Morgenstunde (101. Blog-Notat)

Im Lesegarten

Mein Lieblingsmonat schlägt die ersten Seiten auf, goldbraun liegt schon Laub, im Lesegarten rollt es sich und auf der Wiese reifen die Früchte. Diese satten Blicke versöhnen, nähren Herz und Seele. Ein Goldrauschen haucht der Jahreszeit die Krönung ein und inspiriert. Mir juckt es schon seit Monaten in den Fingern mit der Farbe Gold zu experimentieren, vielleicht liegt es am Alter, wie auch immer, ich beginne dem Reiz nachzugeben… Die zwei kleinformatigen Spachtelarbeiten entstanden gestern.

Goldrauschen auf dem Zeichentisch
Reifezeit
Pralle Früchte

 

 

 

 

 

1023. Blogbeitrag

Morgenstunde (100. Blog-Notat)

Wuselei im Atelier…

Irgendwie versinke ich gerade im Chaos des Zusammensammelns. Wetterfeste Kisten vom Boden schleppen. Einpacken. Ausschilderung, PR-Allerlei schaffen. Es ist jedes Jahr das Gleiche, wenn die Märkte beginnen. Großhirn fragt unsicher: Habe ich genug anzubieten? Und Kleinhirn antwortet: JA. Großhirn: Wirklich? und hört genervt: JA…. Zwischendurch fertigen die Hände doch noch lieber noch ein paar Sprüche-Vögel und rahmen Zeichnungen ein. Diese Woche wird gewissermaßen eine Demontage des vertrauten Seins und ich hoffe, nicht gerade jetzt will sich irgendwer im Atelier umschauen. Kommt sowieso keiner. Ich bange allerdings, dass der Postbote mir in den nächsten Tagen wirklich einen Schwung druckfrischer Bücher vorbeibringt und sich nicht wieder irgendetwas querlegt. Am Samstag/Sonntag will ich sie auf dem Pankower Kunstmarkt zeigen – unbedingt… Wir haben uns ein Zimmer in der Gilka-Pension gebucht. Sie logiert im Erdgeschoss unseres einstigen Berliner Wohnquartiers: Wins-/Ecke Chodowiekistraße im Prenzlauer Berg. Da können wir wieder einmal bei unserem alten Bäcker Frühstücksbrötchen kaufen und abends in die Stammkneipe ziehen – herrlich.

1022. Blogbeitrag

Morgenstunde (99. Blog-Notat)

Petra Elsner: NARRENHAUS, 70×100 auf Karton, Mischtechnik aus Beize und Acryl, 2000

„Die Menschen wollen das, also tun wir das!“ – Jean-Claude Junkers Ansage zu Abschaffung der Sommerzeit, das ist doch mal was Erfreuliches. Aber davor stehen noch Parlamentsdebatten der EU und der Mitgliedsländer. Es wird also nicht sogleich und nicht sofort. Den Halbsatz „Ab sofort – denke ich. Unverzüglich.“, habe ich nur einmal in meinem Leben bewusst gehört: In Günter Schabowskis berühmter Pressekonferenz im Herbst 1998 zur neuen Reiseregelung, wonach die Mauer am 9. November gewissermaßen „überrannt“ wurde. 1989 hatten die Menschen monatelang mit den Füßen abgestimmt, in heutigen Tagen waren es 5 Millionen via Internet. Das sollte für das Kippen der Zeitumstellung reichen. Aber diese ganze Aktion ist nur ein winziges Wohlfühlpfaster auf den Wunden der Zeit. Die eigentlichen Probleme aus der Globalisierung und dem folgenden Rechtsruck in Europa sind damit nicht ansatzweise berührt. Und es ist ja nicht nur die Globalisierung, die die Menschen verunsichert und den Menschenfängern in die Arme treibt. Es ist die jahrzehntelange Ignoranz der Macht. Unter der Decke der Erbschande der Deutschen wuchs das Lager der Rechten langsam, fraß sich in die Instanzen in Ost und West, unterwanderte Armee und Polizei und bekam Schübe aus den vielschichtigen Untergängen. Fehlerhafter Strukturwandel und Rückzug des Staates aus der Fläche gaben ihnen Räume. Und nun sind sie unübersehbar. Nicht nur in Sachsen. Das Problem nährt sich aus Altem und Neuem, aber hingesehen wurde einfach zu lange nicht. Spielt nicht mit den Schmuddelkindern… Ich habe Anfang der 90er eine emotional sehr schmerzhafte Analyse dieses Zustandes – des rechten und auch linken Extremismus in Berlin-Brandenburg in einen Jugendroman gesteckt. All mein Wissen floss darin ein und ich sah in der Niederschrift eine Chance, Einfluss zu nehmen, aber der Stoff interessierte in Deutschland nicht, damals, in jener Zeit, als man den Ostdeutschen viel ihrer Würde nahm: keine Arbeit, kein Ansehen, kein echter Einfluss. Ostdeutschland gehörte sehr schnell den anderen und sie halten diese Stellung bis in die heutige Zeit. Ich bin sehr müde geworden, damals in diesen Kämpfen um Akzeptanz und Wahrnehmung und ich glaube inzwischen, das war auch so gewollt.

