Fotoprojekt „Vier Jahreszeiten“

Bild 5: Kopfweide im MAI 2023
Meine Beteiligung am  Projekt von Royusch

Das Fotoprojekt „Vier Jahreszeiten“ betrachtet fotografisch immer das gleiche Motiv im Jahresverlauf. Allein die Verwandlung durch die Zeit ändert es. Ich habe mich für meine Kopfweide entschieden. Sie ist der erste Blickfang in unserem 140 Meter langen Landschaftsgarten.
Anfang Mai treibt die Kopfweide wieder neu, aber dieses Jahr war es lange im April zu kalt, da war der Baum offenbar noch ein bisschen vorsichtig und deshalb poste ich mein Mai-Bild etwas später, damit man den schönen Austrieb auch erkennen kann. Ein Köpfchen treibt allerdings nicht. Es waren Ameisen in sein Holz eingezogen, mal sehen, ob er noch zu Leben erweckt werden kann.
Das Weidenthema hat mich oft in meiner Geschichtenwerkstatt berührt. Diesmal ist die Leseprobe ein Ausschnitt aus meiner Fantasy-Geschichte „Der Schatz der Baumriesen“:
Der Läufer kam nur mühsam voran. Ohne den Hirsch versank er knietief im Schnee, und war sehr bald erschöpft. Er hatte keinen Dörrfisch mehr, er musste unbedingt Nahrung finden. Nur wo? Ihn umgab das schier endlose Weiß. Aber dort vorn, bei den Weidenbäumen, da könnte ein Flusslauf sein, hoffte der Suchende und lenkte seine Schritte dorthin. Es schneite wieder und der Blick versank im endlosen Nichts. Melchor zählte jetzt die Schritte, damit er wusste, wie weit er vorwärtskam. Hundert Meter, zweihundert. Dann endlich tauchte schemenhaft die Baumzeile vor ihm auf. Wirklich erleichtert, fand Melchor hier ein schnelles Wasser, in dem Forellen sprangen. Mit den Händen war der junge Mann flink genug, bald eine zu erhaschen. Er schnitt ein Weidenbündel und baute sich ein trockenes Lager. Darauf hockte er nun und briet sich den Fisch. In seinem Bündel suchte Melchor nach einem Salzbeutel, dabei erfasste er die Kugel und hielt sie ins Licht. Sie strahlte wie ein Sonnenball zur Abendstunde, und ganz langsam taute der Schnee von den Weiden und sein Lagerplatz war beinahe grün. Melchor sah sich verwundert um. Dort, wo die Kugel das Licht traf, ging der Winter, langsam, aber er verschwand. Als der Morgen kam, fand der Läufer eine grüne Gasse vor, über die er wie auf einen Teppich schritt. Die Kugel brauchte Zeit und Licht, um sich zu entfalten. So bahnte sie für den Laufenden nur eine schmale Gasse. Aber im Land der Baumriesen eingetroffen, vertrieb die Feuerkugel sogleich Eisas messerscharfe Winde, und das Eis schmolz….

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Fotoprojekt „Vier Jahreszeiten“

Bild 4: Kopfweide im April 2023
Meine Beteiligung am  Projekt von Royusch
Das Fotoprojekt „Vier Jahreszeiten“ betrachtet fotografisch immer das gleiche Motiv im Jahresverlauf. Allein die Verwandlung durch die Zeit ändert es. Ich habe mich für meine Kopfweide entschieden. Sie ist der erste Blickfang in unserem 140 Meter langen Landschaftsgarten.

Aprilweide

Und für alle Lesefreudigen: Das Weidenthema in einer meiner Fatasy-Geschichten – eine Auszug aus “Das Nebeltor”:

… Etwas knisterte dort. Einen Augenblick später begann es zu regnen und das Mondlicht erlosch. Aus dem Knistern wurde ein Prasseln. Flora war im Nu klitschnass und der Regen wurde immer noch stärker. Im nachtblauen Dunst entdeckte sie, unweit entfernt, die Schemen einer knorrigen Weide, die sie ächzend zu rufen schien. Dorthin hastete sie schutzsuchend. Schlamm spritzte dabei von ihren Sandalensohlen kniehoch. Die letzten Meter rutschte Flora förmlich auf den alten Weidenbaum zu. Schnaufend stand sie schließlich davor. Der Stamm der Weide war in der Mitte weit aufgebrochen. In diesen moosbedeckten Hohlraum flüchtete sich Flora. Drinnen schien es ihr, als wollte sie der alte Baum mütterlich umarmen und wärmen. Das zitternde Mädchen sank in die Hocke und wartete. Langsam nahm das trockene Moos die Nässe ihrer Kleidung auf und Flora fror bald schon nicht mehr. Die Zeit schien weiter zeitlos zu sein. Flora verspürte keinen Hunger und auch keine Müdigkeit. Was für ein Rätsel, wunderte sie sich im Dunkel der Höhle. Um die Weide wehte eine traurige Weise und Flora dachte, hier kann das Quellwasser der Freude nicht wohnen. Aber warum bin ich hier? Sie lauschte dem nachlassenden Regenlied, bis nur noch wenige Tropfen fielen. „Das Regenland hat viele Kräfte, du musst dich für eine entscheiden“, murmelte leise die Weide.
Flora wunderte sich kein bisschen darüber, dass der Baum mit ihr sprach. Sie hörte auf das, was die Weide sagte, denn nur das würde sie ein Stück weiterbringen. „Bin ich im Regenland?“  „Ja“, antwortete die Weide. „Das Regenland ist das Land der Feuchte, der alles entspringt. Jedes Leben und jedes Gefühl. Sieh, dort fließt ein immerwährendes Rinnsal, das schon einen See durchschwommen hat und darin Kraft aufnahm. Es wird gleich in den sternförmigen See fließen, um weiter zu wachsen und bald zu dem Strom anzuschwellen, der dem Land den Namen gab.“
„Die Ucker hat hier ihre Quelle?“
„Nicht genau hier. Wenn du dem Weg der Unzerbrechlichen folgst, kommst du direkt in ihr Quellgebiet. Aber dorthin geht man besser über Umwege“, murmelte die Weide bedeutungsvoll.
„Welche Umwege?“, fragte Flora in die Nachtstille, aber die alte Weide schwieg…

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Fotoprojekt „Vier Jahreszeiten“

Foto vom 1. März 2023.

Bild 3: Kopfweide im März 2023
Meine Beteiligung am  Projekt von Royusch

Das Fotoprojekt „Vier Jahreszeiten“ betrachtet fotografisch immer das gleiche Motiv im Jahresverlauf. Allein die Verwandlung durch die Zeit ändert es. Ich habe mich für meine Kopfweide entschieden. Sie ist der erste Blickfang in unserem 140 Meter langen Landschaftsgarten.

Anfang März steckt der Nachtfrost noch in der Erde. Nun ist die Kopfweide vollständig beschnitten und ein paar Ruten wurden zu Weidenzaunblenden und Windspielen. Körbe kann ich daraus leider nicht binden, denn es ist eine Bruchweide, eine eher wenig bekannte Art (Salix fragilis).

Windspiel
Eine Woche später, am 6. März: Schnee.

Unter den Schichten der Zeit
lauert die Erinnerung
und nagt an der Jetztzeit.

Für alle, die es märchenhaft lieben:

In den Weiden                                                             

Die alten Weidenbäume am Plattenweg flüsterten im Wind, und säuselten ein Schauerlied  von der Zeit, als zum Gut Fergitz noch königliche Reiter durch die Niederungen preschten. Wegen der jungen Hexe und ihrem eiligen Prozess. Die geköpfte Magd von 1701. Dem melancholischen Mädchen warfen die Eiferer vor, der Teufel solle ihr Geld und einen Kürbis gebracht haben. Aber ein Schadenzauber war der 15-Jährigen nicht nachzuweisen, und doch wurde sie enthauptet. Die Weiden munkelten auch, der Geist von Dorothee Elisabeth verströme sich noch in den weiten Wiesen. Der riefe mit einem Farbenrausch aus rotem Mohn, weißen Margeriten und dem Kornblumenblau nach einem Mann, der der Ruhelosen in der Johannisnacht Trost zuspräche. Die Weiden hören diesen Sehnsuchtsruf jedes Jahr.
Es war ein Schelm, der den Weiden in dieser Zeit die Köpfe stutzte. Dieser Baum sah aus wie eine geduckte Eule, der nächste wie ein sich bückendes Hexlein und der übernächste wie ein rucksackbeladener Wanderer. Geheimnisvolle Gestalten, die erst in der Dämmerung ihr verborgenes Leben preisgaben. An den alten Schnitten vermorschte das Holz, und dort bildeten sich nach und nach kleine Höhlen. Manche wundersam vom Gundermannkraut umwunden, andere klafften weit offen, wie vom Blitz gespalten. An diesen erdigen Orten hausten nicht nur Käfer.  Vögel brüteten in den Weidenköpfen, und die Wiesenfeen hielten hier ihren Winterschlaf. Das wusste Robert. Der mittellose Bildhauer war es, der die Bäume im Januar  beschnitt. Der köpfte sie nie ganz, sondern beließ ihnen einige Gestalt gebende Ruten. Robert hatte einmal bei dieser Winterbrotarbeit den Höhlengang eines schlafenden Flügelmädchens aufgeschnitten. Er sah es in dem Fluss der Kälte schlottern. Da stopfte der wortkarge Mann das Loch rasch wieder mit Moos zu und schmunzelte überrascht in seinen borstigen Graubart. Etwas Unerklärliches war ihm ins Herz gefahren. Er hatte den ganzen  Feenkram nie geglaubt,  aber nun wollte er sie im Sommer auch tanzen sehen. Das Raunen der Weiden verstand er an diesem Wintertag noch nicht.
An einem späten Juniabend stolperte der Bildhauer blubbernd aus dem Dorfkrug. „Anschreiben ist nicht mehr“, schimpfte ihm der Wirt hinterher und zog die Eichentür fest ins Schloss. Robert kratzte sich verlegen den Schopf und dachte bei sich, herrje, ohne Moos nix los. Aber vielleicht doch? Er schwankte  trunken durch die milde, helle Sommernacht hinaus in die Weite. Sein Kopf dröhnte schwer vom Wein, als ihm irgendeine ungeheure Stimme um die Ohren schlich: „Hilf mir! Geh nicht weiter! Sag mir ein tröstendes Wort, dann kann ich endlich fort.“
Robert wedelte mit den Händen vor seinen Ohren, um den Spuk zu vertreiben. Er fürchtete erschrocken das Erwachen der Weidengeister. Schon als er Kind war, hatten die Alten im Dorf von  toten Seelen in den Kopfweiden gesprochen. Sie seien Treffpunkte der Hexen und Wasserwesen, schoss es ihm durch den vernebelten Sinn.  Wieder tönte der Hilferuf. Der Mann schüttelte seinen Kopf, der vom Schreck etwas nüchterner ward. Dann sprach er mit jenem Baum, den er als sich bückendes Hexlein beschnitten hatte: „Was jammerst du, Weidenhex?“’
Da raunte es aus dem morschen Holz: „Ich bin es nicht, es ist der ruhelose Geist der kopflosen Dorothee Elisabeth.“
Und abermals jagte es dem Mann um die Ohren: „Hilf mir! Geh nicht weiter! Sag mir ein tröstendes Wort, dann kann ich endlich fort.“
Robert ließ sich ins Gras fallen, verstummte kurz und sprach dann leise in die Nacht: „Deine Geschichte hatte ich fast vergessen, aber ich verspreche dir, dass ich dich fortan in meinen Gedanken behalte.“ Spricht es und sinkt in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Die Morgensonne badete den Tag, als der zerknautschte Zecher im Gras erwachte. Etwas wisperte, und er lauschte ihm nach: Da sah er sie, die tanzenden Feen, und er hörte sie flirrend singen: „Das Hexlein ist davon. Mit Kopf und allen Gliedern ist es entschwebt und kehrt nie wieder als Geist an diesen Ort.“
P.E.

