Lyrik-Krümel

April

Die Buschwindröschen zittern
in den kahlen Frösten
das Land ruht dürr und grau
nur Sandteufel
tanzen wild im Laub
und in den nackten Ästen
sie wehen die Erdkrume
auf und davon.

© Petra Elsner

Morgenstunde (633. Blog-Notat)

Gestern Abend fiel mein Speisekammerschutzengel runter und nun ist jetzt ein bisschen derangiert. Aber ich konnte mich nicht entschließen, ihn zu entsorgen. Er ist der Hässlichste, den ich jemals geschenkt bekommen habe und deshalb ist er in der Kammer gelandet. Aber Schutzengel (und ich habe viele bekommen, damals, als der Krebs wuchs) wirft man nicht weg. Manche versteckt man, aber mehr geht nicht. Ich selbst habe ja auch so einige gezeichnet. Zeichnen ist unverfänglicher, denn lose Blätter fordern nicht so viel Platz. Es gibt Tage im Leben – vom Kummer getränkt oder einer Krankheit besetzt – da braucht man Schutzengel besonders. Und manche in unserem Häuschen hängen ganz abgearbeitet an der Wand und hoffen auf ihr Schichtende. Will sagen: Schutzengel kann man nie genug haben. Habt ein schönes Wochenende allerseits.

Einige meiner Schutzengel:

Morgenstunde (632. Blog-Notat)

Abstraktes Arbeiten mit Acryl auf Papier zum Thema Atem.

Im kalten Himmel Tiefflieger. Schallender Lärm. Ab und zu ist das so über der Schorfheide. Hat mich aus meinen Atemübungen gerissen… irgendeiner stört ja immer. Aber bewusstes Atmen kann Hausapotheke sein. In der 3sat-Mediathek fand ich die wirklich gute Dokumentation „Atmen“, die mir ein paar neue Denkansätze spendiert hat. Kann ich allen stressgeplagten Menschen nur empfehlen, es geht nicht um Lungenkranke…Jeder kann durch Verlangsamung der Atmung seinen Körper entlasten. Die Spezialisten empfehlen zweimal täglich drei Minuten lang bewusste Bauchatmung: 4 Sekunden lang einatmen, 6 Sekunden lang ausatmen. Das dürfte im Alltag praktikabel sein.

„Der Kaiser und sein Haus im Wald“

Eine Buchbesprechung

Es gehört zu den ehrenvollsten Arbeiten eines Chronisten, brüchiges Wissen zu bergen und so für die Nachwelt zu bewahren. Das war der Antrieb von Manfred Lentz, der seinen Spürsinn und Recherchegeschick einsetzte, um die Geschichte eines fast verfallenen Gemäuers im Wald zwischen Kappe und Kurtschlag zu erforschen. Ja, in den Dörfern wusste der eine oder andere noch: Der Kaiser ging auch hier in der westlichen Schorfheide jagen. Und man munkelte, Wilhelm II habe das sagenumwobene Blockhaus vom Schwedenkönig 1889 geschenkt bekommen. Aber diese Mär hat der Autor ausgeräumt. Was den meisten heutigen Bewohner der Walddörfer völlig unbekannt war, dass Wilhelm II an dieser Stelle ein Gatter für die Zucht von Ungarnhirschen unterhielt. Die mächtigeren Tiere sollten der Auffrischung des Rotwildbestandes dienen, aber wie so oft im Leben, ging die Idee nicht gut aus. Immer dann, wenn Manfred Lentz ins Erzählen oder auch Unken kommt, liest sich diese Schrift flüssig und sehr unterhaltsam, aber wie es sich für eine Chronik gehört, braucht es Belege, Faksimiles, Auszüge aus Dokumenten, um die Thesen zu stützen. Und so entstand ein fundiertes Sachbuch unter Mithilfe von Birgit Halle, Erich Voß und Manfred Grimm, das lückenlos über die Nutzung des Hauses und seiner Bewohner berichtet. Der Leser erfährt von Totschießjagden, von Lappjagden und der Pirsch. Vom Leben der Wildwärter. Von forkelnden Hirschen und interessanten Moorkulturen. Lentz bringt auch Licht in das dunkelste Kapitel: 1941 bis 1945 diente der Ort als Kriegsgefangenenlager. Er fand Belege dafür, dass hier Serben und Italiener in einer Baracke unterhalb des Blockhauses eingesperrt waren und zur Zwangsarbeit im Holzeinschlag, im Sägewerk von Vogelsang und in den Zehdenicker/Burgwaller Tongruben genötigt wurden. Nach 1945 diente das Blockhaus als Unterkunft für Waldarbeiter und Vertriebenenfamilien. Kurzweilig gab es beim Haus einen Heimtiergarten und schließlich wurde das Gemäuer Jagd- und zuletzt Forstquartier. Aber, obgleich unter Denkmalschutz gestellt, verfällt inzwischen das Blockhaus im Wald.  Was von ihm bleiben wird, sind wage Geschichten, aber definitiv Manfred Lentz‘ Gedenkschrift. (pe)

