Der siebente Fisch (3)

Öffentliches Schreiben: Hier entsteht eine Gartengeschichte für Familien. Ihr könnt abschnittweise mitlesen und mir so beim Arbeiten ein bisschen zusehen. Zum 1. Abschnitt hier, zum 2. Abschnitt hier klicken.

…„Hey, lass mich raus!“
„Du bist also der Fischräuber an diesem Teich,“ grummelte der Großvater streng. „Aber wo gibt es denn so etwas, dass ein Troll bei Tageslicht unterwegs ist? Du müsstest längst ein Steinklumpen sein, also kannst du gar kein echter Troll sein. Vielleicht ein Zwerg oder Puck, aber kein Troll.“
„Aber klar bin ich ein Echter, ein guter Nisser aus Norwegen. Im letzten Sommer habe ich einen wunderschönen Zauberfisch gefangen. Der hatte mir versprochen meinen allergrößten Wunsch zu erfüllen, wenn ich ihn zurück in den Fjord werfe. Ich wollte immer schon bei Licht spazieren gehen, ohne dass es mich dabei in einen Stein verwandelt. Dass hat der Fisch mir zugesprochen. Und so hab‘ ich ihn zurück ins Wasser geworfen. Mein Wunsch erfüllte sich und so bin ich der einzige Troll, dem das Tageslicht nichts mehr antun kann. Übrigens, ich heiße Rosso und du kannst mich jetzt wirklich aus dem Netz lassen.“
Leo Krause murmelte: „Na gut, aber an meinem Fischteich wird nicht mehr geangelt, klar?“ Dann senkte er den Kescher zu Boden und ließ den kleinen Kerl aus den Maschen klettern.
„Klaro, hier wird nicht mehr gefischt! Aber Pilze und Beeren darf ich mir doch suchen?“, fragte Rosso nach.
Der Großvater nickte, baute seine Tarnplane ab und ging seinen Verrichtungen nach. Das Rätsel war ja nun geklärt. Abends stellte er dem Troll ein Schüsselchen Brei neben dessen Unterschlupf, man soll ja einem Troll ab und zu etwas spendieren, damit er keinen Unfug treibt und man gut mit ihm auskommt. Zufrieden genoss Leo Krause den Sonnenuntergang auf seiner Gartenbank, als er plötzlich ein Jammern und Schluchzten vernahm …

Der siebente Fisch (2)

Öffentliches Schreiben: Hier entsteht eine Gartengeschichte für Familien. Ihr könnt abschnittweise mitlesen und mir so beim Arbeiten ein bisschen zusehen:
Zum 1. Abschnitt:

… Vorsichtig schlich der Großvater zum Teich, aber schwuppdiwupp war das hüpfende Büschel unter den Farnwedeln verschwunden. Leo Krause wartete ein Weilchen und fixierte dabei das Staudenbeet jenseits des Wassers, aber dort schnuffelte nur der Igel nach Käfern und Regenwürmern auf seiner Abendrunde. Langsam versank der Garten in der Dämmerung, heute würde Krause das Rätsel nicht mehr lösen können.
Schon mit den ersten Vogelstimmen stieg der Mann wieder aus seinem Bett, um nur gar keinen Teichbesucher zu verpassen. Mit einem Pott Kaffee platzierte er sich abermals auf der Bank hinter der Tarnplane und beobachtete das Gartenstück. Ein Waschbär durchstöberte das Revier und fraß das Fallobst von der Wiese. Dann ging er, wie er gekommen war, hinaus in den nahen Wald. Inzwischen fielen die Sonnenstrahlen auf die Solarzelle im Gras und setzten den leisen Bachlauf in Gang, was die Spatzen, Meisen und die Grasmücken bemerkten und sich dort nacheinander zum Morgenbad einfanden. Das heitere Gezwitscher weckte auch das rote Grasbüschel, das sich langsam aus seinem Steinversteck schob. Es hatte Arme und Beine und eine grüne Hose an. Der Großvater rieb sich die Augen und wunderte sich still. Das kleine Wesen legte sich auf seinen Bauch, tauchte sein Gesicht vollkommen in den Wasserspiegel und sah nach den Fischen: „Oh, wie schön bist du denn?“, wisperte der Rotschopf dem neuen Siebenten zu. „So, herrlich, so vollkommen anzusehen, komm näher, komm!“
Der Siebente fühlte sich geschmeichelt und schwamm auf das Wesen mit den schönen Worten zu. Das war der Moment, in dem Leo Krause seine Kescher über das Rot schnellen ließ und seinen Fang geschickt hochzog. In dem sackartigen Netz zappelte nun laut klagend ein Troll …

Der siebente Fisch (1)

Öffentliches Schreiben: Hier entsteht eine Gartengeschichte für Familien. Ihr könnt absatzweise mitlesen und mir so beim Arbeiten zusehen:

„Ach, nö“, nörgelte der Großvater vor sich hin: „Schon wieder einer weg!“ Er schob sich die Brille fest auf die Nase und zählte noch einmal: „Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs – äh, wo ist der Siebente?“ Er suchte mit seinen trüben Augen den Goldfischteich ab, aber der Siebente fehlte. Wo war er hin? Nachbars Kater schlich unschuldig auf seinen Samtpfoten durch das hohe Gras am Zaun und mauzte leise: „Ich war es nicht.“ Der Großvater sah ihm ungläubig hinterher, aber er würde schon dahinterkommen, wer den Siebenten geraubt hatte. Den letzten Siebenten hat ein Silberreiher geholt und den hatte Leo Krause jetzt auch wieder in Verdacht. Er musste sich einen neuen Siebenten besorgen. Sieben war eine magische Zahl: Sieben Tage hat die Woche. Sieben Weltwunder gibts, sieben Tore zählt die Unterwelt und im siebenten Himmel wohnt die Liebe. Märchen verehren die magische Sieben in „Die sieben Raben“ oder „Schneewittchen und die sieben Zwerge“. Die Sieben war Leo Krauses auserkorene Glückszahl, die er für sein Wohlbefinden brauchte. Ein zerbrochener Spiegel bringt sieben Jahre Pech und so ein Wasserspiegel aus dem jemand einen Fisch stielt, ist gewissermaßen auch kurzweilig zerbrochen. Also fuhr Leo Krause, das Unglück verhütend, in seine Lieblingszoohandlung und kaufte sich einen neuen siebenten Goldfisch. Das hat er schon öfter machen müssen, deshalb grinste der Verkäufer den alten Mann an: „Schon wieder einen Siebenten?“ Leo Krause nickte wortlos und guckte sich einen neuen Fisch aus. Diesmal solle es ein ganz besonderer Goldfisch sein, einer mit Schleierschwanzflossen, damit er ganz sicher sein könnte, er ist der echte Siebente. Zuhause angelangt, goss der Großvater das Glas mit dem Fisch vorsichtig in seinen Teich und begab sich auf die Lauer. Denn schließlich konnte er ja nicht alle Gartenbewohner unter Verdacht stellen. Üble Nachrede, das ging für Leo Krause so gar nicht. Er wollte Klarheit. Hinter einer Tarnplane mit Guckloch saß der Mann auf seiner Bank und wartete, was am Teich zur Abendstunde geschah. Die Schnecken krochen aus dem Moos am Wasserrand und schlichen hinüber zum Salatbeet. Zwei Ringeltauben kamen, um zu baden.  Die Fische interessierten sie dabei nicht. Sonst geschah lange Zeit nichts. Leo Krause wäre beinahe eingenickt, als er ein Knirschen vernahm. Woher kam es? Eine Steinplatte am Ufer bewegte sich und etwas Rotes kam zum Vorschein. Von weitem sah es so aus, als wäre es ein roter Grasbatzen, der sich sehr geschwind bewegte…

Morgenstunde (391. Blog-Notat)

Das Wiesenland rechtsseits vom Dorf trägt schon sein Herbstgewand. Umbra und schwarzgrün. Über den Himmel fegen wilde Wolkenbilder licht- und dunkelgrau, Sonnenregen fällt, ein Regenbogen zieht auf, Gewitter grummelt in der Ferne. Ich mag diese Kulisse des Reifens und Vergehens, denn ich bin ein Herbstmensch. Nachdem wir am Wochenende zwei Steinpilze und einen Birkenpilz im Garten gefunden haben, hat den Liebsten das „Jagdfieber“ ereilt. Er musste hinaus in den Hochwald, gleich hinter der Gartenpforte. Aber er ging leer aus, der Wald ist noch zu trocken, der reichliche Regen der letzten Tage hat den Waldboden nicht wirklich durchfeuchtet. Aber der Herbst beginnt ja erst. Ich nehm‘ mir heute einfach mal eine schöne Gartenzeit, umpflanzen und Steine rücken, vielleicht grinst ja ein Troll unter einem Stein hervor und erzählt mir eine Geschichte…

Zum Feierabend ist er da, ein Gartentroll, fehlt nur noch ein Name und natürlich eine Geschichte, mal sehen, was wird….

