Nach acht Tagen Intensivmedizin bin ich wieder daheim. Kaum zu sagen, wieviel Chemie durch mich in dieser Zeit geflossen ist. Für die existenzielle Frage: Atmen oder nicht Atmen, ist das kein wirklicher Diskussionsstoff. Und da sitze ich nun wieder an einer „Morgenstunde“, etwas leichter und sehr viel klappriger als zuvor und frage mich gerade, wo warst du denn eigentlich, als du hier abgebrochen hast? Vielleicht ist es gut, jetzt eine andere, neue Geschichte zu erzählen. Nicht die von Frau Christa, mit der ich die letzten Tage sehr einträchtig auf der Bettkante saß und Beine baumelnd im Inhalationsnebel versank. Die „Shisha-Bar“ der Station 11 öffnete jeweils für sechs Inhalationen täglich, nach denen wir beide immer platt wie zwei hustende Briefmarken auf der Matratze lagen. Nein, diese nicht, aber natürlich wird auch die neue Geschichte ein wenig von den jüngsten Ereignissen getüncht sein, im übertragenen Sinne, wen wunderts (?) … ich beginne morgen oder übermorgen 😊
Der Apfelmann liebte schräge Mützen und mochte es, wenn sie höchste Heiterkeit auslösten. Foto: Lutz Reinhardt
Zum Gedenken an einen guten Freund, den Apfelmann von Zehdenick, der nach schwerer Krankheit jetzt im Apfelhimmel wohnt, stelle ich eine hier meine erste Begegnung mit ihm aus dem Jahre 2010 ein.
Von der Leidenschaft zur Paradiesfrucht
„Apfelmann“ nennen ihn die Zehdenicker Kinder und der Name passt. Seine Wangen leuchten schön rot im Wind, doch mehr noch seine hellwachen Augen. Der Apfelmann schaut glücklich ins Land, denn er ist ganz bei sich selbst, und das kam so: Als die Schwiegereltern 1982 pflegebedürftig wurden, zogen Friedrun (62) und Jürgen Sinnecker (64), studierte Agrar- und Saatgutingenieure, von Trebatsch ins nördliche Brandenburg. Jürgen Sinnecker fand neue Arbeit bei der LPG, doch nach der Wende gab es hier kaum noch Jobs. So versuchte das Paar dort, an der Badinger Chaussee, auf einem Inselland inmitten weiter Felder, ein autarkes Leben zu entfalten. Dabei wuchs Sinneckers Liebe zur Deutschen Nationalfrucht spät.
2002 standen plötzlich Leute von der Ländlichen Erwachsenenbildung vor der Hoftür, und fragten, ob er denn nicht an einem Projekt zur Rekultivierung der Granseer Streuobstwiesen mitwirken würde. De facto war Jürgen Sinnecker seit 1990 arbeitslos. Ab und zu hatte er mal eine ABM, mal eine Weiterbildung: „Das war alles gut und schön, aber eine wirkliche Arbeit war es nicht“, meint er heute. Aber bei dem Streuobstwiesenprojekt war es anders. Die Berührung mit den alten Apfelsorten fachte etwas in ihm an – die Leidenschaft, empirisch zu forschen.
Etwa zeitgleich tauchte ein ORB-Auto unangemeldet bei den Sinneckers auf. Man suchte schöne Motive zum Thema „Brandenburgs Streuobstwiesen“, und filmte die Blüte in seiner Gartenplantage. Für Sommerbilder kamen die Filmer wieder, und zum Herbst war man auf der Landesgartenschau in Eberswalde zur Obstbestimmung verabredet. Jürgen Sinnecker hatte alte Apfelsorten dabei und wartete gemeinsam mit Dr. Schwärzel, dem Obstzüchterchef aus Müncheberg, auf die TV-Leute. Die waren mehr mit sich beschäftigt. Etwas genervt vertrieben sich die Wartenden mit Verkostungen die Zeit. Da sah Jürgen Sinnecker fasziniert das erste Mal, wie man einen Apfel dafür auseinander nimmt: Stiel, Blüte, – das Wetter und Wachstum anhand der Schale erklärt. – Dieses Sehen war die letzte Initialzündung.