1021. Blogbeitrag

Morgenstunde (98. Blog-Notat)

Rispenhortensie

Die erste Regennacht seit – ich weiß nicht mehr. Draußen vor der Tür atmet die Landschaft erleichtert und ich auch. Die Rispenhortensie wiegt ihre tropfnassen Blüten – einfach schön. Zwischen den Arbeiten für den Kunstmarkt beim Pankefest, gehe ich alle paar Stunden mal raus uns schneide im hinteren Garten schon welke Stauden. Sie sehen aus, als hätten wir Ende Oktober. Worauf müssen wir uns zukünftig einstellen? Auf Siesta in der sechsten Stunde nach Sonnenaufgang und Klimaanlagen. Der Netzhandel hält längst dutzende Geräte bereit, nur was taugt, was nicht? Erste Erkenntnisse könnt Ihr mich gerne wissen lassen, denn etwas muss geschehen, damit man in dem Wetterwandel auch noch kreativ sein kann und leistungsfähig. Allein das Warten auf gemäßigte Temperaturen, ist kein echter Weg. So, aber heute ist schön, ich werd‘ dann mal losmachen…

Memory 7: Der etwas andere Sandmann

Sandmann mit der Puppe Karl

Mitte der 70er Jahre, als mein Sohn Jan gerade im Kindergartenalter war, fieberte er jeden Abend dem Sandmännchen entgegen. Meist saß er dazu bei meinen Eltern, die im Obergeschoss des gelben Hauses an den Bahnschienen wohnten. Ich hatte keinen Fernseher, denn mein Verdienst war seinerzeit als Schrift- und Grafikmalerin unterirdisch.  Das Kindchen war ein Frühchen und die ersten Lebensjahre oft krank. Für alleinstehende Mütter gab es seinerzeit nur 21 Tage Krankengeld, danach nichts mehr. Das war schwierig. So lernte ich mit den Dingen aus zweiter Hand Lücken zu stopfen, darunter war auch ein alter Fernseher, der aber leider nicht mehr funktionierte. Also hab‘ ich das Teil ausgeschlachtet, ein paar Bühnenvorhänge zum auf- und zuziehen vor der Glotze angebracht und die Handpuppe Karl dorthinein gesetzt. Karl erzählte die Gute-Nacht-Geschichte und alles war gut, bis eines Tages mein Sohn im Kindergarten einen Streit vom Zaune brach. Sein Kumpel Peter hatte erzählt, was am Vorabend für eine tolle Geschichte im Sandmann lief, aber Jan pochte darauf, dass bei ihm der Karl eine ganz andere Geschichte erzählt hatte. Sie kriegten sich richtig in die Wolle und gingen sich tagelang aus dem Weg. Bis ich fragte, weshalb denn der Peter gar nicht mehr zum Spielen käme. Jan wollte den Lügner nicht mehr sehen und verriet mir, was geschehen war. Autsch, da musste ich mein Kindchen aufklären, dass unser Fernseher eigentlich eine Puppenbühne ist, die nur für ihn spielt. Der Sohn verstand und fragte nur noch, ob der Karl auch für zwei Sandmanngucker spielen würde. Ich nickte und Jan verschwand, um den Peter zu holen…

PS: So einen STASSFURT mit Moped-Schalter zum Abziehen hatten übrigens meine Eltern auch Anfang der 60er Jahre. Wenn der Vater zur Arbeit fuhr, zog er den Schalter ab und nahm ihn mit, auch in den Schulferien.