 

Morgenstunde (390. Blog-Notat)

Gestern von Kraft geträumt und sogar mit dem Rasenmäher einen Weg durch das Gartenland gefräst. Wie unterschiedlich die Tage doch laufen. Heute flau, morgen wow, nicht gerade sportlich, aber immerhin – in Bewegung. Ich weiß nicht, was meine Lunge so beeinträchtigt hat: das Chlor im Wasser (ich habe als Kind Leistungssport als Schwimmerin betrieben, war täglich 4 bis 6 Stunden im Wasser), die Nitroverdünnung, mit der ich als Lehrling Drucksiebe auswaschen musste, der Feinstaub in den Straßen Berlins – Zellen vergessen nie… und natürlich das Nikotin bis noch vor 14 Jahren – vielleicht ist es der Mix, aber weshalb an manchen Tagen fast gar nichts geht und an anderen es besser ist auf flachem Niveau, es wird mir ein Rätsel bleiben.
Kurz vor Sonnenuntergang hab ich mir die Kamera geschnappt und bin langsam zur Wiesenlandseite des Dorfes gelaufen.  Der Regen hatte sich gerade verzogen und die Luft war frisch. Linkerhand frohlockte beim der Dorfaue ein Polterabend. Ich nahm den rechten Zugang. Vor dem „Mittelpunkt der Erde“ standen zwei Frauen und plauderten. In der Gaststätte tagte der Kulturverein, aus dem ich mich für die Corona-Zeit zurückgezogen habe. In geschlossenen Räumen, dass geht für mich einfach noch nicht (wir empfangen derzeit unsere wenigen Gäste auch ausschließlich auf der Terrasse unter dem Glasdach). Sie wollten mich am liebsten unterhaken und mit hineinnehmen, aber ich drehte mit feuchten Augen ab, dem einen Bild entgegen, was noch ging, bevor eine dicke Wolkenfront das Naturschauspiel bedeckte. Corona macht Lungenkranke einsam und das Verständnis dafür, hält sich in Grenzen. Leider.

Morgenstunde (389. Blog-Notat)

Handgefertigte Vorlesemappe mit einer goldenen Dreierspirale, der keltischen Triskele, die steht für Werden, Sein und Vergehen.

Schon wieder Freitag, wo ist die Woche hin? Mau verrauscht. Na immerhin ist das Lyrik-Bändchen geworden. Ich hatte mir gestern gerade die neue Vorlesemappe für das Museumsfest in Ruhlsdorf gebaut, wo die Museumsbroschüre mit einer neuen Geschichte von mir Premiere haben sollte, da wurde das ganze erst mal wieder ABGESAGT. Die Infektionslage… Nun liegt das gedruckte Büchlein beim dortigen Heimatverein rum und wartet auf einen ersten öffentlichen Auftritt. Das PDF sieht gut aus, man kann sich darauf freuen, aber ich bin nicht der Herausgeber und darf so nix zeigen. Dieses verflixte 2020. Trotzdem gab es etwas Schönes in diesen Tagen. Wir haben am Mittwoch die dicke Grafik-Mappe nach Eberswalde gebracht und die Schenkung meiner Sagen-Serie vollzogen. Ich hatte dabei eine stille Freude in mir, denn ich bin davon überzeugt, dass die Sachen im Regionalmuseum in den richtigen Händen liegen. Das Wochenende wird wieder dem Imkergatten gehören. Er wird seine Wanderbienen heimholen, platzieren und füttern. Da ist was los auf dem Hof. Habt alle miteinander ein entspanntes Herbstwochenende! Ich bau‘ derweil weiter Künstler-Bücher und feg die Spinnen aus dem Haus 😊.

Morgenstunde (388. Blog-Notat)

Der Einband zum nächsten handgefertigten Künstler-Schmöker ist seit gestern soweit.  Für die Ausstattung hab ich Kleinigkeiten gezeichnet. Ansonsten liest sich alles wieder auf feinem Naturkarton in getöntem Weiß. Mit dem Layout des Innenteils bin ich gerade fertig, es fehlt nur noch die Fadenbindung, die kommt gleich nach dem nächsten Kaffee. Dann versammelt mein zweites handgefertigtes Poesie-Bändchen die Lyrik-Krümel der Jahre 2018 bis 2020. Reichlich 50 kleine Gedichte. Stimmungslichter. 

Ich musste leider in den letzten Tagen begreifen, dass das offene Wort über das Endstadium einer Krankheit Menschen sehr oft verschreckt, die meisten jedenfalls. Aber wer nicht spricht, schürt die Angst, was ich nicht als hilfreich empfinde. Deshalb sind mir diese Lyrik-Krümel besonders wichtig, denn sie sagen etwas vorsichtiger, worum das Leben sich gerade dreht. Es ist die dritte Künstlerheft-Veröffentlichung, die in der Corona-Zeit aus meinem Atelier heraus entstanden ist, die anderen Dinge außerhalb, lassen auf sich warten, das habe ich nicht in der Hand…PS: Das Bändchen „Eine Handvoll Lykik II“ ist für 10 € bei mir im Atelier zu haben zzgl. Versand von 1,55 €.

