Morgenstunde (96. Blog-Notat)

Am Wuckersee in der Schorfheide tanzten die Sonnenfunken.
Auf dem Rückweg fuhren wir entlang des hellen Werbellinsees.

 

 

 

 

 

 

Gestern kutschierten wir zeitig über die wild-romantische Waldpiste entlang des Großen Dölln- und des Wuckersees. In diesem Gebiet legte der letzte schwere Wintersturm hunderte mächtige Bäume um. Inzwischen stapeln sie sich am Weg zur alten Carinhaller zu Langholzablagen. Die aufgetürmten Stämme schaffen beinahe einen Tunnelblick, der die berührende Landschaft verstellt. Vorbei an den alten Torhäuschen, ging es weiter nach Friedrichswalde und schließlich nach Joachimsthal. Dort gibt es die einzige Möglichkeit in der „Nähe“ (30 Kilometer entfernt), wo frau zu einer wundersamen Bildvermehrung gelangen kann. Gemeint ist ein Copyshop, der ordentliche Kopien herstellt. Diesen Vorgang – aus einem mach viele – finde ich unglaublich schön. Daran hat auch nicht ein guter Heimdrucker etwas geändert, denn so satte und konturscharfe Laserkopien stellt der eben doch nicht her. Also stehe ich einmal im Jahr in einem guten Copyshop und freue mich wie ein Itsch, wenn die allerschönsten Blätter aus der Maschine fliegen. Zuhause bekommen sie ein feines Passepartout und eine schützende Klarsichttasche – fertig ist die Replik für den Kunstmarkt. Auf diese Idee kam ich, als einige Leute begannen sich meine Postkarten einzurahmen. Das gab mir zu denken, ich brauchte also etwas füs kleine Geld und so kam es zu der Repliken-Kiste. Und die fülle ich gerade mal wieder…

Nur noch eintüten…

1015. Blobeitrag

PS: Entschuldigung, liebe Leser, irgendwie hat WP heute morgen meine letzte Fassung nicht gespeichert. Jetzt sind die Korrekturen drin…

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Sagenhafter Barnim (21)

Die weiße Frau im Rehdanzbruch:

Die weiße Frau im Rehdanzbruch Zeichnung: Petra Elsner
Die weiße Frau im Rehdanzbruch
Zeichnung: Petra Elsner

Am himmelblauen Werbellinsee zwischen Joachimsthal und Cöllnischem Teerofen liegt ein Bruch, dass die Leute das Rehdanzbruch nennen. Dort sieht man an einer Stelle eine kleine Senke, in der immer Wasser steht. Die Lache ähnelt einem Scheffelmaß, das man zum vermessen von Korn benutzte. Immer wieder versuchte man dieses Loch zuzuschütten. Doch wie viel Sand und schwere Steine man auch in den Schlund gab, jedes Mal gluckste sogleich das Wasser wieder hervor und schuf sich eine neue Mulde. Die Leute munkeln: Im Bruch hockt eine wunderschöne Jungfer, die endlich erlöst werden will. Manchem jungen Mann sei sie schon erschienen – in weißen Tüchern, aber niemand nahm sie zu sich.
Einmal arbeitete ein Knecht auf der nahen Kuhweide. Er setzte Pflöcke den ganzen langen Sommertag. Müde von der schweren Arbeit, gönnte er sich ein Schläfchen und darüber wurde es Nacht. Als er unter dem Mond erwachte, erschien in Sichtweite eine weiß gekleidete Gestalt mit langen, rabenschwarzen Haaren. Langsam näherte sie sich seinem Lager und winkte ihm dabei dreimal, als wollte sie ihn zu sich locken. Aber der Knecht reagierte nicht, denn er mochte keine dunkelhaarigen Frauen. Schon gar nicht, wenn sie nachts in der Landschaft herumspuken. So blieb der Knecht reglos sitzen. Da kehrte die weiße Frau schlagartig um und ging zu jener Stelle zurück, an der sich das Wasserloch befand. Dort verschluckte sie das Dunkel. Dem Knecht war das egal. Er legte sich ins Gras und schaute in den Sternenhimmel. Kaum später wehte das Winseln der verschmähten Jungfrau durch die Nacht. Das vertrieb den Nachtschwärmer endgültig von diesem Ort.
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Reportagen aus dem Schorfheidewald: Die Weitsichtigen vom Turm

Richard Hurding und Sarah Phillips auf der Plattform: Das BIORAMA-Projekt in Joachimsthal verbindet Kunst, Design und Tourismus mit der Natur. Die Aussichtsplattform auf dem Wasserturm ermöglicht eine unverbaute Sicht auf den Grimnitzsee, den Werbellinsee und die umgebende Landschaft. Foto: Petra Elsner
Richard Hurding und Sarah Phillips auf der Plattform: Das BIORAMA-Projekt in Joachimsthal verbindet Kunst, Design und Tourismus mit der Natur. Die Aussichtsplattform auf dem Wasserturm ermöglicht eine unverbaute Sicht auf den Grimnitzsee, den Werbellinsee und die umgebende Landschaft. Foto: Petra Elsner