Erhältlich ist das Sachbuch „Der Kaiser und sein Haus im Wald“ nur beim Autor unter Telefon: 0171 4729673. Das Buch wird es daneben auf Dorffesten geben. Da die Nachfrage recht groß ist, wurden inzwischen weitere 150 Exemplare gedruckt. Der Preis der Zweitauflage beträgt 10 Euro.

Morgenstunde (631. Blog-Notat)

Irgendwie sind das gerade bedeckte Tage. Nicht das Wetter, das Gemüt. Das Tempo trödelt, macht müde und die Laune, naja… Frühjahrsmüde, die Zeitumstellung? Nee, die bleibende Schwäche im Körper nervt. Sechs Wochen (!) nach dem Krankenhaus hatte ich gestern endlich den Termin zur Anschlussbehandlung beim Lungenarzt. Dort durfte ich erst mal zwei Stunden in überfüllten Räumen (mit Termin!) warten. Eine gute Stunde davon im Stehen. Brandenburgische Zustände. Man mutet den Menschen auf dem flachen Lande wirklich eine Menge zu… Also: Der Arzt hörte die Lunge doch noch irgendwas murmeln und so gibt einen CT-Termin usw. ☹. Das Dauerthema ATEM sitzt im Kalender…

Die Raureifelfe

Ein Windhauch blies eiskalte Wassertropfen aus dem Nebelschwaden. Während sie ins dürre Gras fielen, wuchsen ihnen haarfeine Kristalle. Weiß und nadelspitz formten sie wie von Zauberhand die Raureifelfe. Ein paar Stunden würde sie in die Welt schauen und mit dem aufsteigenden Sonnenlicht wieder tauen. Die Zarte erschien nur sehr, sehr selten. Manche Jahre ließ sie sich überhaupt nicht blicken. Aber auch wenn die Elfe sich zeigte, konnte man sie nicht leicht entdecken. Das war nicht verwunderlich, denn schließlich war die winterkahle Landschaft mit verzauberndem Raureif überzogen. Es war ganz so, als wollte man einen Wassertropfen im Meer finden. Deshalb glaubten die Menschen, wenn sie etwas über die Raureifelfe hörten, dass sie nur im Märchen existierte. Das stimmte die Elfe traurig, denn sie hatte doch diese wunderfeine Magie zu verschenken. Wer sie mit den Augen berührte, dem reichte sie ihre Kronenperle, die ihr mit jedem Reifgewand neu wuchs. Diese lichte Perle enthielt die reinste Lebensenergie.
Im Haus am Waldrand hatte die ganze Nacht das Lampenlicht gebrannt. Lisa legte der Mutter kalte Wadenwickel an. Doch das Fieber wollte nicht sinken, und der alte Doktor schüttelte bei seinem Abendbesuch hilflos den Kopf als er raunte: „Es wird ein Wunder brauchen.“
Als sie der Mutter einen Schluck Wasser einflößte, sah die Kranke durch das Fenster den herrlichen Raureif im Morgen glitzern. Sie flüsterte: „Geh, du musst die Raureifelfe finden!“
Lisa zögerte nicht, zog sich warm an und lief vor das Haus. Aber wo nur sollte sie mit der Suche beginnen? Am Waldrand oder bei den Weiden am Bach? Sie könnte überall sein, und selbst vor ihrer Nase würde sie die Elfe wohl kaum entdecken. Schnell ging sie noch einmal ins Haus zurück, griff sich die große Leselupe und eilte hinaus. Weißer Eiswind verschleierte die Sicht. Aber dann brach das Sonnenlicht durch die Wolken und ließ den Frost funkeln. Jedes welke Blatt, jedes Ästchen war mit diesem Kristallzauber überzogen, dessen Schönheit ein Lächeln fordert. Und so besorgt Lisa auch war, inmitten dieser Glitzerwelt war sie beinahe heiter. Sie stand gar nicht weit vom Haus, inmitten der alten Streuobstwiese, und besah mit der Lupe genau die Kristallwerke an den Stängeln und trockenen Blütenständen. Lange, bis die Augen schmerzten. Als die Kraft der Sonne wuchs, begann die Kristallwelt zu tropfen. Bald regnete es unter den knorrigen Bäumen geradezu und Lisa verzagte: „Bitte, Raureifelfe, zeig dich mir! Ich brauche dich! Ich kann nicht auf den nächsten Reifzauber warten!“
„Warum nicht?“ säuselte es aus dem Unterholz am Wiesenrand.
Lisa drehte sich hektisch nach der Stimme und sah die Schöne, die sich im Schattenblau kühlte. Das Mädchen war hin- und hergerissen, denn es erkannte, die Raureifelfe würde sehr bald zu Tauwasser zerrinnen; das berührte sie mit einem Schrecken. Aber die Elfe sprach: „Du musst dich nicht fürchten. Das Leben heißt Kommen und Gehen. Jedes hat nur eine bestimmte Zeit. Du aber bist gekommen, um ein Leben zu verlängern. Für ein Weilchen soll es so sein, weil du mich gefunden hast.“ Die Raureifelfe nahm die Perle von ihrem Haupt und legte sie in Lisas Hand. „Geh‘ schnell, bevor sie schmilzt, und beträufele mit ihrem Wasser die Stirn der Kranken.“  Damit war die Elfe verschwunden, und das Mädchen trug den Hauch des Lebens nach Haus.

