In aller Herrgottsfrühe sind wir heute über Land- und Stadtpisten gerollt. Viel freie Strecke. Ganz offenkundig haben viele, die nicht in den Ferien sind, am heutigen Hitzetag ihre Wege überdacht. Wir brauchten 40 Minuten weniger für die Tour zur Charité, um dort zu erfahren: „Der Prof. ist gar nicht da. Offenbar haben wir Sie für die Absage nicht erreicht.“ Ehrlich, wir haben einen AB, man kann was draufsprechen… Rezept habe ich dennoch bekommen, aber keine Messwerte, die wären eh unterirdisch gewesen, spürt man ja selbst. Aber irgendwie ist das nicht O.K., man muss nicht 94 Kilometer (eine Strecke) zum Arzt düsen und dann ist da keiner. Dass zu solchen Terminen irgendwas nicht gelingt, hat mir schon Albträume beschert, die Therapiespritzen gibt es nur für exakt ein Quartal, ist nicht gut, wenn sie ausfallen… Auf dem Rückweg wich die Anspannung. Beim Aussteigen 38,4 Grad – ui, ab in die Gruft! Der Imkergatte füllt den nächsten Honig ab, ich schnipple derweil Etiketten.
Morgenstunde (682. Blog-Notat)
Die Bilderfahne ist um das nächste Teil gewachsen, nun brauche ich eine Denkpause, will eine Form/Symbolik für „Spirit“ finden. Nicht religiös, wenn möglich. Dazu muss ich Scribbeln und Sinnieren. Nachdenken kann man auch beim Beschaffen. Der Hitze wegen, unternehmen wir heute schon den Wocheneinkauf. Aber so ganz entfliehen könnten wir den Temperaturen dann doch nicht: Mittwoch müssen wir nach Berlin in die Charité, mich graust’s…
Morgenstunde (681. Blog-Notat)
Der Honig fließt. Die ersten 120 Gläser haben wir gefüllt und etikettiert. Es sind es zwei Sorten Frühsommerblüte, eine liebliche und eine würzigere. In den nächsten Tagen wird dann die eine oder andere Sommerblüte nachfolgen und bei möglichen Verkostungen die Geschmacksknospen kitzeln. 😊 Für uns ist es die schönste Zeit der Honigernte. Nachdem die letzten Tropfen geflossen waren, haben wir die Straßenlinde mit der „Neuer Honig“-Fahne versehen. Sie winkt den Interessenten jetzt freundlich zu. Schluss für heute 😊.



Morgenstunde (680. Blog-Notat)
Naja, die meisten werden es nicht hören wollen, weil ja Sommerferien gerade begonnen haben, aber für den Imker beginnt jetzt der Bienenherbst. Deshalb waren wir gestern beim Imkereifachhandel in Hirschfelde, um 420 Liter Winterfutter einzukaufen. Es wird wohl keinen verwundern, auch der Futtersirup ist um 50 € teurer geworden und so dreht sich die Schraube weiter: Wir werden unseren Honig für das 500-Gramm-Glas um 1 € erhöhen müssen, also nun für 6 € anbieten. Hätten wir eigentlich schon letztes Jahr…, denn schon in den vergangenen zwei Jahren sind Gläser und Deckel erheblich im Preis gestiegen. Da war die Inflation noch schleichend. Irgendwie läuft alles aus dem Ruder, die Preise steigen und steigen und die Einkommen stagnieren. Beim Imker wollen wir besser nicht von Einkommen reden, es ist wohl eher eine Trostprämie für die leidenschaftliche Plackerei, von der die meisten wohl eher eine romantische Vorstellung haben. Nun gut, aber die 1 ½-stündige Überlandfahrt auf der B 167 war ganz entspannt und wir machten eine kleine Entdeckung: Die Brücke in Eichhorst war gesperrt und keine Umleitung ausgeschildert. Wir hofften rechterhand auf einen Schleichpfad und gelangten auf eine freie Waldstraße, die irgendwann auf ein schmales Asphaltband stieß. Ich dachte, links müsste Rosenbeck liegen, wo wir nie hingefahren waren, weil es ja jenseits unserer Standartpisten lag. Und wirklich, ein liebreizender Ort zeigte sich uns sehr bald mit einem schönen Schleusensee. Ein friedlicher Ort zum Rasten und Schiffe gucken, aber wir waren natürlich in „Eile“ und halt unterwegs. Nur ein Schnappschuss aus dem Autofenster von der Felderwirtschaft vor Tiefensee war ohne Boxenstopp möglich. Der Liebste hatte ein Ziel…
Heute geht’s an der Bilderfahne weiter… Schönes Wochenende allerseits!
Morgenstunde (679. Blog-Notat)
Es ist kein Gurkenjahr. Ich weiß ja nicht wie es bei Euch so im Garten oder auf Balkonien ausschaut, aber hier… gleich nach der ersten Hitzewelle im Juni mickerten die Pflanzen und jetzt bekommen sie Mehltau. Die glatten Minigurken – wie es auf dem Samentütchen hieß, ringeln sich und sich super stachlig. Aus dem „Cosmea“-Samen kam stattdessen eine Malvenart zum Vorschein. Von der Pflanzenerde von Phillips ganz zu schweigen, ich hatte offenbar eine Charge Weihnachtsbaumkomposterde erwischt, gespickt mit Restmüll aus Kronenverschlüssen und Plastikverpackungen. An allen Ecken lauert der Anschiss oder halt die Ärgernisse in der Einkaufstüte…
Vorgestern debattierten der Liebste und ich über die Zusage der Regierung, die privaten Haushalte hätten Priorität bei der Gasversorgung. Ich unkte, das würde bestimmt bald fallen. Keinen Tag später kam Habecks Richtungswechsel. Ein aufgeschreckter Hühnerhaufen agiert, soziale Marktwirtschaft ade. Irgendwie bekommt man das Gefühl (und die Indizien mehren sich), dieser Gesellschaftsumbau könnte nicht gut ausgehen und führt zu allererst in schlimme soziale Verwerfungen. Und was erwartet uns als Sommerlochthema? Die Energieversorgung. Dazu trötet uns jetzt jeden Tag ein anderer Hinterbänkler-Experte Schauergeschichten durchs Land. Kinner nee. ENERGIE – ohne sie ist nix. Sie ist existenziell – kein Laber-Thema. Nicht von ungefähr wird jetzt die geächtete Kohleverstromung wieder hochgefahren. Ich wünschte mir weniger panische mediale Aufregung und dass nicht alles und jedes durch die Brille des Ukrainekrieges gesehen wird. Auch ohne ihn stünden wir vor einem fundamentalen Gesellschaftswandel.
Morgenstunde (678. Blog-Notat)
Wozu Bierbänke doch alles gut sein können, in diesem Falle ist unsere gerade eine passende Arbeitsfläche für die Bilderfahne. Bin ein Stückchen weiter und jetzt an einem Schriftzug. Der erinnert mich schon etwas an meine Lehrzeit in der Malerei der Berliner DEWAG-Werbung: Malstab und uferlos Lettern. Reines Handwerk, wenig Kreatives. Nicht selten hatte ich dabei einen Buchstaben ausgelassen und dann: Nochmal von vorne und WUT! Ging mir gestern auch so – ein „I“ hatte ich mir wohl nur gedacht…😊 Gut, dass ich es gleich nach dem Anreißen gesehen hatte, und nicht erst nach dem farbigen Anlegen der Buchstaben. Dieses Schriftenmalen ist nicht mehr so meins, die Übung fehlt, aber hier unterstreicht und verbindet es die einzelnen Motive… Nun denn, ich schaff dann mal weiter…
Morgenstunde (677. Blog-Notat)
Der erste halbe Meter der neuen 2 Meter Bilderfahne nimmt Gestalt an. Sinnsuche und Zeitenwende heißt ihr Thema und sie wird neben Formen, mehrdeutigen Hintergrundzeichen auch klare Schriftzüge zeigen. Ein Denkpuzzle. Latent kommt Verborgenes zum Vorschein, denn diese Gewebefahnen stammen aus vergangenen Architektur-Ausstellung, die Fotos zur „Sozialen Stadt“ zeigte. Die habe ich überstrichen, aber hier und da spielen sie, je nach Lichteinfall, noch ein bisschen im Untergrund mit. Den Sinnsucher mit Pestmaske hatte ich schon im Winter für mich als Gestalt der Zeit entdeckt. Hier kommt er etwas größer ins Spiel und spuckt Schlüsselworte aus. Düsen ja genug davon durch die Nachrichtengewitter…
Als nächstes muss ich mir eine lange Arbeitsfläche aufbauen. Aber heute ist so ein dämmriges Wetter, dass sich besser zum Postmachen eignet. Ein Kollege hat mir diese Woche einen sehr, sehr langen Brief geschrieben, wie in alten Zeiten als die Telefone noch Seltenheitswert hatten. So eine besondere Zuwendung verlangt einfach nach Zwiesprache. Sehr schön. Da hab ich jetzt was vor, neben den klebrigen Angelegenheiten, die mir der Imkergatte in diesen Tagen reichlich zuschiebt. Heute wird er wieder Waben entdeckeln und ausschleudern…noch reift die bisherige Ausbeute so vor sich hin, wird täglich gerührt und abgeschäumt. Vielleicht dauerts noch zwei Wochen, dann haben wir den ersten Honig im Glas – der Honig bestimmt es, nicht der Imker…😊
Habt ein entspanntes Wochenende alle miteinander!
Morgenstunde (676. Blog-Notat)
Gestern Abend sah sich Christian Seipel, der neue Leiter der Klosterscheune Zehdenick, sehr interessiert im Atelier und Bilderspeicher um. Es gab keine speziellen Absichten, er will die Künstler des Landkreises einfach kennenlernen (eine Gemeinschaftsausstellung der sogenannten Buschdorfkünstler ist bereits für 2023 geplant). Die haben seinen Vorgänger in all den Jahren nicht interessiert. Er war eher der Verhinderer ostdeutscher Künstler. Seipel ist das ganze Gegenteil und man darf gespannt sein, wie sich das auf das Schaffen der regionalen Künstlerschaft auswirkt. Für mich ist das leider ein bisschen zu spät. Vor 10 Jahren wäre eine Ausstellung in dieser herrlichen Kunsthalle eine inspirierende Herausforderung gewesen, heute fehlt einfach das wichtigste – die Kraft. Sehr schade, aber eine Lesung wird schon noch werden. Planen hat für die Klosterscheune gegenwärtig viele Fragezeichen, nicht nur wegen Corona, ganz elementar geht es nun auch darum, wird man sie im kommenden Winter beheizen können. Das weiß heute noch keiner… alles offen. Für Seipel habe ich auch die alten Arbeiten auf Papier (70 x 100) aus der großen Mappe im Zeichenschrank hervorgezerrt, die haben ihn offenbar mehr angesprochen, als was er im Bilderspeicher sah. Er meinte, da wären Motive dabei, die gehörten größter – an eine Hausfassade zum Beispiel. An sowas hatte ich noch nie gedacht….
Die Stimme auf ihrer Schulter

Sie fegte den Hauch mit der Hand von der Schulter und dachte leise: Geh‘, verdrück‘ dich aus meinem Leben! Aber er war immer noch da, dieser miesepetrige Herr, der ihr ständig ins Ohr raunte: „Tu‘ dies oder jenes nicht!“ Als er das letzte Mal über ihre Bettzipfel sprach: „Schlaf nicht so lange, nur der frühe Vogel fängt den Wurm!“, stellte sie einfach den Wecker ab und drehte sich noch einmal um. Es war der trotzige Beginn, sich gehen den Nörgler aufzulehnen. Jetzt versuchte sie ihn loszuwerden, diesen Schatten aus der Vergangenheit. 25 Jahre war der Vater schon tot. Sie hatte längst vergessen, starb er 1996 oder 97? Er hatte sich schon lange zuvor weit von ihr entfernt und steckte in einem anderen, neuen Leben. Sie konnte kaum glauben, wie liebevoll und großzügig dieser harte Kerl in der neuen Familie sein konnte. Ein Gestaltwandler. Als er aus dieser Welt ging, schien er sich ihrer zu erinnern, denn seither war sie da, die strenge Stimme auf ihrer Schulter. Es ging der Stimme nicht um beste Leistungen, sie verlangte Anpassung, unauffälliges Sein. Beides war Isabell nicht gegeben. Sie stach immer schon aus der Mitte hervor. Laut und eigensinnig. Wenn Isabell eine wichtige Arbeit nur mit Überstunden erledigen konnte, sah sie nicht mehr auf die Uhr und die Stimme schimpfte: „Bist du ordenssüchtig?“ War Isabell nicht, aber sie liebte ihre Arbeit und sie war verlässlich. Nicht immer schon, erst nach ihrer fünften Berufswahl. Von da an lief sie wie ein Uhrwerk. Es ist wichtig den richtigen Job zu finden, das Leben fühlt sich dann leichter an, selbst wenn es schwer ist.
Isabell wusste, der Vater hatte nicht das Recht ihr Dinge zuzuflüstern. Dinge wie: „Halt dich zurück!“; „Mach was Anständiges, nicht so einen Krimskrams!“; „Sei nicht so großzügig, da kommt eh nichts zurück!“; „Verschenk nicht das letzte Hemd!“ Sie verachtete solche Ansagen und gab meist mit vollen Händen. Nach seinem Verrat hatte er ihr gar nichts mehr zu sagen. Man verrät nicht die 14-jährige Tochter. Isabell konnte nicht verstehen, weshalb er sie postwendend zurückschickte in dieses Internat. Dort waren alle Wege plötzlich verschlossen. Der Trainer beschimpfte sie, als sie ihm mit zittriger Stimme das ständige Trainingsverbot der Mediziner mitteilte. „Du versaust mir meine Jahresprämie!“, brüllte er. Sein Atem roch nach Wodka und seine Augen schwammen im blutigen Rot wie jeden Morgen. Isabell fühlte sich schuldig, dabei war sie „nur“ krank. Wovon eigentlich? Den Becher mit dem täglichen Vitamintrunk nahm sie nicht mehr vom Tablett in seinen Händen. Sie flüchtete, denn hier in diesem Augenblick bekam ihr Leben den ersten Riss. Was sollte sie an diesem Ort, der sie gerade ausspuckte? Völlig aufgelöst lief sie davon. Nach Hause.
Der Vater war dieser Tage krankgeschrieben. Seine Kriegsverletzung puckerte, aber er klagte kein bisschen. Er hörte sich ungerührt das kindliche Drama an, kochte währenddessen eine Tütensuppe und löffelte die Buchstabennudeln wortlos. Als alles gesagt war und die Tränen getrocknet, griff er zum Telefon und rief in der Sportschule an. Isabell dachte, er würde jetzt ihrer Bitte folgen, dass sie sofort in eine normale Schule wechseln könnte. Aber es kam anders. Er schickte sie zurück. Man erwarte sie. Er schwieg fortan über das Geschehene, nicht einmal die Mutter erfuhr davon. (Sie würde bis zuletzt glauben, ihre Tochter habe versagt.) Erschrocken reiste Isabell zurück und fragte sich – wie konnte er nur? In der Schule erwartete sie niemand. Sie gehörte nicht mehr dazu, sollte aber das Schuljahr hier abschließen. Warum? Wer wollte Zeit gewinnen und wofür? Es gibt Fragen, die ins Leere laufen und am Selbstwert nagen.
An diesem Morgen öffnete die Frau das Fenster, schaute kurz zu ihrer linken Schulter und sprach laut und deutlich: „Schweig‘ jetzt und geh‘, sofort!“
PS: Diese Geschichte habe ich 2020 begonnen, abgebrochen und heute erst wurde sie fertig…
Morgenstunde (675. Blog-Notat)
Gestern Abend kam nach 20 Uhr noch Atelierbesuch. Auf eine Viertelstunde und eine schnelle Suche nach einem passenden Geschenk für eine angehende Ruheständlerin. Die Ferien werfen ihre Schatten voraus. Morgen ist Schulschluss in Brandenburg und die allermeisten hocken schon auf gepackten Koffern, um kaum später hinaus in die Welt zu düsen. Apropos Koffer. Ich suche nach einem kleinen braunen Lederköfferchen von anno knips. Vielleicht hat ja noch einer einen auf dem Boden rumstehen und braucht ihn nicht mehr? Ich würde Zeichnungen darin vor dem Sonnenlicht verbergen wollen, der Zeichenschrank ist längst gefüllt…
Da es heute nicht mehr so heiß wird, kann mein Tag zwischen Garten und Atelier pendeln. Eine neue Geschichte entsteht. Zwischendurch werde ich einen weiteren Satz Bücher bauen und danach schauen, was im Garten zu tun ist oder einfach nur schauen… Ohne Hitze sind die Tage gut zu mir 😊.