicht mehr. Die Canon gab ihr die Möglichkeit, unauffällig wieder jung zu sein und sei es nur für diese gewisse Zeit. Sie schob die umgedrehte Bierkiste lässig mit dem weißen Leisetreter an der Bühnensohle entlang, um ihrer kleinen Gestalt mehr Höhe geben und sich so einen besseren Sichtraum zu schaffen. Gundermann röhrte „…unter der Fahne der Grünen Armee…“
Klick, klick. Letztes Bild. Sie ging für den Rollenwechsel in die Hocke. Ihr Herz stolperte. Nicht wegen Gundermann. Der Film saß, Klappe zu, Herzaussetzer. Anne dachte seltsam gelassen: schöner Ort zum Sterben. Das Herz fand seinen Takt, sie erhob sich und fotografierte weiter. Das nervte Gevatter Tod. Keinen Respekt, diese Frau?
Hatte sie schon. Nur war sie es müde geworden über all seine Stöckchen zu springen. Was ihm die Spielfreude nahm. Also ließ er jetzt von ihr ab und suchte sich einen anderen Zeitvertreib. Anne zoomte durch das Gedränge und sah durch ihren Sucher, wie hinten rechts eine Gestalt im Bühnennebel zu Boden ging…

Morgenstunde (613. Blog-Notat)

Tropfenzeit

Nach acht Tagen Intensivmedizin bin ich wieder daheim. Kaum zu sagen, wieviel Chemie durch mich in dieser Zeit geflossen ist. Für die existenzielle Frage: Atmen oder nicht Atmen, ist das kein wirklicher Diskussionsstoff. Und da sitze ich nun wieder an einer „Morgenstunde“, etwas leichter und sehr viel klappriger als zuvor und frage mich gerade, wo warst du denn eigentlich, als du hier abgebrochen hast? Vielleicht ist es gut, jetzt eine andere, neue Geschichte zu erzählen. Nicht die von Frau Christa, mit der ich die letzten Tage sehr einträchtig auf der Bettkante saß und Beine baumelnd im Inhalationsnebel versank. Die „Shisha-Bar“ der Station 11 öffnete jeweils für sechs Inhalationen täglich, nach denen wir beide immer platt wie zwei hustende Briefmarken auf der Matratze lagen. Nein, diese nicht, aber natürlich wird auch die neue Geschichte ein wenig von den jüngsten Ereignissen getüncht sein, im übertragenen Sinne, wen wunderts (?) … ich beginne morgen oder übermorgen 😊

Der Apfelmann

Zum Gedenken an einen guten Freund, den Apfelmann von Zehdenick, der nach schwerer Krankheit jetzt im Apfelhimmel wohnt, stelle ich eine hier meine erste Begegnung  mit ihm aus dem Jahre 2010 ein.

 Von der Leidenschaft zur Paradiesfrucht

„Apfelmann“ nennen ihn die Zehdenicker Kinder und der Name passt. Seine Wangen leuchten schön rot im Wind, doch mehr noch seine hellwachen Augen. Der Apfelmann schaut glücklich ins Land, denn er ist ganz bei sich selbst, und das kam so: Als die Schwiegereltern 1982 pflegebedürftig wurden, zogen Friedrun (62) und Jürgen Sinnecker (64), studierte Agrar- und Saatgutingenieure, von Trebatsch ins nördliche Brandenburg. Jürgen Sinnecker fand neue Arbeit bei der LPG, doch nach der Wende gab es hier kaum noch Jobs. So versuchte das Paar dort, an der Badinger Chaussee, auf einem Inselland inmitten weiter Felder, ein autarkes Leben zu entfalten. Dabei wuchs Sinneckers Liebe zur Deutschen Nationalfrucht spät.

2002 standen plötzlich Leute von der Ländlichen Erwachsenenbildung  vor der Hoftür, und fragten, ob er denn nicht an einem Projekt zur Rekultivierung der Granseer Streuobstwiesen mitwirken würde. De facto war Jürgen Sinnecker seit 1990 arbeitslos. Ab und zu hatte er mal eine ABM, mal eine Weiterbildung: „Das war alles gut und schön, aber eine wirkliche Arbeit war es nicht“, meint er heute. Aber bei dem Streuobstwiesenprojekt war es anders. Die Berührung mit den alten Apfelsorten fachte etwas in ihm an – die Leidenschaft, empirisch zu forschen.

Etwa zeitgleich tauchte ein ORB-Auto unangemeldet bei den Sinneckers auf. Man suchte schöne Motive zum Thema „Brandenburgs Streuobstwiesen“, und filmte die Blüte in seiner Gartenplantage.  Für Sommerbilder kamen die Filmer wieder, und zum Herbst war man auf der Landesgartenschau in Eberswalde zur Obstbestimmung verabredet. Jürgen Sinnecker hatte alte Apfelsorten dabei und wartete gemeinsam mit Dr. Schwärzel, dem Obstzüchterchef aus Müncheberg, auf die TV-Leute. Die waren mehr mit sich beschäftigt. Etwas genervt vertrieben sich die Wartenden mit  Verkostungen die Zeit. Da sah Jürgen Sinnecker fasziniert das erste Mal, wie man einen Apfel dafür auseinander nimmt: Stiel, Blüte, – das Wetter und Wachstum anhand der Schale erklärt. – Dieses Sehen war die letzte Initialzündung.

Seither sucht der Apfelmann nach alten, regionalen Sorten: Den Lunow, Hasenkopf, Rote Walze, Ochsennase, Gravensteiner, Signe Tillisch … und lernte sie mit der Zeit fachgerecht zu bestimmen. Er ist immer noch ein Lernender. „Manchmal müssen die Pomologen aus Verzweiflung auch mal schwindeln“, scherzt der Mann mit warmer, sinnlicher Stimme, über zuweilen ratlose Apfelbestimmung bei Ausstellungen. „Ich kenn’ mittlerweile das Sortiment von Oberhavel – etwa 120 Sorten Naschobst. Und doch erlebt man immer wieder, dass die Sorten durch das Wetter verfälscht sind. Dann erkennt man sie schwer, und genau da beginnt die hohe Schule der Sortenbestimmung. Dr. Schwärzel kann genau sagen, ob die Äpfel aus dem Süden Berlins stammen oder aus dem Norden.“ Dass können wir noch nicht, stellt Friedrun leise vom Kanapee aus klar. „Muss ja auch nicht“, murmelt der Mann nach.

2004 machte sich Jürgen Sinnecker selbständig. Als Ich-AG für Baumkartierungen. Die nannte er „Kleines Umweltbüro Zehdenick“. „Doch dass ging nach hinten los, weil ‚Hartz’ begann, und die ‚Hartzer’ konnten viel besser die Bäume begucken“, meint er ironisch. Aber zur Eröffnung seines Umweltbüros hatte der Mann eine private Apfelausstellung in Gransee inszeniert. Und die Leute strömten mit Körben voller Früchte. „Eigentlich wollte ich, dass die Leute ihre Äpfel in der Ausstellung selbst finden. Aber sie wollen den Expertenrat.“ Die Sinneckers haben aus alten Büchern gelernt und sich bei Frau Dr. Grittner aus Markwart die Merkmalsbestimmung abgeguckt.

Inzwischen lebt der Apfelmann von seinen Ausstellungen in Menz und anderswo, von Vorträgen für kindliche und erwachsene Interessenten, von Baumbestimmungen, vom Baumbeschneiden und Kursen. Gern verteilt er auch Ratschläge zur Pflege: „Ein Baum braucht auch mal eine Schippe Kompost. Im Herbst die Rinde mit einer Drahtbürste bearbeiten und mit einem Kalkanstrich versehen. Der bekämpft Schädlinge und verhindert das Reißen der Rinde bei extremen Temperaturschwankungen, auch einen zu zeitigen Austrieb der Blüte …“ Und wenn einer noch einen alten Baum wünscht, womöglich einen auf dem platzsparend gleich zwei Sorten wachsen, dann verschafft er sich ortskundig junge Ruten und trägt sie zur Baumschule Fischer nach Lichterfelde (die für das „Genressourcen-Projekt Streuobst“ wirken), um den neuen, alten Baum aufpfropfen zu lassen. Die Nachfrage nach alten Sorten wächst, denn Jungbäume aus den Gartencentern, kommen oft genug auf den sandigen Böden der Mark nicht gut zurecht. Gesucht werden neben der alten Vielfalt widerstandsfähige Bäume, die mit den regionalen Bedingungen klarkommen. Wo er sie findet? „Ich habe für die Naturparks der Uckermärker und der Stechliner Obstkartierungen vornehmen dürfen, da kennt man die Ecken und Orte.“                                            
Petra Elsner

Morgenstunde (612. Blog-Notat)

Es lohnt nicht die Klausur 2022 fortzusetzen, ich bin einfach zu kaputt von einer heftigen Bronchitis, die mein schwaches Lungensystem herausfordert (PCR-Test ist negativ!). Das sogenannte Langszeitprojekt „Roman“ wird so auf eine Novelle eingedampft, zumal – ich finde, die Handlung ist auserzählt. Die Familiengeschichte „Die Zeit der weißen Wälder“ trägt autobiografische Züge mit frei erfundenen Zugaben. Zum Beispiel sind die Emilia und der Puppenspieler nicht existent. Dieser Text verhandelt die Frage nach den Wurzeln eigener Auf- und Umbrüche, den Umgang mit persönlichen Verlusten und dem kulturellen Erbe in Zeiten des Wandels. Im Blog wird sie nicht weiter vorgestellt. Überraschungen beim Bücherkauf sollten es ja noch geben. Der Rohtext ist seit heute Morgen fertig und geht jetzt in die häusliche Korrektur. Der Liebste macht die Erste. Dann wird sie etwas auf nachfolgende (mal nicht illustrierte) Kurzgeschichten für Erwachsene warten müssen, damit sie irgendwann zwischen zwei Buchdeckel gelangt. Frau sollte sich eben nicht verbiegen, sie ist zu hippelig und schreibt dichte Geschichten. Wenn ich Bücher lese, in denen der Autor die Handlung streckt, indem er detailverliebt die Kulissen beschreibt und damit Seiten schindet – nee, dit nervt mich nur. Mein Kollege Ecki Mieder meint immer, ich sei im Galopp durch meine Geschichten unterwegs. Na gut, isso 😊, das kommt von der Journaille, aus der ich ja stamme. Meine „Erziehungsmaßnahme Roman“ für etwas mehr Langsamkeit in meinem  künstlerischen Treiben ist damit gescheitert… 😊, nicht schlimm, es bremsen ja zuweilen andere Vorkommnisse aus, beispielsweise eine Bronchitis …

Lyrik-Krümel

Februar

Schwarze Blätter
wasserschwere Luft
windzerfetzt der Himmel
zwei Schneeglöckchen
leuchten im Moos
dort blinzelt das Frühlinglicht.

© Petra Elsner, 2.2.2022
…und zurück in die Klausur

KLAUSUR 2022

Es ist mal wieder soweit – die KLAUSR 2022 steht an. Seit 2018 versenke ich mich alljährlich im Winter in eine mehrwöchige KLAUSUR für eine ungestörte Schreibzeit. Heißt, der Blog atmet ein Weilchen Stille. Aber Ihr wisst ja, man kann in der Zeit zurückgehen, mehr als 1795 Beiträge stehen hier online… sie erzählen aus meinem Leben, meinem künstlerischen Schaffen und meinen gesellschaftlichen Wahrnehmungen. Doch für größere Projekte braucht es Abstand zum Alltag. Ich will am Stück an meinem Romanprojekt „Die Zeit der weißen Wälder“ weiterschreiben. Seit Nikolaus pausierte das Projekt, weil die Weihnachtsfrau das Sagen hatte, aber jetzt…
Ich bin dann mal weg, bleibt tapfer und gesund!
Eure Petra

PS: Kommentare lese ich natürlich und beantworte sie auch.

Eine Buchbesprechung

Nach hinten nicht und nicht nach vorne

Der neue Erzählband von Eckard Mieder ist auf der Suche nach dem Grund für die allgegenwärtige Müdigkeit und der Angst vor dem Zeitenwandel. Mit ruhiger Meisterschaft und zuweilen hübsch altmodischen Worten inszeniert der Dichter Kreuzfahrten durch die Abgründe der Seelen seiner Antihelden. Alle stehen im Zeitgestöber und stolpern geradewegs zu ihrem Wendepunkt. Bei der Stadt-Streunerin Ines findet der sich mitten auf einer belebten Straßenkreuzung. Im Polizeibericht heißt es dazu: „Sie ging nach hinten nicht und nicht nach vorne.“ Mieder denkt sich in das Desaster seiner Figuren und lässt den Leser wissen, wo es ins Ungewisse geht. Eine Stimme aus dem Off verrät uns „Das wissen wir nicht…“, und so erfahren wir auch etwas von den Zweifeln des Autors. Wie schon in „Der Lord geht noch einmal auf Sendung“ werden uns absurde und phantastischen Geschichten erzählt, die allesamt präzise das gesellschaftskritische Warum analysieren. Lebensweise und desillusioniert. Die eine schrumpft auf ihren Kern, bis sie verstummt. Ein anderer schaut teilnahmslos auf diese irre Frau, die ihn mit einer Waffe bedroht. Der Schneefall hinter dem Fenster hatte ihn mehr überrascht. Den Kindern des Ameisenvereins wachsen Ameisenköpfe – wohl als letzter Versuch Aufmerksamkeit zu erhaschen? Wahrscheinlich. Ein Aussteiger lebt als Eremit im Wald und begegnet unverhofft seinem früheren Ich. Realität oder Fieberwahr? Wir wissen es nicht. Und auch nicht, weshalb der Leser eines antiquarischen Buches, den Anmerkungen seines Vorlesers verfällt und plötzlich nach Oppenheim aufbricht, um diesen Leser kennenzulernen. Stadtgestalten, denen wir, wenn wir genau hinschauen, überall begegnen können. Irgendwo haben sie die falsche Kurve genommen, einen bizarren Richtungswechsel erfahren und wurden so zu Menschen, die das System ausspuckte. Eckhard Mieder hat sich ihrer mit feinem Gespür angenommen. (pe)

Nach hinten nicht und nicht nach vorne von Eckhard Mieder, ISBN: 978-3-89793-333-0, Verlag am Park, 208 Seiten, Softcover, 16 €