1019. Blogbeitrag

Morgenstunde (97. Blog-Notat)

und der Ausgang drei Meter daneben.
Eingang für Dachs & Co…

 

Gestern hat mein Liebster durchgebissenen Maschendrahtzaun geflickt, in der Hoffnung, dass nun der nächtliche Besucher anderswo rumstöbert. Wohl vergebens. Als ich heute Morgen einen Gartengang unternahm, wollte ein paar Pflaumen für den Sonntagskuchen pflücken, da sah ich sie, die Spuren eines Dachses. Herrje, der kann graben. Zwei Jahre hatte er uns verschont, nachdem mir ein Forstarbeiter riet, Baumholz-Stangen dicht am Erdboden mit den Zaunfeldern zu verbinden. Mit Draht.  Die Stangen könne er nicht anheben. 140 Meter rauf und runter, das war mir dann doch zu fett, also hatte ich nur jene Strecken so präpariert, die der Dachs gewöhnlich bevorzugte. Aber dieses Jahr gibt es Pflaumen satt, unwiderstehlich für Dachs und Waschbär, da ist wohl kein Halten. Jedenfalls füllte ich die Löcher erst einmal mit großen Steinen, mal sehen, wo er morgen durchkommt. Ich hatte schon überlegt, ihm einfach eine Ladung Pflaumen vor den Zaun zu kippen, aber wer weiß, was das noch alles anlocken würde, hab es besser gelassen…

1018. Blogbeitrag

Erste Beute …

Einladungskarten zum Fest an der Panke. Zeichnung: Petra Elsner

Mit der Roten Post kam heute das erste Moment meiner Jahresernte: Die Veranstaltungsagentur Laubinger schickte mir die Belege zu meiner Einladungskarte für das Fest an der Panke. Der Druck ist gut geworden, dass gelingt nicht immer, umso froher bin ich über das Ergebnis!!! Möge es gefallen.

Ein schönes Wochenende Euch allen,

Eure Petra

Memory 6 – Hoyerswerda

Ich fuhr heut Nacht durch wirre Träume zurück ins Jahr 1969. Der Gundermann-Film, gestern im Templiner Kino, hat mich dorthin gebracht – auf die Straße nach Hoyerswerda. Am Vortag endete die 9. Werkstattwoche der Singeklubs in Brandenburg, wo ich mich in der Texter-Werkstatt ausprobierte. Auf dem Fernbahnhof griff ich beim Einsteigen in den Zug nach Hause die falsche Gitarre. Dumm gelaufen. Zuletzt hatte ich bei den Magister-Brüdern (angesagte Liedermacher aus der Stadt im Tagebau) gestanden und gequatscht, es war eine ihrer Gitarren. Am anderen Morgen, wir hatten kein Telefon, bin ich einfach losgetrampt, Daumen raus und ab gings. Ich war schlapp 15 Jahre alt und kein Mensch kam auf die Idee, mir das auszureden. Bis zur Autobahnabfahrt Hoyerswerda ging alles gut, dann, auf der Landstraße hielt kein Auto mehr an. Ziemlich sture Typen – diese Lausitzer – fand ich, es war ein Trecker mit einer Ladung Zwiebeln im Hänger, der mich schließlich gemächlich in die Plattenhausstadt zum Gitarrentausch brachte. Von Gerhard Gundermann hatte ich damals noch nie etwas gehört, der war seinerzeit 13 Jahre jung, der Nachwuchs eben. Erst später wurde er Chef der Brigade Feuerstein. Fan wurde ich erst in den 80er Jahren. Ich mochte seine raue, schwermütige Stimme, die Poesie und den Tiefgang seiner Texte. Schwermut trugen viele Künstler in der DDR mit sich. Traurig wegen der Zustände. Mit seismographischen Gespür hatte er seinerzeit Texte für Scheibe „Februar“ von Silly geschrieben. Gekannt habe ich Gundi nicht. Aber damals im Kesselhaus im Prenzlauer Berg, Anfang der 90er, holte sich meine verletzte Seele an der Bühnenrampe bei seinem Konzert ein paar Streicheleinheiten ab. Dass er IM war, fand ich echt scheiße, aber, wie er dazu stand – nach der Wende, wie er das verdeckte Verdrängte wieder ausgegraben hat, das hat mir auch imponiert. Der Gundermann-Film von Andreas Dresen hat versucht diese Konstellation einzufangen und Alexander Scheer hat den sperrigen Typen ganz gut rübergebracht, aber musikalisch gesehen, war ich doch enttäuscht. Weit hinter dem Original, nur die Optik war etwas schöner…Und die echte Band „Die Seilschaft“ kam zu knapp weg. Da fehlten einfach mal kontroverse, auch kreative Dialoge… Dennoch. Dieser Film trifft ins Mark, alle jene, die dabei oder in der Nähe waren und dass ist wohl seine Stärke. Er schiebt eine Gedankenreise an, zurück in der Zeit, eine Traumsequenz lang oder auch mehr.

