Morgenstunde (842. Blog-Notat)

Die ersten Pilze sind getrocknet.

Die erste Seite zu meinem Altersmonolog ist geschrieben und deshalb gab es gestern diese „heilige“ Handlung: Den Lesemappenbau. „Morgenstill“ wird eine verdichtete Selbstvergewisserung, aus der, wenn überhaupt, ich hier nur mal ab und zu eine Passage zeigen werde. Ich weiß noch nicht, wo es mich hinführt, spüre aber, es tut mir gut. Die Wortfindung in der Geschichtenwerkstatt – ein Grund aufzustehen, egal, wie es mir gerade geht. Ich habe in meinem Leben fast ausschließlich zielführend gearbeitet, diesmal nicht. Ich versuche zu schlendern, denn es geht nicht mehr darum, noch ein Buch abzuliefern. „Morgenstill“ ist ein in Zeilen gepresstes Nachdenken über das, was mich gerade umtreibt, mehr nicht – eine Tagesverrichtung, wie Kochen oder Staubwischen…

Morgenstunde (841. Blog-Notat)

Irgendwie sind es lahme Tage. Ein bisschen hier, ein bisschen dort, nichts wirklich. Eine Presseinfo geschrieben und versandt, ein paar Morgengrußmontagen am Computer erstellt. Drei Zeilen für eine neue Geschichte geschrieben – alles irgendwie flau und wieder wacklig auf den Beinen, wieder nur 48 Kilo. Als ich gestern meine entzündeten Augen meiner Augenärztin vorführen wollte, saß da statt ihrer ein junger Assistenzarzt, der sich überaus distanziert gab. Jede Bewegung zeigte seine Langeweile, er gähnte sogar fläzig, während ich auf dem Stuhl vor ihm Platz nahm. Jede Geste sagte ganz deutlich, was er dachte: Schon wieder eine Alte. Am liebsten hätte ich umgehend den Raum verlassen und ihm zuvor einen Federhandschuh vor die Füße geworfen. Aber ich dachte nur schlicht: Deine Zukunft sitzt vor Dir, schau genau hin, Jugend vergeht nur allzu rasch…
Das Älterwerden ist gerade für Menschen, die von den jungen Alten zu den älteren Alten mutieren schon psychisch nicht ohne. Man nimmt jeden Tag Abschied von irgendetwas, was gerade noch selbstverständlich war. Doch das dürfte kein Grund für niemanden sein, so zu tun, als wäre das Altsein ein Makel. Ärzte sollten in der Lage sein, die Übergänge zu begleiten…

Morgenstunde (840. Blog-Notat)

Kürbis-Blüte.

Es geht in die Entenzeit, wenn auch die Tomaten nur langsam rot werden wollen, es hängen Unmengen an den Sträuchern. Den ersten Korb Steinpilze hat der Liebste aus dem Wald gebracht und die Inka-Gurke schiebt an ihren zarten Ranken sichtbar Hörnchen-Früchte. Endes des Monats werden sie reif sein. Die Salatgurken wollen nicht so richtig, aber Kürbisse wird es satt geben. Auch wenn das Sonnenlicht wieder zurück ist, die Natur beginnt sich in all der Fülle schon wieder zu senken. Am Wochenende ist Abschleudern im Bienengarten, dem folgt die Winterfütterung… Gestern haben wir für das Zehdenicker Altstattfest am 19. August eine Kiste meiner Bücher in die Tourist-Info gebracht. Die Bibliothek will sie an ihrem Marktstand mit vorstellen. Auf dem Rückweg stotterte das alte Auto. Es wollte plötzlich nicht über 80 beschleunigen. Manno, nicht schon wieder… nächste Woche soll es zum TÜV. Müsste ich zu so einer Sichtung, ich würde glatt durchfallen, zu klapprig in den Teilen, aber ein Kilo hab ich schon zugenommen. Wenn man erst mal runter ist, geht nicht so schnell wieder rauf, aber über 50 wäre schon schön.

Inka-Gurke oder auch Hörnchenkürbis. Fotos: Lutz Reinhardt

Morgenstunde (839. Blog-Notat)

Foto: Lutz Reinhardt

Dieser Sommer ist wirklich schwierig. Es war anstrengend, die drei Ausstellungsplätze aufzumachen und wieder mal zu bemerken, es kommt wenig dabei rum. In den drei Corona-Sommern war mehr Wahrnehmung und die brachte auch Einnahmen. Dieser Sommer heißt NULL. Und es ist ja ganz klar, woher das kommt: Die allgemeine Lage spart selbst am Schnürsenkel, nur das Wegreisen, das zeitweilige Abtauchen aus dem ächzenden Gezerre in Deutschland, gönnt man sich, um sich die mentale Gesundheit einigermaßen zu erhalten. Verständlich. Ich bin inzwischen alt genug, solche existentiellen NULL-Zeiten fürs Atelier, nicht mehr auf mich selbst zu beziehen. Sie treiben mich nicht mehr in Depressionen und Selbstzweifel, wie jetzt viele junge Künstler, die sich existenziell gefährdet sehen. Ich weiß: es ist FUNDUS-Zeit. Da kann man sich gerade anstrengen wie man will, es kommt wenig zurück. Das ist so und das Weitermachen treibt allein die selbstheilende Leidenschaft und ein gewisses Sendungsbedürfnis an.

Morgenstunde (838. Blog-Notat)

Das war schon die zweite Woche mit magerer Sonnenausbeute. In einer ebensolchen Regenzeit Ende der 90er Jahre entdeckte ich meine sonnengelbe Gute-Laune-Farbe. Ich malte damals vielleicht schon im dritten oder vierten Jahr mit brauner Holzbeize auf Papier. Die Beize gab es im Baumarkt und dort, ganz zufällig, griff ich nach diesem gelben Pulvertütchen. Es sollte der Anbeginn meiner Indisch-Gelben-Himmel für verschiedene Cartoon-Reihen sein. Und bis heute verbreiten diese Figuren auf sonnigem Grund ein Lächeln, um nichts anderes ging und geht es mir damit. Und deshalb gab es diese Woche auf Facebook jeden Tag so einen Schmunzel-Leuchter für Euch. Hier noch einmal eine Auswahl der Morgengrüße… Schönes Wochenende allerseits!

Morgenstunde (837. Blog-Notat)

Sind es die Regentage oder der arbeitsintensive und problembeladene Frühsommer – wir sind irgendwie dauererschöpft und schlafen fast täglich bis in die Puppen. Als ich heute kaum aus der Nachtwäsche geschlüpft war, dröhnte ein schweres Motorrad über das Kopfsteinpflaster und brach jäh auf der Toreinfahrt ab. Ich dachte nur: ach herrje, der Karsten. Der Liebste empfing seinen Uraltfreund im Pyjama. Sie kennen sich gut 40 Jahre, da hat man sich in allen Lagen schon gesehen. So gab es zum späten Frühstück Palaver über den Lebensstress, die dünnen Künstlerrenten und die Teuerungen und alles, was sonst noch quietscht. Tut gut, es rauszulassen. Wegen des eingetrübten Sommers spiele ich seit ein paar Tagen Gute-Laune-Blicke als Morgenkarte aus. Ich setze dazu auf meinen sonnengelben Fond meine freigestellten Vignetten aus dem Archiv. Ich hoffe, den einen oder die andere einen Moment lang zum Lächeln zu bringen, wenn‘s sonst schon nicht viel zum Schmunzeln gibt…

Morgenstunde (836. Blog-Notat)

So ein Tag: Am zeitigen Nachmittag habe ich die Buchsbaumbüsche (es sind viele!) mit „Zünslerfrei“ von Plantura gespritzt. Sie waren plötzlich wie aus dem Nichts vom Zünsler befallen und sahen echt traurig aus. Es sollte laut Regenradar erst gegen 18 Uhr wieder regnen. Aber: Kaum war ich fertig mit der Spritzerei, regnete es. Die Aktion muss ich wohl wiederhohlen. Nach dem Schauer, schönster Sonnenschein. Also bin ich tatkräftig mit dem Rasenkantenschneider in den hinteren Garten, um die Büsche am Zaun aus dem hohen Schilfgras freizuschneiden. Der Imkergatte hatte mir schon 100 Meter Kabel ausgerollt… Nach zwei Quadratmetern schneiden, erwischte mich eine kräftige Regendusche. Ja, um 18 Uhr regnete es auch, aber Hallo, der Himmel hat mich heute verar…. Ich hätte besser mit einem schönen Buch auf dem Sofa abhängen sollen…😊 Kann mir jemand war Gutes empfehlen? Es soll ja die ganze Woche so vor sich hinplätschern…

Morgenstunde (835. Blog-Notat)

Kurz bevor wir aufbrachen, ging ein starker Gewitterregen nieder. Pfützen auf Sand bleiben nicht so oft länger. 17 Liter hatte der Liebste später gemessen. Das ist für unsere Breiten schon bemerkenswert. Nebenan in Dölln hats nur geregnet…  Das Nachbarschaftsfest in Bebersee lief auf Zuruf und ganz entspannt. Hanna (Piano) und Bastl (Bass) präsentierten als Spontan-Duo klassische Musikstücke und ich las dazwischen vier sommerliche Kurzgeschichten. Und – !!!, die Stimme hielt einigermaßen. Es war meine größte Sorge dieser Tage, dass sie sich wieder weggurgeln könnte. Aber, es ging gut und ich bin erleichtert (auch wenn es nach der Lesezeit natürlich wieder im Hals brannte). Es war eine wohlige und wohlwollende Stimmung in der Bergmann-Scheune, wie in einem schützenden Nest. Gibt’s nicht mehr so oft. Harald, der unermüdliche Ortsvorsteher, war ganz beseelt und blieb länger als er eigentlich wollte, obwohl ihn schon der nächste Termin drückte. Das Walddorf Bebersee hatte einst einen Großbrand erlebt. Einzig dort, wo Linden standen, blieben die Gehöfte durch deren großen Blätterschirm vom Feuer verschont. Und so ließ Friedrich II hernach schützenden Linden überall in seinen Kolonisten-Siedlungen pflanzen. Um diese Linden muss man sich allerdings heute wegen der großen Trockenheit in den Sommermonaten sorgen. Deshalb haben sich in Bebersee Baumpaten gefunden, die ihre Linden beständig gießen. Dafür bekamen sie gestern nach dem Programm kleine Keramikorden und jeweils ein Schildchen für den Zaun, das verrät: Hier wohnt ein Baumpate. Schöne Idee, die mehrfach beschützt. Hat mir gefallen.

Foto: Lutz Reinhardt

Morgenstunde (834. Blog-Notat)

Die Regennacht fiel hier nicht so arg aus wie mancherorts. Stattdessen zeigt sich heute Morgen der nasse Garten erholt. Die wilde Wiese grünt wieder. Der Wettermix dieses Sommers ist mir recht, auch wenn die Tomaten und Gurken langsamer reifen und mich die Müdigkeit anfällt. Alles ist besser als Hitze.
Seit gestern lese ich mich ein, denn am Samstag möchte ich zum Nachbarschaftsfest in Bebersee vier sommerliche Kurzgeschichten lesen. Bin immer noch heiser, dann bleibt das wohl jetzt und so trainiere ich, damit die Stimme hält. Und sonst so? Pinselstriche.

Morgenstunde (833. Blog-Notat)

Wenn am nächsten Sonntag gewählt werden würde… (kann man in den heutigen Medien hören oder lesen) schneiden alle im Bundestag vertretenen Parteien schwach ab. Die Quittung für ein ungelenkes Krisen-Management. Deutschland kommt einfach nicht mehr aus der Talfahrt heraus und die Bürger sprechen den Regierenden die nötige Kompetenz ab, die Krisen zu beherrschen. Das ist bitter, aber wahr. Und anstatt wenigstens rückschauend lernend Fehler zu erkennen, schließt man besser die Tür, als hätte es beispielsweise Corona nie gegeben. Aber wir spüren die Auswirkungen immer noch, nicht nur wirtschaftlich, auch in den Herzen und der Psyche. Sichtbar wird es neben unendlich vielen geschlossenen Wirtschaften besonders in der Kunst. Die Musiker suchen nach entschwundenen Bühnentechnikern, die Theaterleute spielen vor halbleeren Sälen, die Verleger, die das Papier für den Buchdruck kaum noch bezahlen können, die Ausstellungsmacher, denen Künstler abspringen, weil sie sich eine relevantere Lohnarbeit suchen mussten… Wer fast drei Jahre das öffentliche Wirken der Kunst unterbunden hat, findet sie heute in ihrer Existenz beschädigt. Aber Kunst füttert die Seele, macht mitmenschlich und stark. Wir sehen heute eine allgemeine Verrohung in Sprache und Umgang. Wut- und Gewaltausbrüche. Es ist zu viel Druck auf dem Kessel Deutschland und die Menschen spüren, sie werden nicht gut durch die Zeit gesteuert. Die sichtbaren Extreme sind hausgemacht und nicht einem unmündigen Wahlvolk geschuldet…