Seither sucht der Apfelmann nach alten, regionalen Sorten: Den Lunow, Hasenkopf, Rote Walze, Ochsennase, Gravensteiner, Signe Tillisch … und lernte sie mit der Zeit fachgerecht zu bestimmen. Er ist immer noch ein Lernender. „Manchmal müssen die Pomologen aus Verzweiflung auch mal schwindeln“, scherzt der Mann mit warmer, sinnlicher Stimme, über zuweilen ratlose Apfelbestimmung bei Ausstellungen. „Ich kenn’ mittlerweile das Sortiment von Oberhavel – etwa 120 Sorten Naschobst. Und doch erlebt man immer wieder, dass die Sorten durch das Wetter verfälscht sind. Dann erkennt man sie schwer, und genau da beginnt die hohe Schule der Sortenbestimmung. Dr. Schwärzel kann genau sagen, ob die Äpfel aus dem Süden Berlins stammen oder aus dem Norden.“ Dass können wir noch nicht, stellt Friedrun leise vom Kanapee aus klar. „Muss ja auch nicht“, murmelt der Mann nach.
2004 machte sich Jürgen Sinnecker selbständig. Als Ich-AG für Baumkartierungen. Die nannte er „Kleines Umweltbüro Zehdenick“. „Doch dass ging nach hinten los, weil ‚Hartz’ begann, und die ‚Hartzer’ konnten viel besser die Bäume begucken“, meint er ironisch. Aber zur Eröffnung seines Umweltbüros hatte der Mann eine private Apfelausstellung in Gransee inszeniert. Und die Leute strömten mit Körben voller Früchte. „Eigentlich wollte ich, dass die Leute ihre Äpfel in der Ausstellung selbst finden. Aber sie wollen den Expertenrat.“ Die Sinneckers haben aus alten Büchern gelernt und sich bei Frau Dr. Grittner aus Markwart die Merkmalsbestimmung abgeguckt.
Inzwischen lebt der Apfelmann von seinen Ausstellungen in Menz und anderswo, von Vorträgen für kindliche und erwachsene Interessenten, von Baumbestimmungen, vom Baumbeschneiden und Kursen. Gern verteilt er auch Ratschläge zur Pflege: „Ein Baum braucht auch mal eine Schippe Kompost. Im Herbst die Rinde mit einer Drahtbürste bearbeiten und mit einem Kalkanstrich versehen. Der bekämpft Schädlinge und verhindert das Reißen der Rinde bei extremen Temperaturschwankungen, auch einen zu zeitigen Austrieb der Blüte …“ Und wenn einer noch einen alten Baum wünscht, womöglich einen auf dem platzsparend gleich zwei Sorten wachsen, dann verschafft er sich ortskundig junge Ruten und trägt sie zur Baumschule Fischer nach Lichterfelde (die für das „Genressourcen-Projekt Streuobst“ wirken), um den neuen, alten Baum aufpfropfen zu lassen. Die Nachfrage nach alten Sorten wächst, denn Jungbäume aus den Gartencentern, kommen oft genug auf den sandigen Böden der Mark nicht gut zurecht. Gesucht werden neben der alten Vielfalt widerstandsfähige Bäume, die mit den regionalen Bedingungen klarkommen. Wo er sie findet? „Ich habe für die Naturparks der Uckermärker und der Stechliner Obstkartierungen vornehmen dürfen, da kennt man die Ecken und Orte.“ Petra Elsner
Es lohnt nicht die Klausur 2022 fortzusetzen, ich bin einfach zu kaputt von einer heftigen Bronchitis, die mein schwaches Lungensystem herausfordert (PCR-Test ist negativ!). Das sogenannte Langszeitprojekt „Roman“ wird so auf eine Novelle eingedampft, zumal – ich finde, die Handlung ist auserzählt. Die Familiengeschichte „Die Zeit der weißen Wälder“ trägt autobiografische Züge mit frei erfundenen Zugaben. Zum Beispiel sind die Emilia und der Puppenspieler nicht existent. Dieser Text verhandelt die Frage nach den Wurzeln eigener Auf- und Umbrüche, den Umgang mit persönlichen Verlusten und dem kulturellen Erbe in Zeiten des Wandels. Im Blog wird sie nicht weiter vorgestellt. Überraschungen beim Bücherkauf sollten es ja noch geben. Der Rohtext ist seit heute Morgen fertig und geht jetzt in die häusliche Korrektur. Der Liebste macht die Erste. Dann wird sie etwas auf nachfolgende (mal nicht illustrierte) Kurzgeschichten für Erwachsene warten müssen, damit sie irgendwann zwischen zwei Buchdeckel gelangt. Frau sollte sich eben nicht verbiegen, sie ist zu hippelig und schreibt dichte Geschichten. Wenn ich Bücher lese, in denen der Autor die Handlung streckt, indem er detailverliebt die Kulissen beschreibt und damit Seiten schindet – nee, dit nervt mich nur. Mein Kollege Ecki Mieder meint immer, ich sei im Galopp durch meine Geschichten unterwegs. Na gut, isso 😊, das kommt von der Journaille, aus der ich ja stamme. Meine „Erziehungsmaßnahme Roman“ für etwas mehr Langsamkeit in meinem künstlerischen Treiben ist damit gescheitert… 😊, nicht schlimm, es bremsen ja zuweilen andere Vorkommnisse aus, beispielsweise eine Bronchitis …
Es ist mal wieder soweit – die KLAUSR 2022 steht an. Seit 2018 versenke ich mich alljährlich im Winter in eine mehrwöchige KLAUSUR für eine ungestörte Schreibzeit. Heißt, der Blog atmet ein Weilchen Stille. Aber Ihr wisst ja, man kann in der Zeit zurückgehen, mehr als 1795 Beiträge stehen hier online… sie erzählen aus meinem Leben, meinem künstlerischen Schaffen und meinen gesellschaftlichen Wahrnehmungen. Doch für größere Projekte braucht es Abstand zum Alltag. Ich will am Stück an meinem Romanprojekt „Die Zeit der weißen Wälder“ weiterschreiben. Seit Nikolaus pausierte das Projekt, weil die Weihnachtsfrau das Sagen hatte, aber jetzt… Ich bin dann mal weg, bleibt tapfer und gesund! Eure Petra
PS: Kommentare lese ich natürlich und beantworte sie auch.
Der neue Erzählband von Eckard Mieder ist auf der Suche nach dem Grund für die allgegenwärtige Müdigkeit und der Angst vor dem Zeitenwandel. Mit ruhiger Meisterschaft und zuweilen hübsch altmodischen Worten inszeniert der Dichter Kreuzfahrten durch die Abgründe der Seelen seiner Antihelden. Alle stehen im Zeitgestöber und stolpern geradewegs zu ihrem Wendepunkt. Bei der Stadt-Streunerin Ines findet der sich mitten auf einer belebten Straßenkreuzung. Im Polizeibericht heißt es dazu: „Sie ging nach hinten nicht und nicht nach vorne.“ Mieder denkt sich in das Desaster seiner Figuren und lässt den Leser wissen, wo es ins Ungewisse geht. Eine Stimme aus dem Off verrät uns „Das wissen wir nicht…“, und so erfahren wir auch etwas von den Zweifeln des Autors. Wie schon in „Der Lord geht noch einmal auf Sendung“ werden uns absurde und phantastischen Geschichten erzählt, die allesamt präzise das gesellschaftskritische Warum analysieren. Lebensweise und desillusioniert. Die eine schrumpft auf ihren Kern, bis sie verstummt. Ein anderer schaut teilnahmslos auf diese irre Frau, die ihn mit einer Waffe bedroht. Der Schneefall hinter dem Fenster hatte ihn mehr überrascht. Den Kindern des Ameisenvereins wachsen Ameisenköpfe – wohl als letzter Versuch Aufmerksamkeit zu erhaschen? Wahrscheinlich. Ein Aussteiger lebt als Eremit im Wald und begegnet unverhofft seinem früheren Ich. Realität oder Fieberwahr? Wir wissen es nicht. Und auch nicht, weshalb der Leser eines antiquarischen Buches, den Anmerkungen seines Vorlesers verfällt und plötzlich nach Oppenheim aufbricht, um diesen Leser kennenzulernen. Stadtgestalten, denen wir, wenn wir genau hinschauen, überall begegnen können. Irgendwo haben sie die falsche Kurve genommen, einen bizarren Richtungswechsel erfahren und wurden so zu Menschen, die das System ausspuckte. Eckhard Mieder hat sich ihrer mit feinem Gespür angenommen. (pe)
Nach hinten nicht und nicht nach vorne von Eckhard Mieder, ISBN: 978-3-89793-333-0, Verlag am Park, 208 Seiten, Softcover, 16 €
Sind Zwei im Zauberwald zwischen Klein Dölln und Kurtschlag spazieren gegangen, haben die Skulpturen von Siegfried Haase und Lutz Kittler in Augenschein genommen und gewiss über das Projekt „Überraschungswald“ oder auch „Kunstwald“ mächtig gestaunt. Eben dort, am Rande sind sie auch auf drei Märchen gestoßen. Schorfheidemärchen aus meiner Hand. Und weil sie so angetan waren, rief die Frau umgehend bei mir an und hat sich heute das Buch dazu aus dem Atelier geholt. So kanns gehen, kommt aber nicht so oft vor. Der kluge Wald ist eben kein Massenschauplatz, aber, es gibt ihn und Meister Haase werkelt immer weiter daran. Es ist ein Werden und Vergehen an diesem Ort, über den ich hier schon öfter erzählt habe (folge den Links, wenn es interessiert). Kunst im Waldlabor. Die Steine von Kittler und die Märchenplatten werden viel Zeit überstehen… 😊
Zwischen den Jahren hatte ich Besuch von meinem Qi Gong-Lehrer, der auch ein Dichter und Autor ist. Als er aufs Land zog, hatte er eine Kolumne im Nordkurier. In „Georgs Landleben“ bespöttelte er seine Ankunft auf dem Lande als naiver Ex-Berliner. Als er meine Schrägen Vögel-Cartoons sah, wusste er sofort, dit isses! Seine Kolumnen bekommen jetzt nach und nach von mir eine Schräge-Vogel-Illustration, das WAS und WIE war unser Gesprächsgegenstand im Atelier. Es sind ja nur 14 Texte (je eine A4-Seite), insofern wird es irgendwann einmal (alles offen) nur ein liebliches Broschürchen werden, aber Länge ist ja nicht gleich Größe… 😊. Oben seht Ihr nun die erste Illu, besser gesagt: die freistehende Vignette, die sein erster Text umspielen wird. Ich habe dabei keinen Termindruck, so können die Teile fließen, wenn Muße ist. Sowas bereitet dann nicht nur Arbeit, sondern ist macht echt Spaß. Habt einen schönen Sonntag alle miteinander!
Trübe, trist, dunstig, duster… auch dunkelschön – diese Januartage sind wieder die Tage der Nebelfee. Tropfengespinste, Schwadenwesen… Aber der Nebelfee habe ich schon eine Handvoll Geschichten gewidmet. Das reicht wohl, aber wie wäre es denn mit einem Klammhold oder Raureifelfe oder einer Pfützenspringerin? Daraus könnte was wachsen… Augenblicklich habe ich zwei neue Märchenplatten (wetterfestes Alu-Verbund) für den Lesegarten in Druckauftrag gegeben, die kommen nächste Woche an. Es werden dann sieben Geschichten am Efeu-Zaun am Blumenmond sein. Das ist eine gute Alternative zu den Märchenbannern in den Gartenstelen. Die aufzuhängen, macht körperliche Mühe und sie sind nicht für jedes Wetter geeignet. Die Banner mit den Schorfheidemärchen kommen so nur noch zum Einsatz, wenn es Voranmeldungen im Sommer gibt. Ist der schwindenden Kraft geschuldet…
Märchenplatten im Lesegarten, fast zugewachsen schon….
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