Freitag im Nebelkleid – das ist November, ein Fest für alle Mystiker. Eine Rüttelmaschine hat mich heute morgen vom Laken gerissen. Kinner nee, dit is nich die richtige Lautstärke… Wenn die ans Kopfsteinpflaster schrammt, denkste es ist Polterabend mit einer LKW-Ladung Bleikristall. Jetzt sind sie ein Grundstück weiter und es dröhnt nur noch dumpf. Als ich noch in Berlin Bornholmer/Ecke Schönhauser lebte, bin ich zuletzt nur noch Nebenstraßen gegangen, weil ich den Krach von Straßen- und Hochbahn und dem endlosen Autostrom nicht mehr ertragen habe. Ich bekam davon Atembeklemmungen und Herzstolpern. Vom Smog und Feinstaub will ich gar nicht erst reden. Aber seither bin ich empfindlich… Also heute nichts mit ausschlafen, aber es kommt ja Besuch und schließlich ist immer was zu tun…
Habt einen schönen Advent alle miteinander!
Morgenstunde (742. Blog-Notat)
Es taut und ich habe wieder satte 11 Stunden geschlafen, es braucht wohl noch. Den Schnee hätte ich mir schon noch bis zum kommenden Wochenende gewünscht, denn der 1. Advent wird (so uns nicht eine Seuche Hausarrest verordnet) in unserem Schorfheidedörfchen sehr stimmungsvoll begangen. Diesmal gibt es vorweihnachtlichen Jazz in der Kirche und anschließend das romantische Adventssingen unter der Tanne am Feuer und mit Glühwein auf der Bleiche am Döllnfließ, mehr braucht es für mich nicht. Am Wochenende kommt auch eine alte Freundin, die das Privileg bekommt, im Atelier zu schlafen. Wir bereiten also das Häuschen auf zweitägigen Zuwachs vor… Der Adventsstrauß im Schlaf- und Bücherzimmer ist seit gestern gerichtet. Mit Klöppelsternen und erzgebirgischen Holzschmuck, wie jedes Jahr. Die Ausstattung hat Jahrzehnte gebraucht: Die Klöppelsterne hat die Schwiegermutter eigenhändig gefertigt. Da gab es jedes Jahr zwei, drei Teile und die Hängerchen stammen von unseren Weihnachtsmarktbesuchen in Annaberg oder Schneeberg. Die Erinnerung, dort mit den Eltern alljährlich gewesen zu sein, bleibt uns. Dieser Advents-Weihnachts-Strauß wurde, seit wir in diesen kleinen Katen gezogen sind, immer zum Platzproblem, in der Wohnküche geht’s gar nicht, aber seit der Imkergatte das Honiglager neben den Büchern hat, geht’s obendrauf…😊 So langsam wird also das Weihnachtshäuschen. Beim Licht sparen wir diesmal etwas, aber nicht ganz…
Morgenstunde (741. Blog-Notat)
Die erste Schneezeit lag sonntags im Dämmerlicht. Nach dem Schneefegen hat es mich für zwei Stunden aufs Sofa gerafft, aber das war nur die Vorspeise für die Nacht, aus der ich Montag erst um 11:45 Uhr erwachte. Echt erschrocken. 13 Stunden am Stück und ich hätte weiterschlafen können. Aber ich wollte doch noch einmal nach dem Schnee sehen, draußen, im Garten lag eine Zauberwelt. Zur Wochenmitte soll die Pracht schon wieder tauen und weiß schon, wann es den nächsten Schnee gibt… also: Schauen. Die Schläfrigkeit drängte mich zurück ins Haus. Mit Ferdinand von Schirachs „Nachmittage“ und Tee auf das Sofa, so langsam hab ich mich dabei gerappelt und das Buch ausgelesen. Der Schriftsteller gilt als „Meister der kleinen Form“, die ich auch bevorzuge. Nur beim Lesen all seiner Geschichten, Notizen, szenischen Skizzen, bohèmen Episoden, worin es immer um Liebe und Tod geht, spüre ich den gewissen Unterschied: Seine Weltgewandtheit, die mir schon herkunftsmäßig fehlt. Ist nicht aufzuholen und mein Ehrgeiz hält sich inzwischen in Grenzen. Schirachs atmosphärische Ortsbeschreibungen ließen mich genüsslich mitreisen, staunend auf dem Sofa. So ist das mit manchen Büchern am Nachmittag und dann holt mich, bei einer nicht so dichten Geschichte, die Müdigkeit wieder ein. Bin wirklich abgelaufen… Zum Abend war der Liebste aus dem Erzgebirge zurück, mit Tannengrün für die Adventszeit von einem Gärtner mit Waldbesitz. Herrliche Zweige für schlichte 9 €, hier so kaum zu haben. Er konnte von gutgelaunten Eltern erzählen, das tat uns beiden gut, gerade mal kein Kummer, sehr schön.




