Kurtschlag (pe). Herbstzeit ist Kürbiszeit, und die wird in Kurtschlag seit zehn Jahren gefeiert. „Wer hat den dicksten, wer hat den kleinsten Speisekürbis?“ heißt es, wenn am 1. Oktober 2016 der Kürbiskönig oder die Kürbiskönigin gekürt wird. Ab 15 Uhr steigt in und an der Gaststätte „Mittelpunkt der Erde“ das dörfliche Herbstfest mit allerlei Köstlichkeiten rund um die üppige Frucht. Zum Programm gehört wie immer ein Quizz und das Herbstliedermitsingen mit dem Dorfspatzen Kalle Hörning. Die Kurtschlager Mädchen Oonjai und Kim üben schon ein Weilchen für ihr spezielles Gesangssolo. An den Ständen gibt es Pflanzen- und Sämereien der Freizeitgärtner, Garten- und Hausdekoartikel, Honig, regionale Postkarten und Literatur. Auf die kindlichen Besucher warten Kürbisschnitzen und der Bau einer Laterne, die zum Martinsfest am 12. November zum Einsatz kommen kann.
Gastgeber ist der örtliche Kulturverein, der mit selbst gebackenen Kuchen und leckeren Kürbis-Spezialitäten aufwartet. Das Schorfheidedorf am Döllnfließ freut sich bis 17.30 Uhr auf zahlreiche Besucher auch aus der Nachbarschaft. Der Eintritt ist frei.
Heute gibt es mal wieder einen kleinen Nachtrag aus dem echten Dorfleben im Schorfheidewald:
So mancher Zufallsgast, der am 3. Oktober unser Kürbisfest in Kurtschlag besuchte, sprach aus, was er dachte: „Ach, so klein?“ Und ich dachte bei mir: Hallo, welche Vorstellung weckt eigentlich die Ansage „heiteres Familienfest“ oder „dörfliches Herbstfest“? Die von einem Riesenklamauk mit 1000 Besuchern oder gar mehr? Ein großes Marktgeschehen lässt vielleicht einkaufen, mit allem, was man sich vorstellen kann. Aber für ein Dörfchen mit schlapp 300 Einwohnern? Hier legt man noch selbst etwas auf, mit begrenzten Mitteln, dafür mit allen Talenten. Das muss man/frau erst einmal hinbekommen. Zumal naturgemäß die, die es leisten in den Dörfer immer weniger werden. In der herbstlich geschmückten Gaststätte “Mittelpunkt der Erde“ gab es zu guter Letzt keinen Stuhl mehr, um die leckere Kürbissuppe und den feinen Kuchen der Dorffrauen zu verspacheteln. So saßen die Älteren und schauten zu, wie die Kinder Kürbisgesichter schnitzten und selbst gestrickte Socken, Kunstgewerbe, Herbstblumenschmuck, Ansichtskarten … und Honig den Besitzer wechselten. Ganz emsig wurde an Johannas Bäume-Quiz gerätselt. Kalle stimmte mit seiner Gitarre Herbstlieder an und alle lauschten den Gedichten, die Sieglinde wunderbar und gekonnt vortrug. Es war ein beschauliches, leises Fest, eines, das dem Gast entschleunigte Gemeinschaftszeit schenkte – eine Rarität. Die allenthalben anzutreffende Erwartung: „Immer schneller, höher, weiter“ kann in Zeiten des demografischen Wandels auf dem flachen Lande nicht gelten, sondern vielleicht eher: „Macht euch glücklich, aber überfordert euch nicht.“ Das haben die Veranstalter des örtlichen Kulturvereins versucht: Mit einem von Cordula toll geschmückten Erntewagen, mit einer Handvoll Marktständen und dem lustigen Kürbiswiegen. Satte 31 Kilo wog die Siegerfrucht. Vielleicht sind die dicksten Dinger anderswo schwerer, aber dieser hier wuchs im mageren Schorfheidesand. Rund 80 Leutchen guckten am 3. Oktober 2014 zu, als Mani mit den Gewichten an der Dezimalwaage hantierte. Schnell war klar, die dickste Beere brachte Jürgen Steddin zum Fest und wurde mit ihr zum dritten Kurtschlager Kürbiskönig gekürt. Sichtlich erfreut, hievte er fürs Foto den großen Bauernkürbis noch einmal ins rechte Licht. (pe)
Als mein Liebster begann, Bienen zu züchten, schenkte mir Frau Jesse, die Chefin vom Imkereihandel Berlin, eine Flasche Met. Ich hatte keine Ahnung, auf welchen Schreck hin ich den trinken sollte. Jetzt weiß ich es: Auf das Los der Imkerfrauen, die nie mehr Sommerurlaub haben, denn von April bis Oktober gehört der Mann den Bienen.