© Petra Elsner
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Morgenstunde (630. Blog-Notat)

Neues Leben im Fensterbrettgewächs“haus“.

Ich habe Gerhart Baums finstere Prognose mit in die Nacht genommen und logischerweise schlecht geschlafen. Der alte FDP-Mann sprach gestern kurz vor Mitternacht bei Maischberger von einer düsteren Zeit, die vor uns liegt. Und er mahnte die Ampel, den Menschen reinen Wein einzuschenken und sie auf Einschränkungen und Opfer einzustimmen. Ich glaube, der Ampel ist noch immer nicht klar, das mit den geopolitischen Veränderungen die satten Zeiten komplett vorbei sind. Alle sprechen von „Zeitenwende“. Aber was bedeutet die? Biodiversität? Gewiss. Aber die Politik wird die Inflation, getrieben von Spekulation und gestörten Lieferketten, auf Dauer nicht ausgleichen können und so werden die Realeinkommen schwinden und der Wohnstand abschmelzen. Man sollte sich davor nicht ängstigen, denn mit leichtem Gepäck reist es sich schneller durch die Zeit. Nur, wo geht es hin? Mit der atomaren Bedrohung am Horizont lebt es sich nicht mit freiem Herzen und ich ertappe mich bei dem Gedanken, macht es noch Sinn zu dichten, im Garten zu ackern? Tag 29 im Ukrainekrieg, mir scheint die Schlacht um die Ressourcen der Welt beginnt erst.

Morgenstunde (629. Blog-Notat)

Vor ein paar Jahren musste ich mir noch jeden Stock aus dem Wald holen, weil das von uns angepflanzte Gehölz noch kindlich war. Jetzt, nachdem wir seit 14 Jahren in diesem Schorfheidedorf leben, beginnt der Überschuss. Wohin mit dem Strauch- und Baumschnitt? Vor Corona gab es Oster- und Herbstfeuer… aber auch die zunehmende Trockenheit reglementierte die Mengen für die Festfeuer, so dass wir unser Zeug meist nicht mehr loswurden.
Dieses Frühjahr habe ich begonnen, den dürren Strauchschnitt als Totholz- oder Benjeshecke zu arrangieren. Natürlich geht’s auch größer, aber mir haben erst einmal die kleinen Anlagen bei den Kompostpostplätzen gereicht. Im Sommer wird Kapuzinerkresse drüber ranken. Ja und wenn im Herbst der Weidenschnitt obendrauf kommt, dann brühtet vielleicht nächstes Jahr ein Rotkehlchen darin.