Gundermann im Kesselhaus in der Berliner Kulturbrauerei 30. Januar 1993
Gerhard Gundermann im Kesselhaus. Fotos: Petra Elsner

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1016. Blogbeitrag

Morgenstunde (96. Blog-Notat)

Am Wuckersee in der Schorfheide tanzten die Sonnenfunken.
Auf dem Rückweg fuhren wir entlang des hellen Werbellinsees.

 

 

 

 

 

 

Gestern kutschierten wir zeitig über die wild-romantische Waldpiste entlang des Großen Dölln- und des Wuckersees. In diesem Gebiet legte der letzte schwere Wintersturm hunderte mächtige Bäume um. Inzwischen stapeln sie sich am Weg zur alten Carinhaller zu Langholzablagen. Die aufgetürmten Stämme schaffen beinahe einen Tunnelblick, der die berührende Landschaft verstellt. Vorbei an den alten Torhäuschen, ging es weiter nach Friedrichswalde und schließlich nach Joachimsthal. Dort gibt es die einzige Möglichkeit in der „Nähe“ (30 Kilometer entfernt), wo frau zu einer wundersamen Bildvermehrung gelangen kann. Gemeint ist ein Copyshop, der ordentliche Kopien herstellt. Diesen Vorgang – aus einem mach viele – finde ich unglaublich schön. Daran hat auch nicht ein guter Heimdrucker etwas geändert, denn so satte und konturscharfe Laserkopien stellt der eben doch nicht her. Also stehe ich einmal im Jahr in einem guten Copyshop und freue mich wie ein Itsch, wenn die allerschönsten Blätter aus der Maschine fliegen. Zuhause bekommen sie ein feines Passepartout und eine schützende Klarsichttasche – fertig ist die Replik für den Kunstmarkt. Auf diese Idee kam ich, als einige Leute begannen sich meine Postkarten einzurahmen. Das gab mir zu denken, ich brauchte also etwas füs kleine Geld und so kam es zu der Repliken-Kiste. Und die fülle ich gerade mal wieder…

Nur noch eintüten…

1015. Blobeitrag

PS: Entschuldigung, liebe Leser, irgendwie hat WP heute morgen meine letzte Fassung nicht gespeichert. Jetzt sind die Korrekturen drin…

Verklungene Zeit

Foto: pe

Die Flut der Tage
spült den Klang der Zeit davon.
Weit weg schwelgen die Balladen,
sind verzogen mit dem Sohn.
In der Glut der stillen Tage
warten nur Glockenton und Bahre.

21. August 2018
© Petra Elsner

 

 

 

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