Es ist der erste Hochsommertag des Jahres 2014, Dienstag, der 20. Mai. An diesem Morgen musste mein Liebster für ein paar Untersuchungen abermals ins Krankenhaus einrücken. Ich hatte mir gerade einen Pott Kaffee eingeschenkt und wollte vor der Arbeit im Atelier einen entspannenden Gartenrundgang unternehmen, als es plötzlich an der Waldkante sehr laut wurde. Tausende Bienen starteten zu einer Wolke auf, die mit unglaublichem Getöse drei, vier Meter hoch über dem Grundstück stand. Es sah aus, als wäre die Luft von Bienen geschwängert. Die Wolke löste sich nach einer Handvoll Minuten in fünf Schwärme auf, die sich so nach und nach in den Obstbäumen der angrenzenden Gärten niederließen. Mein Herz klopfte, und ich dachte: Schöne Bescherung – und der Imker nicht daheim!
Nun ist es ja so, dass schwärmende Bienen, weil sie keine Brut und keinen Honig zu verteidigen haben, nicht stechen (so sie nicht geärgert werden). Aber so einen Schwarm im Apfelbaum, findet nicht jeder Nachbar prickelnd. Also was tun? Hatte ich nicht heute Morgen Manni auf dem Damm gesehen? Der könnte vielleicht sich den einen oder anderen Schwarm aus der Landschaft pflücken, bevor sie auf nimmer Wiedersehen im Schorfheidewald eine Baumhöhle beziehen.
Ich hatte Glück, Manni hatte in diesem Frühjahr aus Liebhaberei mit dem Imkern begonnen und spielte gerade mit dem Gedanken, sich Königinnen zu züchten, um weitere Ableger zu bilden. Das braucht er nun nicht mehr, denn er hat nach einem aufregenden Tagewerk fünf prächtige Schwärme in seinem Garten und eigentlich sollte er nun seiner Frau eine Flasche Met schenken (lassen) …
Männer sorgen gelegentlich für dramatischen Auftritte. Beispielsweise wenn sie schwächeln und ein Arztbesuch dringlich wird. Mein Liebster gehört zu jener Spezies, die selbst mit stolperndem Herzen erst im letzten Augenblick Einsicht zeigt und sich den Notwendigkeiten ergibt. Da kann es schon mal vorkommen, dass Frau Doktor den Süßen umgehend ins Krankenhaus schickt, und ich verlassen mit dem alten, roten Auto in der Landschaft stehe. Mit fliegenden Augen: Wo sind die Blinker, wo das Licht? Das letzte Mal hab ich vor drei Jahren auf dem Fahrersitz gesessen – einmal nur nach der erfolgreichen Fahrschule … Wie komme ich jetzt hier weg und wie weiter? Das Notizbuch mit den Dorftelefonnummern habe ich nicht dabei. Kurtschlag hat, obgleich zu Zehdenick gehörig, kurioserweise ein Templiner Vorwahl, so kann ich nicht am ärztlichen Tresen im örtlichen Telefonbuch suchen. Da fällt mir Kerstin von der Fahrschule Günther ein. Wollte eh‘ Auffrischstunden nehmen, damit ich mich endlich mit dem alten Auto zu fahren trau‘. Jeder hat so seine Macke, mich plagt eine diffuse Fahrangst. Kerstin kommt zwei Hände voll Minuten und bringt mich – völlig aufgelöst – erst einmal nach Haus. Schnauf. Wir verabreden Fahrstunden. Aber wie nun weiter? Kurtschlag ist kein Dorf mit Bahnanschluss … Es sind die Nachbarfrauen und – männer, die mir in den nächsten Tagen beistehen und mich befördern. Fahrten ins Granseer Krankenhaus, um nach dem Liebsten zu sehen … Zu allen Überfluss standen am Wochenende die „Offenen Ateliers“ an. Unsere Einladungen waren raus – die Aktion lief an, war einfach nicht mehr zu stoppen. Schlussendlich ersetzten die fehlende Männerhand unberufene Dorfhelfer. Viele sprangen mir selbstlos hilfreich zur Seite – beim Zeltaufbau und Möbelrücken, mit einem Kuchen, einem beherzten Wort … So konnten Atelier und Lesegarten am ersten Maiwochenende rund 120 Menschen empfangen. Man sagt, es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen. Ich setze dem mal einen Spruch hinzu: Wer von einem Dorf beschützt wird, der kommt durch jede Zeit. Habt alle vielen, vielen Dank!