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Fotoprojekt „Vier Jahreszeiten“

Bild 2: Kopfweide im FEBRUAR 2023
Meine Beteiligung am  Projekt von Royusch

Das Fotoprojekt „Vier Jahreszeiten“ betrachtet fotografisch immer das gleiche Motiv im Jahresverlauf. Allein die Verwandlung durch die Zeit ändert es. Ich habe mich für meine Kopfweide entschieden. Sie ist der erste Blickfang in unserem 140 Meter langen Landschaftsgarten.

Der Weidenschnitt im Februar.

Ja, man hat mich schon oft belehrt: So beschneide man Kopfweiden aber nicht. Ist mir egal, denn so beschnitten, ergibt sie auch in der kahlen Jahreszeit eine gute Figur als eine Art Baumskulptur. Sie unterstreicht, das mystische Wesen der Weiden. Den Legenden nach, boten sie Elfen und Kobolden Lebensraum. Erst sehr viel später wurde die Weide als Hexenbaum beschimpft, wegen der Wünschelruten und all dem heilenden Zauber, der in ihr steckt. Weidenrinde galt als Schmerzmittel, Weidenblüten helfen gegen Verbitterung. Weidenspäne benutzt man zum Räuchern. In der Mythologie steht die Weide für Demeter, der Göttin der Erde.  Die Ahnen glaubten, dass die Weide für Widergeburt der Natur steht und Inspiration und Heilkraft symbolisiert und auch, dass sie dem Menschen Krankheiten abnehmen könne. Dieser Baum schenkt Kraft und Harmonie.

Und nun: Fortgang der KLAUSUR 2023

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Fotoprojekt „Vier Jahreszeiten“

Immer mal wieder ruft einer der Blogger, denen ich folge, zu Jahresbeginn ein Fotoprojekt aus, an dem man sich beteiligen kann. 2017 und 2018 hatte ich mich zuletzt an solchen Projekten (siehe unter Aktion 12 Monate: Bleiche am Döllnfließ und Das Immerwiederkehrende) beteiligt, danach war es nur ein Beobachten der anderen. Gestern entdeckte das Projekt von Royusch und entschied mich spontan mitzumachen. Das Fotoprojekt „Vier Jahreszeiten“ betrachtet fotografisch immer das gleiche Motiv im Jahresverlauf. Allein die Verwandlung durch die Zeit ändert es. Ich habe mich für meine Kopfweide entschieden. Sie ist der erste Blickfang in unserem 140 Meter langen Landschaftsgarten. Die Weide habe ich vor 14 Jahren aus einer kleinen Rute gezogen. Es war nur ein Stöckchen von einem Spaziergang durch die Wiesen am Döllnfließ entlang.

Bild 1: Kopfweide im JANUAR 2023
Dies ist der Januar-Blick auf die Weide in triefender Nässe. Normalerweise ist sie zu dieser Jahreszeit längst beschnitten, aber das haben wir im letzten Herbst einfach nicht geschafft. Es wird in den nächsten Wochen schon werden…

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