In der Nacht liegt Schnee wie ein flüchtiger Wintertraum. Schön. Das hilft zu Versenken. Noch bin ich beim Sortieren von Sammelstücken, eine Vorarbeit für die kommende Klausur. Es sollte wieder eine Novelle werden, kein Märchen, aber wer weiß schon, was wird. Ich hoffe, auch wenn draußen ein schlammiger Wahlkampf tobt, in meinem Innern ein bisschen Magie aufzustöbern…
Autor: Petra Elsner
Morgenstunde (1032. Blog-Notat)
Ist wieder fette Hühnersuppe im Haus. Mein Prof meinte immer, wenn es meiner Lunge schlecht ging: „Hühnersuppe, Hühnersuppe!“ Jetzt wartet so ein 10-Liter-Topf aufs Portionieren und Einfrieren und das ganze Häuschen duftet 😊. Hach, schön, wenn‘s angerichtet ist… Ich schlief noch, als heute früh das Telefon klingelte: „Mam, wir kommen nicht am Sonntag. Jetzt bin ich richtig erkältet und ich will Dich nicht anstecken. Brauchst die Rouladen nicht auftauen…“ Einer hat immer was, wir gerade nicht und so wird der Sonntag frei fürs Lesen, war ja Vorgestern wieder mal ein Buch in der Briefpost. Passt.
Morgenstunde (1031. Blog-Notat)
Wir halten Winterschlaf wie schon letzten Januar und manchen anderen davor auch. Es kam mir komisch vor, dass wir immer nach Weihnachten plötzlich 12 Stunden schliefen, zzgl. Mittagsruhe. Was ist das? Halten Menschen, wenn sie können, auch Winterschlaf? Ja, sagt inzwischen die Forschung: Kälte und Dunkelheit ändern auch das Schlafverhalten von Menschen, aber sie können nicht wie viele Tiere echten Winterschlaf halten. Dazu fehlt ihnen „braunes Fett“. Dennoch gibt es ein Beispiel für eine Winterschlafvariante: Vor gut 100 Jahren lebte in der Gegend von Pskow ein zugewanderter sibirischer Volksstamm: In Ermanglung von ausreichend Nahrung versammelten sich die Familien beim ersten Schneefall am Lagerfeuer – und gingen danach allesamt schlafen. Einmal am Tag stand jeder kurz auf, aß ein wenig Brot und trank dazu einen Schluck Wasser und ging dann zurück auf sein Winterlager. Ganze sechs Monate genoss das kleine Volk diesen geruhsamen Zustand – bis die ersten Frühlingsboten eintrafen… Geht doch irgendwie. Nur wir essen gute Hausmannskost, wohl deshalb sind wir dann doch auch im Januar ein bisschen länger wach 😊.
Morgenstunde (1030. Blog-Notat)
Am Leben bleiben – ist ein gutes Motto für 2025 und sich behaupten. Denn das brandneue Jahr wird den windigen Mantel des Wandels überstreifen und ob die Mainstream-Parteien dem globalen Gegenwind gewachsen sind, wird sich am und nach dem 23. Februar zeigen. Wer auch immer das Rennen macht, es liegen ungeheure Herausforderungen in der gesamten Gesellschaft vor jenen und uns. Klar ist es leichter, ein Bürokratiemonster ungebremst zu füttern, als es abzuspecken. Aber das ist das Dringlichste, neben all den anderen bekannten Problemen. Es kann also 2025 ungemütlich werden, aber wir kommen um einen weitsichtigen Modernisierungsprozess nicht herum. Dafür brauchen wir Mut und Zuversicht. Wenn wir uns darauf einstimmen, schaffen wir das…
Morgenstunde (1029. Blog-Notat)
Der letzte Tag, das letzte Bild in diesem Jahr. Es war wirklich kein gutes Jahr. Aber neben all den Maläsen und Verlusten, waren es die kleinen menschlichen Überraschungen, die mir Freude schenkten. Die freundlichen Besucher meiner Lesungen, ermunternde Anrufe, die Gans Gilda von Krauses, oder heute ein Brief aus Tübingen von einer mir zugewachsenen Blog-Leserin. Es ist toll, wenn eine aus der Anonymität heraustritt und sich mir zeigt. Wenn früher ein Fremder im Zug unsere damalige Zeitung las, erzählten wir uns danach in der Redaktion: „Oh, wie schön, ich bin meinem einen Leser begegnet…“ 😊 Leserpost war damals immer politisch, nie persöhnlich, und dass das heute anders ist, genieße ich sehr. Danke Jana!