Mit dem aufsteigenden Licht grinst überall die Hausarbeit. Nach dem Saharastaub kommt die Birkenblüte, etwas später die Kiefer… Überall Staub, der im Winter eher unentdeckt dämmert… Ich habe es immer noch nicht so richtig drauf, Arbeit zu übersehen, also wusele ich uferlos hier und dort herum, nur die Schwäche treibt mich ab und zu ins Atelier. Das Licht da draußen lock gegenwärtig mehr…
Montag kam ein Ex-Galerist auf eine Kaffeezeit zu Besuch und erzählte uns von seinem Abgang aus seinem Arbeitsleben. Der Glückspilz hatte seine Pension, das Café und seine Galerie am Werbellinsee just 14 Tage bevor Corona in Deutschland auftauchte, aus Altersgründen verkauft. Er ist einer der wenigen, der so schadlos durch diese Zeit kam. Aber so ganz verabschiedet hat sich der Mann von der Kunst dann doch noch nicht: Er entdeckte eine kleine Spachtel-Arbeit für sich in meinem Atelier und kaufte sie spontan. So fing die Woche gut an…

Morgenstunde (628. Blog-Notat)

Büsche auslichten

Das ganze Wochenende Flieder- und Hartriegelbüsche gelichtet und junge Triebe gekappt. Der Wind blies dazu eisig. Aus dem Nachbarzaun klapperten und wankten dazu die vom ersten Frühjahrssturm gelösten Zaunfelder. Ein knarrendes Bruchholzröhren. Aber der Garten lag so wunderfein im Frühlingslicht. Das nährte die Hoffnung, dass der Winter endlich gehen wird. Wenn ich als Kind Ostern meine Großmutter in der Osterglockensenke an der Bache besuchte, war die immer wiederkehrende Frage bei allen Begegnungen „Und, gut über den Winter gekommen?“ Danach beklagten die Alten lange all die Maläsen, die ihnen im Winter zu schaffen machten. Es muss seinerzeit, in den grauen 50er Jahren, durchweg schwieriger gewesen sein, den Winter zu überstehen. Will sagen, es starb sich damals schneller und die Leute haben sich einfach mal länger als heutzutage hingelegt, wenn es ihnen in ihren Winterhäusern nicht gut ging. Der Frühling wird richten…

Frisches Lyrik-Segel

Morgenstunde (627. Blog-Notat)

Gartentage. Auch wenn ich immer noch viele Pausen einlegen muss und die Stimme noch brüchig ist… es geht voran: Die Teiche bekommen frisches Wasser und die vom Winterwind zerzausten Lyrik-Segel werden erneuert. Wassertriebe vom Haselnuss-Strauch dienten mir gestern als Baumaterial für die Rahmen der neuen Märchenplatten im Lesegarten. Da kann jetzt das Sonnenmädchen leuchten… und in die Vogellaube ziehen wieder die Sommergäste ein.
Zwei sehr verrostete Altvögel habe ich gestern mit neuer Farbe versehen. Aber so ganz glücklich bin ich mit dem Ort noch nicht, denn eigentlich war die Grundidee, dort zum kurzweiligen Lesen zu animieren. Sozusagen die kleine Kost im Lesegarten… Die handgemachten Sprüchevögel oder die „weisen Vögel“ luden dazu ein. Aber sie verwitterten so schnell und ich hatte eine Heidenarbeit mit der ständigen Instandsetzung der Falter. So wurde eine schnöde Sammelecke für geschenkte und gekaufte Vögel daraus. Aber ehrlich, die Grundidee war schöner und vielleicht fällt mir ja irgendwann noch eine wetterfeste Variante ein. Ich teste mal laminierte Teile – analog der Lyrik-Segel, schöner wäre Holz, aber das ist eben nach einem Regensommer hin…es gibt genug andere Baustellen in Haus und Hof… Wünsche ein schönes Frühlingswochenende allerseits 😊!