Gesundes neues Jahr Euch allen und Friede auf Erden!
Wir erlebten unerwartet zauberhafte, nächtliche Begegnungen. Unser Nachbar hatte sein mobiles Lagerfeuer scharf gemacht (in einem eisernen Schubkarren, in dem eine Waschkesselschale von anno Knips saß. Das Rad für den Karren war einst ein Waschmaschinenantrieb, ein bereiftes würde der Hitze nicht standhalten), und uns zur Mitternacht zum Glühwein daran eingeladen. Das Feuer wollte anfangs nicht so richtig züngeln und umhüllte den Schiebenden vollkommen in geisterhaftem Rauch. An der Kirche stoppte die kleine Gesellschaft, denn einer der Männer war mit Auftrag unterwegs: Er stieg in den Kirchturm und läutete schnaufend das neue Jahr ein. Raureif betupfte die Landschaft puderzuckerartig und ringsum zischten üppig die Raketen in den sternenklaren Nachthimmel. Unten am Fließ loderte ein zweites Feuer. Dorthin zogen wir und trafen auf eine große, heitere Runde. Das Dorf hatte sich in diesem Dezember mehrfach überrascht: Mit Turmblasen und Adventsfeuer an der von uns allen geschmückten Tanne und nun dieses Neujahrsfeuer. Man sah die Freude darüber in den Gesichtern, denn all das hat es noch nie in unserem Schorfheidedorf gegeben. Aber man ist sich darüber einig: Das wird nächstes Jahr wieder so sein – wie wunderbar! (pe)
An manchen Tagen fällt es auf, dass wir weniger geworden sind. Beim Frühjahrsputz oder in den Sommerfestvorbereitungen. Es sind immer die gleichen jungen Alten, die sich umtun, jedes Jahr ein wenig älter und vielleicht auch müder. Ja, es gibt spürbaren Zuzug im Dorf. Der Manni und seine Edeltraut vom Neuen Kiez, Sabine und Patricia im Rosenhäuschen … wirken, als wären sie schon immer dabei gewesen. Sie rackern fürs Allgemeinwohl wie all die rührigen Alteingesessenen.
285 Kurtschlager sind wir eben jetzt. Kann sein, morgen zieht wieder eine Familie hierher an den Saum des Schorfheidewalds. Nur ist das Ankommen oft kaum spürbar. Manch einer schaut schon seit Jahren vorsichtig aus dem Dachfenster zu, wenn ein Festumzug über Kopfsteinpflaster tanzt und rollt, andere kennt und sieht man erst gar nicht. Sie leben unter dem weiten Himmel dieser verträumten Landschaft abgeschottet ganz für und bei sich.
Ich bin im Grunde auch ein Nesthocker, das bringt der einsame Prozess des Malens und Schreibens mit sich. Aber ich schließe mich nicht weg und suche Dorfkontakte im Wechselspiel von Nähe und Distanz. Heißt, ich fehle bei manchen Veranstaltungen, weil nicht alle zu mir passen. Das akzeptiert man im Dorf. In dem Schorfheidedorf Kurtschlag stehen die Häuser der Verstorbenen nicht lange leer, aber gewinnt das Dorf indem auch wirklich neues Leben? Neue Mitglieder für den Sportverein oder die Freiwillige Feuerwehr? Zu wenige. Es wäre wirklich ganz wunderbar, wenn Zuzügler nicht nur im Verborgenen nisten würden, sondern dazu kämen: beim Feiern wie beim gemeinnützigen Arbeiten. Denn Dorfleben ist eben nur so reich und lebenswert, wie es eingebrachte Zeit und Talente in ihm gibt.
PS: Für Leute in der Nähe. Der Kurtschlager Sportverein feiert in der Woche vom 9. bis 13. September 2013 sich im 16. Jahr und spendiert viele Einstiegsmöglichkeiten: Mo, 19 Uhr: Dance-Fitness / Die, 19 Uhr: Zumba-Fitness (2 Euro) / Mi, 19 Uhr: Tanzabend – Country für Anfänger / Mi, 19 Uhr Laufen für Anfänger & Profis / Do, 19 Uhr, Schule für Yang Pai – innere Kampfkunst und Engergiearbeit / Fr, 18 Uhr, Sportfest mit Jedermann Wettkämpfen. Treff: Gemeindezentrum: Rübengasse, Auskünfte unter: 039883-48016
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