Also liebe Leserinnen und Leser von schorfheidewald.de, ich wünsche Euch allen ein friedliches Hinübergleiten in die kommende Zeit, macht Euch glücklich,
Eure Petra
Morgenstunde (1028. Blog-Notat)
In den letzten Tagen des Jahres finde ich zu neuer kreativer Kraft zurück. Ich spachtele kleine Platten und bette poetische Gedanken als Textspuren darin ein. Deutlicher als zuvor, weil sich sensible Zerrissenheit im Blick auf die Welt einstellt. Können wir sie noch retten? Ich weiß es nicht, aber ich will mit diesen Farbsplittern Inneres berühren, Emotionen anstimmen wie einen guten Ton, einen Friedensklang vielleicht, wenn möglich…
Das Corona-Virus sind wir seit Freitag wieder los, aber die darunterliegende Erkältung sitzt fest…
Morgenstunde (1027. Blog-Notat)
In der Harlekinweide flattern zehn, zwölf Blaumeisen um den Futterspender. Ein friedliches Bild (was ich fotografisch nicht fangen kann), ganz gleich, wie ich drauf schaue. Ob mit stiller Freude des Anblicks wegen oder mit Sorge über die Nachrichtenbilder im Hinterkopf – das Bild verwandelt sich nicht, nur mein Blick darauf. Die Schönheit des Seins ist noch gegenwärtig, aber unsere Lebensschönheit schwindet. Nicht nur weil die Bilder der Zerstörung uns umzingeln, es ist die Zeit in der wir leben, die sich nicht mehr mit dieser inneren Schönheit schmückt. Wenn ich die vergilbten Fotos meiner Großeltern betrachte, sehe ich arme Menschen, die sich dennoch festlich kleideten, weil es Weihnachten war. Heute gilt das schon mal als „overdressed“. Aber es geht bei Lebensschönheit umso viel mehr: um beherzte Worte und genüssliche Langsamkeit. Das Gleiten in tanzenden Sonnenfunken über den See beispielsweise. Nicht schnell, schnell, sondern sinnlich. Naja, man kann sie wohl noch ahnen, wenn man Naturschauspiele betrachtet…
Morgenstunde (1026. Blog-Notat)
In der Weihnachtspost lag ein Schreiben von alten Freunden. Sie sind vor acht Jahren, als sie in den Ruhestand gingen, in die Heimatstadt an der Elbe zurückgekehrt. Seither bekommen wir jedes Jahr diesen Jahresbrief (ein schmuckloses Rundschreiben an ALLE) voll von tragenden Ereignissen und guten Taten, dass es einem beim Lesen fast schwindlig wird. Doch schaut man genauer hin, sind sie jeweils „nur“ Mitwirkende, denn andere der Stadtgesellschaft sind die stillen Helden der Ukrainehilfe und anderem. Seltsam. Ich hadere immer mal wieder über meinen Energiemangel, denke nicht selten, die Anderen halten sich besser als ich und solche Schreiben nähren diesen wenig hilfreichen Gedanken. Aber dann flüstert die Thalheim (70) beim Geburtstagsinterview, dass sie vor dem Schauspielabend den ganzen Tag im Bett ruht; und auch die Heidenreich (80) schläft vor Lesungen die Stunden davor, solange sie kann, um den gesellschaftlichen Auftritt gut zu schaffen. Das sind für mich hilfreiche Ansagen, weil ich mich dann nicht mehr so schlapp sehe. Es geht mir einfach besser, wenn andere leise plaudern, WIE ihnen manches noch gelingt. Aber dieser Brief – schwer und irgendwie protzend liegt er auf dem Poststapel, als käme er von der Sonnenseite des Lebens mit Glanz und Gloria daher. Ich lege den Brief beiseite und denke betreten, na, dann macht mal …
Morgenstunde (1025. Blog-Notat)
Wir hatten unser stilles Fest der Liebe mit Erzgebirgischem Kartoffelsalat, Kassler und sehr vielen Taschentüchern… Heute, am 25. Dezember beginne ich mit einem einfachen Rauhnachtritual zur Wünsche-Erfüllung. Ich möchte, dass uns nächstes Jahr kein Unheil mehr trifft, und sorge also vor (wenn es denn möglich ist)… Es sind 13 Wünsche auf 13 Zettel, von denen jeden Tag bis zum 6. Januar ein ungeöffneter Wunsch verbrannt und so dem Universum überlassen wird. Der letzte, der 13. Zettel wird am 6. Januar geöffnet und für diesen Wunsch trage ich dann allein die Verantwortung. Nun denn…
24 Heimlichleiten im Advent
Liebe Leserinnen und Leser,
eine frohe Weihnacht, Lebensglück und Gesundheit wünsche ich Euch allen und danke für die Begleitung und das Interesse an schorfheidewald.de. Das vierte Krisenjahr infolge neigt sich und wir sind wohl alle müde von den negativen Ereignissen. Halten wir für die Festzeit inne und kümmern wir uns umeinander.
Eure Petra
PS: Wir haben seit gestern Abend leider zwei rote Teststreifen…
Die Weihnachtsgeschichte für 2024
Heimlichkeiten
Ende November zog Florian Bender in diese Kleinstadt mit S-Bahn-Anschluss. Damit sparte er auf seinem Pendelweg nun zwei Stunden Fahrzeit. Aber noch spürte er nichts von dem Gewinn. Dieses tägliche ins Morgendunkel treten und aus dem Abendschwarz heimkehren machten den jungen Mann unglaublich müde, dass er nachlässig die Schuhe vor der Wohnungstür abstreifte und von dort direkt auf das Schlafsofa fiel. Der Umzug und der Schichtdienst im Labor machten ihm schwer zu schaffen. Ein paar Tage später zündete der Advent ein sanftes Lichtermeer in der Stadt an. Auf der Kunsteisbahn drehten Jugendliche ihre Runden. Florian lockte ein winziger Adventsmarkt in den Stadtpark. Am Glühweinstand drängte sich eine Menschentraube. Aber gut, er hatte ja Zeit. Und wie er da so wartend stand, das Duftgemisch aus gerösteten Mandeln, Zuckerwatte und Wein in sich aufnahm, erinnerte er sich lächelnd an den kleinen Markt, den man in seinem Heimatdorf alljährlich der Gemeinschaft spendierte. „Pur oder mit Schuss?“, fragte eine helle Stimme unter der viel zu großen roten Kapuze. „Äm, pur bitte“, antwortete Florian und sah dabei in zwei fröhliche Augenlichter. Einen Moment nur, dann schob man ihn schon weg vom Ausschank. Er schlürfte langsam seinen Glühwein und schlenderte über den bunten Markt. An einem Lichterstand kaufte er sich einen kleinen roten Adventsstern, damit ging er heim.
Als Florian am nächsten Morgen die Tür zum Treppenhaus öffnete, steckte ein Tannenzweig mit Strohstern in seinen Schuhen. „Wer macht denn sowas?“, murmelte er und sah sich ratlos um. Schläfrige Stille im Haus, kein Laut. Jeden Morgen steckte fortan etwas anderes in seinen Schuhen: Schuhputzcreme, ein Putzlappen, Weihnachtstee, eine Apfelsine mit aufgemaltem lächelndem Gesicht. Am 6. Dezember fand er, obwohl die Schuhe ungeputzt waren, einen Schokoladennikolaus darin. Es folgten Nüsse, Plätzchen, Brillentücher, Lebkuchengewürz und ein handgeschriebenes Weihnachtslied. Der Mann war irritiert und zugleich wundersam berührt. Irgendjemand spielte heimlich den Wichtel, nur wer? Die Tage vergingen, und im Haus duftete es inzwischen hinter fast jeder Tür nach Weihnachtsbäckerei. In Florian machte sich so eine schöne Erwartung auf das Fest breit. Er würde Heiligabend in sein Dorf fahren, um mit Freunden und den Eltern zu feiern. Dafür schlenderte er noch einmal über den Adventsmarkt, um ein paar kleine Geschenke auszusuchen. Auf der Bühne spielten Kinder der Grundschule eine Weihnachtsgeschichte, als Florian den Plätzchenstand entdeckte. Diesmal schenkte die Wichtelfrau mit der viel zu großen Kapuze keinen Glühwein aus. Sie stand am Plätzchenstand und funkelte ihn an. „Wer hat die gebacken?“, erkundigte er sich. Sie erzählte ihm, dass sie diese mit der Klasse 4 b nach einem Rezept ihrer Großmutter gefertigt habe. „Möchten Sie ein Plätzchen probieren?“ Florian kostete: „Hm, lecker, fein-nussig und nicht zu süß. Ich nehme gerne drei Tütchen.“ Während er zahlte, rief es vom Stand gegenüber: „Hey, Lea, kannst du mal schnell kommen? Wir brauchen hier die Weihnachtsfrau!“ Florian sah ihr neugierig nach. An jenem Stand wurden Strohsterne gebastelt, und die helfenden Hände reichten einfach nicht aus. Mit hochroten Wangen nahm sich die Frau mit der viel zu großen Kapuze der Sache an. Weihnachtsfrau, sinnierte Florian und dachte: wie schön. Im Vorbeigehen wehten seine Worte durch das Kinderstimmengewirr am Sternestand: „Gefällt mir, was Sie hier tun!“ Lea sah strahlend zu ihm auf, aber da zerrte bereits wieder ein Mädchen an ihr herum: „Zeig doch mal…!“
Fünf Uhr morgens öffnete Florian leise die Tür, denn er hoffte, endlich diesen Wichtel zu entdecken. Aber nein, wieder nicht. Diesmal steckten in seinen Schuhen zwei Plätzchentüten. Genau die Gleichen, die er gestern auf dem Adventsmarkt erworben hatte. Plötzlich ahnte er, wer hier den Wichtel gab. Er stieg hinunter zu den Briefkästen und fand den Namen: Lea Winter. Sieh an, die Weihnachtsfrau hat hier ihr Quartier.
Lea Winter schlich in aller Früh vor die Einraumwohnung ihres neuen Nachbarn, dem sie hier noch nie begegnet war. Sie steckte ein paar handgestrickte Socken in die Schuhe und dachte bei sich: Schuhe vor der Haustür, was für eine blöde Marotte. Vielleicht merkt er es, wenn ich die Latschen nach dem Fest nicht mehr füttere. Als sie sich umdrehte, sah sie ein Päckchen an ihrem Türknopf baumeln. Ein roter Stern verbarg sich darin und ein Zettel mit der Botschaft: „Vom Wichtel der Weihnachtsfrau – wünsche frohes Fest!“
Und das waren sie, die…
Text & Zeichnungen: Petra Elsner