Morgenstunde (740. Blog-Notat)
Eine Blüte wehrt sich noch im Sonntagsschnee. Vor einer Woche war das Weinlaub noch samtgolden… Aber das passt alles zum Totensonntag, zur inneren Einkehr, zum Ausruhen. Ich spüre gerade, wie belastend die letzten Wochen waren, dieses Abfallen eines Berges macht Muskelkater, innen und außen. Da kommt mir so eine stille Schneezeit gerade recht. Ich kann mich versenken und meiner Toten gedenken. Mit der grünen Fotokiste auf dem Sofa. Bitte nicht stören…Der Liebste ist zu seinem Vater aufgebrochen, da ist das Möbel gerade mal frei 😊. Ich suche mir ein Wohlfühltempo für diesen Tag, macht es Euch schön derweil!
Eine Geschichte entsteht…
Öffentliches Schreiben:
Der Elfenschrat (2)
… „Oh, bist du der Elfenschrat, über den man in diesem Haus so oft spricht?“ Das Auge blinzelte, als wollte es nicken. „Weißt du, wie man dich aus diesem Holz befreien kann?“, fragte Hermine aufgeregt. Leise knarrte nun die Stimme aus dem Holz: „Du musst im Morgengrauen, kurz vor Sonnenaufgang, in den Garten gehen, um dort deine Augen, deine Ohren und dein Herz zu öffnen. Nur so kannst du die wundertätigen Elfen sehen und sie bitten, mich aus diesem Bann zu befreien.“
„Oh, ich bin dort draußen noch nie einer Elfe begegnet, bist du sicher, dass du dich da nicht irrst?“
„Mit einem Zweifel wird das nichts, es geht nur mit offenen Sinnen. Mich hast du doch auch entdeckt“, raunte der Elfenschrat und schloss müde das Auge.
Hermine stieg zurück in ihre Dielenunterwelt, steckte sich die buntkarierten Kopfkissenzipfel in die Ohren, um das Knarren zu dämpfen. Jetzt halten die Elfen sowieso Winterschlaf, dachte die Hausmaus. Vor dem Frühling würde sie dem Elfenschrat nicht helfen können. Während sie den Gedanken mit in ihren Traum nahm, flüsterte ihr die Stimme aus dem Holz hinterher: „Winterschlaf? Was für ein Unsinn! Die Welt der Elfen hat nichts mit der realen Zeit zu tun. Geh‘ hinaus in den Winternebel und sieh‘ genau hin.“
Am nächsten Morgen versank der Tag im dichten Nebel. Hermine lief hinein und versuchte etwas zu entdecken, Nein, sie sah nichts, aber sie spürte etwas. Nur was? Die lebendige Natur, die immer nach Heilung strebt. Und Hermine sprach mit großem Herzklopfen: „Hast du den Elfenschrat vergessen? Er steckt in der alten Eichentür und kann seit hundert Jahren nicht heraus. Bitte hilf ihm!“ Da knisterte und funkelte der Nebel und strömte auf das Winterhäuschen zu, kroch durch die Ritzen und weichte den Elfenschrat aus dem Holz. Kaum später trug der milchige Schwaden den alten Elf mit sich hinaus in den dunklen Wald, aus dem man manchmal sein knarrendes Lachen hört.
© Petra Elsner
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Eine Geschichte entsteht…
Öffentliches Schreiben:
Der Elfenschrat (1)
Das Winterhäuschen knarrte und knisterte im ruppigen Novemberwind, und die Türschwelle wuchs wieder ein bisschen in der kalten Feuchte. Dadurch knarrte das Türöffnen so mächtig, als wollte ein Elfenschrat dem Holz entspringen. Einer, der schon hundert Jahre in dem Holz wohnt und darüber klagt. Plattgeschlagen von einer alten Eiche im Schorfheidewald. Er hatte den Waldarbeitern beim Baumfällen und Köhlern zugeschaut, und just, als diese Eiche fiel, war er nicht achtsam genug. Da hat es ihn hineingepresst in dieses Holz – auf Ewigkeit. Immer, wenn es Winter wird, jammert der Elfenschrat besonders laut aus diesem Holz.
Wenn ich sein Abbild finde, kann ich ihn vielleicht erlösen, dachte sich die Hausmaus Hermine unter den Dielen, denn dieses Schrammen war ihr einfach zu laut.