Lebenslied

Und immer wieder weckt ein Zauber
neues Leben
stetig wie der Wellenschlag
Und immer wieder weht ein Sternenlied
neue Saat
auf die alte Haut der Erde.

Morgenstunde (387. Blog-Notat)

Es ist ein kleines Wunder, was ein Menschenleben erträgt. Aber wenn es mager und beschädigt ist, kein Tanz mehr möglich, keine Liebesnacht, nur ein schwindendes Dasein, dann fragt es sich: Macht es noch Sinn? Selbst der Heiterste kommt um diese Frage nicht herum, ob er es auslebt oder selbst Hand anlegt. Als sich diese Frage in mir anstimmte, machte sie mich unglaublich traurig. Jetzt schon? Sie kam ganz sacht, wie ein leiser Zweifel, wuchs zum Grummeln, bis sie sich demonstrativ in meinen Weg stellte und mich nötigte, sie zu beantworten. Eigentlich wollte ich mir einen schönen Baum suchen, wenn es soweit ist, aber ehrlich, ich wäre sowieso nicht mehr rauf gekommen, um in die Schlinge zu springen. Und schließlich kann man den Liebsten nicht bitten, mir die Leiter zu dem Baum zu tragen. Um so etwas darf niemand seine Liebe bitten. Niemals! Aber plötzlich und unerwartet, war da diese Neugier in mir, zu sehen, wie das Leben im Übergang ist. Die Pforte dahin hatte ich längst passiert, aber wie lebt es sich auf der letzten Stufe vor dem Fall ins Licht oder ist es doch nur das große Nichts? Das wird sich nicht klären lassen, aber das lautlose Gehen. Ich habe mich immer schon gefragt, weshalb sich die Alten so heimlich zurückziehen und dabei regelrecht unsichtbar werden. Jetzt weiß ich es. Es ist nicht die Scham zu welken, die anderen, die Lebenstüchtigen gehen einem einfach auf den Geist. Sie nerven mit ihrer Kraft und ihrem Tempo. Und sie schauen einen an, als wären Alter und Krankheit etwas, dass ihnen niemals widerfahren würde. Hah., glaubte ich auch – einst. Als junges Mädchen beobachtete ich eine arg zerknitterte alte Frau in der Berliner S-Bahn und dachte über diese Furchen in ihrem Gesicht: die müssten doch weh tun. Tun sie nicht. Aber wenn Lunge „vergisst“, verbrauchte Luft wieder auszuatmen, dann wird gruslig. Angst ist jetzt ganz schlecht. Ruhig atmen, die Angst weg atmen, sich ablenken. Eine Buchseite lesen, ein Wimmelbild betrachten, einen Brief schreiben. Menschen mit COPD Stufe IV und obendrauf ein diffuses Asthma haben nicht mehr viel Lebenszeit, wieviel genau lässt sich nicht sagen. Vielleicht eine Handvoll Jahre, eher weniger. Ich versuche gegenzusteuern mit Atemtraining, leichter Gymnastik, gesunder Ernährung, trotzdem schreitet der Prozess voran und ich würde lügen, wenn ich hier erzählen würde, dass ich mich nicht fürchte. Aber damit kann ich nicht andauernd meine Zeit verbringen. Es gibt gute Zeitfenster, in denen ich all das vergesse und arbeite, auch körperlich, selbst wenn ich sehr rasch hochrot dabei werde und schnaufe. Ich bin nicht so der Hängemattentyp. Aber dann gibt die anderen Tage, da steh ich schon nach wenigen Schritten und japse wie eine alte Dampflok. Das treibt mir Tränen in die Augen und die bange Frage ins Herz: Wie lange noch? Das Rätsel ist nicht zu erraten, schiebt mir aber das Dunkel ins Hirn, ach, das verbraucht nur Zeit. Ich seufzte in Lyrik-Krümeln oder trinke an solchen Abenden zu viel von dem kühlen Wein, was solls.

Morgenstunde (386. Blog-Notat)

Heute ist der große Tag: Das Kurtschlager Gold läuft gerade aus dem blanken Edelstahlgefäß in die Gläser. Herrlich! Nach acht Wochen Reifezeit und einem nicht enden wollenden Rührprozess hat der Imkergatte gesagt: „Der Honig meint, er kann jetzt abgefüllt werden.“ Auf die Etiketten soll ich „Sommertrachthonig“ schreiben, denn es ist mehr als Sommerblüten drin, sondern auch Waldhonig (Blatthonig), was ihm eine besondere Note verleiht: voll aromatisch, nicht streng. Ich bin begeistert und ich denke, die Honigkunden des Imkers werden es auch sein. Ab morgen könnt Ihr gerne bei uns läuten, das Kurtschlager Gold steht dann bereit! Ich werde jetzt mal die Etiketten schneiden und die ersten 80 Gläser etikettieren…