Eine Geschichte entsteht:

Einsam (3)

Erzählt für Erwachsene

…In der Nacht öffnete er das Fenster, sah nach den Sternen und dachte an Juli. Sie arbeitete inzwischen täglich ein paar Stunden in einer Bar am Bondi Beach von Sydney, danach surfte sie auf den Wellen. Sein Kopfkino zeigte ihm Bilder von einem leichten Leben. Ted gönnte ihr den Strandspaß, aber zugleich dachte er, es sind zu viele junge Menschen, die jedes Jahr die Heimat verlassen. Der Bär wusste nicht genau, weshalb sie auswanderten, es musste etwas sehr Beunruhigendes sein. Aber die Summe der Bedrohungen war doch überall gleich groß. Nur lebte es sich offensichtlich anderenorts trotzdem leichter. Ach, sinnierte der Bär: Beim Wellenreiten lernt Juli wenigstens, dass schöne Momente die Zeit dehnen. Sie kann sich darin genussvoll strecken und das Hamsterrad der immer schneller werdenden Hatz abstreifen. Ted sehnte sich durch die Sommernacht. „Ob alle Auswanderer ihre Bären vergessen mitzunehmen?“ Er merkte gar nicht, dass er inzwischen seine Gedanken halblaut vor sich hinsprach und der Besen ihn hörte. „Vielleicht vergessen sie ihre Bären gar nicht, sondern verlassen sie ganz bewusst, um mit ihnen die Erinnerungen zurückzulassen.“ Ted sah erschrocken auf den Besen…

Eine Geschichte entsteht:

Einsam

Erzählt für Erwachsene

… Wie überhaupt alles in diesem verlassenen Raum zu schlafen schien. Der Bär träumte, mit einem mächtigen Besen die schlimmsten Weltbrände auszukehren. Nicht als Superheld. Nein, Ted wollte nur das Kriegsgeschrei vertreiben, das Stunde um Stunde aus dem Vaterzimmer hinüberschallte.  Seit Jahren dröhnte es immer lauter. Im Mutterzimmer herrschte seit dem Auszug von Juli Stille. Dort hauste nur noch Schwermut, die kein bisschen Gemeinschaft zuließ. Der Bär fegte so heftig, dass er schweißgebadet und schnaufend erwachte. Wo war der Besen? Der kicherte entspannt neben der Zimmertür, denn er kannte dieses entsetzte Erwachen: „Warst du wieder mit mir unterwegs?“
Der Bär nickte.
„Aber ich war nicht dabei.“
„Weiß schon, ich habe nur geträumt. Leider.“
„Ich bin nicht so mächtig, wie dein Traumfeger. Bin gut zum Hausputz, zu mehr nicht“ leierte der Besen vor sich hin.
Der Bär wusste das. Er selbst war auch kein Held, er war der Tröster. Immer schon, trösten konnte er gut. Er war ganz zerzaust vom vielen Trösten, aber an diesem Ort konnte er mit seiner Kunst nichts mehr ausrichten. Aus dem Vaterzimmer dröhnten wieder Geschosssalven, im Mutterzimmer schwebte die Stille. „Es ist zum Davonlaufen,“ seufzte der Bär. „So weit weg wie Juli, der es einfach zu eng war hinter der Gardine und im Land. Australien – sie wird mich dort vergessen.“
„Einen Tröster vergisst man nicht,“ meinte der Besen. „Dein einfühlsames Brummen wird ihr bestimmt wieder einfallen, wenn sie ein Leid zu tragen hat. Bestimmt,“ setzte der Besen nach. Er hätte Ted gern in diesem Moment tröstend gestreichelt, aber er war mit seinen harten Borsten dafür nicht geschaffen. Deshalb schwieg er jetzt, ehe aus ihm ausgelatschte Floskeln heraussprudelten. Der Bär sorgte sich…

Morgenstunde (1074. Blog-Notat)

Gewitter ist eigentlich nicht mein Ding. Für gewöhnlich würde ich bei so einem Drei-Seiten-Gewitter am liebsten unter die Dielen krauchen, aber heute Nacht schreckte ich nur von einem grellen Wetterleuchten auf und fiel beruhigt zurück in die Kissen. Gewitter mit Regen – gut. Es wird die Hitze vertreiben… 5 Liter Regenwasser hat es gegeben, immerhin. Seit Tagen probiere ich an der Bewässerung der Hochbeete herum. Jeweils eine spanische Olla wäre perfekt, aber diese Tongefäße sind mir einfach zu teuer. Nun habe ich eine kleine Variante gefunden: Vor etlichen Jahren gab es im Frühling alles Mögliche in schlanken, höheren Tontöpfen ohne Loch. Deren Ton war nicht wasserdicht, deshalb habe ich sie nur als Deko verwendet. Aber genau dieser Mangel kam mir jetzt zupass. Ich habe jetzt die Töpfe bis zum Rand in die Erde gesetzt, mit Wasser gefüllt und mit einer Tonfliese abgedeckt. Nun geben diese Wasserbehälter ganz langsam Feuchtigkeit an die Pflanzenwurzeln ab. Alle 3-4 Tage muss ich die Töpfe nachfüllen – bin sehr zufrieden mit dieser kleineren Lösung, die die Pflanzen über die Mittagshitze versorgt. Abends wird natürlich noch richtig gegossen.