Sie kroch durch das Loch neben dem Heizungsrohr in die Oberwelt und besah sich die schnarrende Pforte. Es war tiefste Nacht, längst schliefen die Hausbewohner tief und fest, nur Hermine konnte kein Auge schließen. An einer Fuge kletterte sie aufwärts und besah sich Schritt für Schritt die Maserung der alten Eichentür. Irgendwo muss es ihn doch hineingepresst haben. Eine Mausbreite aufwärts, eine Mausbreite abwärts und so weiter, Stückchen für Stückchen hangelte sie sich auf und nieder. Die Maus kam ins Schwitzen, doch sie hatte gerade erst die Hälfte der Tür genau inspiziert, als es plötzlich kicherte. „Nicht, das kitzelt doch!“ Hermine hielt inne und kletterte vorsichtig ein paar Schritte zurück: „Wo steckst du?“ Offenbar war sie zu nahe dran, um gut zu sehen. „Hi, hi, hi, hi.“, kicherte es wieder, und Hermine entdeckte ein uraltes Auge, das schlaff blinzelte…
Eine Buchbesprechung
Dorfkreuzung mit Regulierer
Dreizehn traumschattierte Gedichte versammelt das stilsicher handgedruckte Bändchen von Frank Martens. Seine poetischen Blicke in die Kindheit spiegeln Lebensgefühl, Klang und Farbe von Heimat, bevor er heranwachsend entdeckt: „das Wort wächst mir als stachliges Blatt“. Martens Gedichte erzählen uns kleine Geschichten vom Wahrnehmen: Von „rauschenden Kiefernwellen in träger Brandung“, von „der staubigen Kehle des Sommers“, von den Finsternissen im Kinderzimmer „schwarze und langsam schwenken Kastanienfinger“, von Vorkommnissen auf der Dorfkreuzung und von der Magie der Langsamkeit der Zeit in Golzow (Potsdam-Mittelmark). Ein feines Nachspüren, als wollte der Autor jene Zeit noch einmal vermessen. Dazu passt wunderbar der grafische Landkarten-Einband, deren Gestaltung Ute Langner übernahm. „Dorfkreuzung mit Regulierer“ ist 2022 in limitierter Auflage bei Eidechsen Presse Krohnhorst erschienen, ein stimmiges Buchkunstwerk ist es allemal. Für 13 € ist es direkt beim Autor unter: 039886 340062 zu haben.
Petra Elsner
Weiteres über Frank Martens siehe hier:
Morgenstunde (739. Blog-Notat)
Klappe zum Dachgeschoss zu…und wärmer ist’s, auch wenn es schlagartig dunkel im Flur ist. Das alte Lehmhäuschen sitzt eine Stufe tief im Boden, das wärmt auch. Die Altvordern wussten offenbar, wie man die Wärme optimal im Haus hält. Im OG lagerten sie vor Zeiten das Heu. Das mit der Treppenabdeckung haben wir uns einfallen lassen, denn der Hausgiebel ist nur ein Stein breit… Trotzdem müssen wir bald wieder Heizöl kaufen. Beobachten gerade einen leicht sinkenden Ölpreis, nur nicht gleich zuschlagen. Das Ganze ist momentan ist ein bisschen wie Pokern, denn wenn wir zu lange warten, steigt er vielleicht wieder… aber noch zucken wir nicht. Es geht schließlich um Hunderter ☹. Das Leben im Winterhaus beginnt jetzt…
Morgenstunde (738. Blog-Notat)
Alles zurückgerahmt, von den Ausstellungsblöcken in kleine Rahmen. Die Kraftzeichen in der untersten Reihe bekommen nachher einen Platz an der Wand. Die schrägen Vögel liegen wieder unter Glas auf den Arbeitsplatten. Nur der Märchenillu-Block kann so bleiben, über den Winter werde ich zehn, zwölf solcher Märchenblöcke für eine kleine Ausstellung vorbereiten, in der es nur um Buchillustrationen geht. Die Originale verschwinden seit Jahren nach dem Buchdruck unbeachtet im Zeichenschrank, ist doch schade drum. Mal sehen, wer sie haben will – die Ausstellung.
Morgenstunde (737. Blog-Notat)
Morgens unterwegs. Die offene Weite vor der Stadt ist noch diesig. Aber immer noch Farben sind in der Landschaft und mildes Licht. Das Laub hat seine Strahlkraft verloren und gegen ein Seidenmatt eingetauscht. Auch schön. Ich kann mich nicht erinnern, je einen so lichten November erlebt zu haben. Der Verkehr in Berlin war wieder irre und ich bin froh, mitsamt der kleinen Präsentation wieder in unserem Walddorf zu sein. Es hat sich übers Wochenende gezeigt, dass der Olympiapark doch zu abgelegen lag. Kaum Besucher und die Veranstalter hadern nun etwas mit der Ortswahl, aber nun ist’s gelaufen. Hochanständig fand ich heute beim Einpacken, dass man uns Kilometergeld angeboten hat. Und überhaupt, am Freitag bin ich beim Aufbau sehr herzlichen Menschen begegnet, vornehmlich Volleyballerinnen. Ein Füreinander war da deutlich spürbar und noch etwas – die Mannschaftsportarten bringen Freundschaften für Leben hervor. Leute wie ich – Schwimmer (damals) – waren/sind Einzelkämpfer, Kachelzähler 😊. Aber nun ist genug mit dem Ausflug in die Vergangenheit, das Leben geht weiter…