Als sie den Blick aus einer angestrengten Arbeit nahmen, war es genug. Denn eigentlich sind sie zwei Weitseher, der Schotte Richard Hurding (51) und die Engländerin Sarah Phillips (50). Und nicht erst, seit sie von ihrem Turm in den Schorfheidewald schauen.
Immer schon verband Richard Hurding modernes Design mit Ökobau. Ende der 90er Jahre entwarf der Designer die erste Innenausstattung eines Londoner Ladens komplett nach ökologischen Gesichtspunkten. Damals waren Energiesparlampen neu. Aber wegen der seinerzeitigen Wirtschaftskrise, kamen sie auf diesem Gebiet nicht voran. Deshalb ging der Mann 1994 nach Hongkong arbeiten. Die ganz frische Beziehung zu Sarah, die als der Managerin in London blieb, erfuhr somit einen frühen Härtest. Ein Jahr später folgte Sarah ihrem Richard nach. Aber 1997 zog es das Paar zurück nach London. Dort bauten sie sich eine Fabriketage zum Loft um. Richard arbeitete als Mitarbeiter für gutes Geld in einem Architekturbüro, Sarah in einem Design-Geschäft. Nach drei Jahren planten sie den Ausstieg und waren glücklich, als plötzlich die Immobilienpreise explodierten. Die Zwei wären auch ohne diesen Umstand in die Welt gegangen, aber so war es leichter.
2001 zogen sie den Schluss-Strich unter ihre Londoner Zeit, in der sie sich unter „ganz reinen, aggressiven kapitalistischen Bedingungen verdingen mussten“, wie es Hurding heute nennt. „Das war wirklich unangenehm! Und außerdem – es war nicht mehr unser London“, erzählt er. So verkauften sie die Fabriketage und tourten: Drei Monate Lissabon, drei Monate Barcelona, drei Monate Berlin, drei Monate Schanghai … Es sollte mehr als nur eine Atempause werden. Fortan wollten sie selbstbestimmt leben und etwas Eigenes, Bleibendes schaffen. Die Entscheidung fiel schwer, „denn überall war es irgendwie großartig“, schwärmt Sarah immer noch.
2002 saß Richard, einst Radsportler, auf seinem Rad und schruppte Kilometer von Berlin aus nach Joachimsthal. Da sah er ihn, diesen alten Wasserturm auf dem grünen Hügel zwischen Grimnitz- und Werbellinsee. Und als er von diesem Turm in die Landschaft sah, ahnte er, dass jenes bezaubernde Eiszeitszenario der neue Lebensmittelpunkt sein könnte: „Ich dachte auch, hier könnte man eine Brücke zwischen meinem Ökobau und Sarahs Kultur schlagen“ verrät Richard und sie setzt hinzu: „Aber ohne die Vorsilbe „UNESCO“ wäre es nicht in Frage gekommen.“ Es ging nicht nur um die Schönheit, sondern vor allem um die Bedeutsamkeit des Blicks in die Weite des UNESCO Biosphärenreservates Schorfheide-Chorin.
2003 kam die Entscheidung für Joachimsthal. Das Hügelland haben sie gekauft. Für den Turm bekamen sie von der Stadt einen Erbbaupachtvertrag. Der Ausbau des Wasserturmes war ein Abenteuer. Er war als Einsteinmauerverbund gebaut. Um ihn für das Wohnen und für den Besucherverkehr auf dem Dach stabil zu machen, wurde von innen ein zweiter Turm hochgezogen. Darin lebt und arbeitet heute das Paar auf ganz minimalistische Weise. Das Opulente ist der Rundumblick und das Sonnenlicht des ganzen Tages.
Die Aussichtsplattform erreicht der Besucher über einen zusätzlich errichteten Aufzugsturm, der wie ein Spaceshuttle an dem historischen Bauwerk sitzt. Verbunden sind die beiden Gebäude durch eine Wendeltreppe, deren Konstruktion so viel Leichtigkeit suggeriert, dass dem einen oder anderen schon etwas schwindelig beim Aufstieg wird. Die Gestalt entwarf Architekt Frank Meilchen.
2006 wurde die Aussichtplattform in 21 Meter Höhe für Besucher geöffnet. Das von Sarah und Richard gegründete BIORAMA-Projekt wurde nun erstmals erlebbar. Genauer gesagt, seither (stand 9. August 2013) haben 100 000 Menschen die Eiszeitlandschaft aus einer neuen Perspektive erfahren. „BIORAMA“ – das ist ein Kunstbegriff und was er meint, erklärt sein Erfinder: „Wir wollen den Gästen mit unserem 360-Grad-Panorama den großen biologischen Schatz dieses Waldgebietes näher bringen“. Und dieses Sensibilisieren gelingt Ihnen auch.

Kontakt: Am Wasserturm 1, 16247 Joachimsthal
Telefon: 033361 64931, BIORAMA-Pojekt

Der Wasserturm von Joachimsthal: Die BIORAMA-Aussichtsplattform ist immer von Ostern bis 31. Oktober, Donnerstag bis Sonntag sowie an Feiertagen, von 11.00 bis 18.00 Uhr geöffnet. Foto: Lutz Reinhardt
Der Wasserturm von Joachimsthal: Die BIORAMA-Aussichtsplattform ist immer von Ostern bis 31. Oktober, Donnerstag bis Sonntag sowie an Feiertagen, von 11.00 bis 18.00 Uhr geöffnet. Foto: Lutz Reinhardt

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