Morgenstunde (1073. Blog-Notat)

Mittsommer. Heute, am 21. Juni ist Sommersonnenwende – der längste Tag und die kürzeste Nacht des Jahres. Das Wetter spielt mit.  Nachmittags steigt im Dorf das diesjährige Sommerfest. Das halbe Jahr von 2025 ist nun schon vorbei. Aber noch wächst das Grün und seine Früchte reifen. Seidenweiche Zeit.

Mittsommer

In einer Mittsommernacht ritt der alte Nix auf seinem Wellenross über den Großen Döllnsee. Er grummelte so dumpf wie die Gewitterfront in seinem Nacken. Seine schönen Töchter waren vom Mittsommernachtsball noch nicht zurückgekehrt, und der Wasserfürst fürchtete das Schlimmste. Würden sie sich in einen Menschenmann verlieben, verlören sie ihre Unsterblichkeit.
Der alte Nix hasste jene helle Nacht, in der sich seine Töchter ihrer Flossen entledigten, um in Mädchengestalt zu tanzen. Wütend peitschte er das Wasser, das sich dabei zu einer mächtigen Welle auftürmte, die zwei entsetzten Fischer mit ihren kleinen Booten ins Schilf schickte. Kopfschüttelnd sahen sie dem alten Zausel nach, der mit wehendem Leinenjäckchen und rotem Krönchen seinem väterlichen Zorn frönte.
Am Döllnfließ tanzten die Nixen mit dem Wind über die sumpfigen Wiesen, die so zart gesprenkelt blühten, als hätte ein Maler Hand angelegt. Ihre weißen Gewänder flatterten wie Segel. Längst klebten ihre Tanzpartner Halt suchend an knorrigen Weiden, als der Nix vor sie hin schwappte und sehr böse dröhnte: „Es mag ja sein, dass der Sonnengott in dieser Nacht seine höchste Macht erreicht hat, aber alles, was aufstrebt, wird auch wieder sinken, und ihr, meine Töchter, seid Kinder des Wasserfürsten und habt nur ihm zu gehorchen.“
Die jungen Nixen aber waren so verzückt von der Fülle der Zeit und den schönen Jünglingen, dass sie nicht gewillt waren, ihrem Vater so gleich zu gehorchen. Nein, einmal nur, wollten sie ein loderndes Sonnenwendfeuer erleben und schweigend sieben Sorten wilder Blumen von sieben verschiedenen Wiesen pflücken, um zu erfahren, wen sie freien werden. Sie kicherten und entschwanden in den Holunderbüschen.
Da schickte ihnen der Nix einen mächtigen Schwall. Das Feuer zischte und das Wasser flutete die Wiesen, in denen nicht nur seine Töchter Blumen suchen. Es sah so aus, als würde der See das Land nehmen wollen. Blitze zuckten, und Wind peitschte die Wellen. Von den Fluten eingeholt, wuchsen den Nixtöchtern augenblicklich wieder Flossen. Fortan hatten die Nixen ländliches Tanzverbot, und damit sie sich daran auch halten, streift der alte Nix seither von Sommerfest zu Sommerfest. Gut verkleidet. Allein am feuchten Saume seiner Robe könnte man ihn erkennen.

©Petra Elsner (aus „Die Gabe der Nebelfee“)

Eine Geschichte entsteht…

Einsam

Als wir die Masken ablegten, sahen wir in all die erschrockenen Gesichter. Sie sprachen wortlos von Angst, Verwirrung, einer großen Leere und von den Verlusten. Aber die Traurigkeit wich rasch einem übertünchenden Sommerleben. Als der Herbst kam, sahen wir die Schäden. Verhaltensstörungen und Lernschwächen. Es reichte offenbar nicht, dass wir alle drei Lebensjahre verloren hatten und mit den Folgen kämpften. Es musste von den Meinungsmachern hervorgekehrt werden, wer mehr gelitten hat und wer noch einsamer als der Einsamste gewesen war. Das hat uns beschäftigt und das Hinterfragen der Pandemiemaßnahmen verschoben. