Dorfgeflüster: Entschleunigte Zeit und ein Kürbiskönig

Heute gibt es mal wieder einen kleinen Nachtrag aus dem echten Dorfleben im Schorfheidewald:

So mancher Zufallsgast, der am 3. Oktober unser Kürbisfest in Kurtschlag besuchte, sprach aus, was er dachte: „Ach, so klein?“ Und ich dachte bei mir: Hallo, welche Vorstellung weckt eigentlich die Ansage „heiteres Familienfest“ oder „dörfliches Herbstfest“? Die von einem Riesenklamauk mit 1000 Besuchern oder gar mehr? Ein großes Marktgeschehen lässt vielleicht einkaufen, mit allem, was man sich vorstellen kann. Aber für ein Dörfchen mit schlapp 300 Einwohnern? Hier legt man noch selbst etwas auf, mit begrenzten Mitteln, dafür mit allen Talenten. Das muss man/frau erst einmal hinbekommen. Zumal naturgemäß die, die es leisten in den Dörfer immer weniger werden. In der herbstlich geschmückten Gaststätte „Mittelpunkt der Erde“ gab es zu guter Letzt keinen Stuhl mehr, um die leckere Kürbissuppe und den feinen Kuchen der Dorffrauen zu verspacheteln. So saßen die Älteren und schauten zu, wie die Kinder Kürbisgesichter schnitzten und selbst gestrickte Socken, Kunstgewerbe, Herbstblumenschmuck, Ansichtskarten … und Honig den Besitzer wechselten. Ganz emsig wurde an Johannas Bäume-Quiz gerätselt. Kalle stimmte mit seiner Gitarre Herbstlieder an und alle lauschten den Gedichten, die Sieglinde wunderbar und gekonnt vortrug. Es war ein beschauliches, leises Fest, eines, das dem Gast entschleunigte Gemeinschaftszeit schenkte – eine Rarität. Die allenthalben anzutreffende Erwartung: „Immer schneller, höher, weiter“ kann in Zeiten des demografischen Wandels auf dem flachen Lande nicht gelten, sondern vielleicht eher: „Macht euch glücklich, aber überfordert euch nicht.“ Das haben die Veranstalter des örtlichen Kulturvereins versucht: Mit einem von Cordula toll geschmückten Erntewagen, mit einer Handvoll Marktständen und dem lustigen Kürbiswiegen. Satte 31 Kilo wog die Siegerfrucht. Vielleicht sind die dicksten Dinger anderswo schwerer, aber dieser hier wuchs im mageren Schorfheidesand. Rund 80 Leutchen guckten am 3. Oktober 2014 zu, als Mani mit den Gewichten an der Dezimalwaage hantierte. Schnell war klar, die dickste Beere brachte Jürgen Steddin zum Fest und wurde mit ihr zum dritten Kurtschlager Kürbiskönig gekürt. Sichtlich erfreut, hievte er fürs Foto den großen Bauernkürbis noch einmal ins rechte Licht. (pe)

Der 3. Kurtschlager Kürbiskönig: Jügen Steddin Foto: Petra Elsner
Der 3. Kurtschlager Kürbiskönig: Jügen Steddin
Foto: Petra Elsner

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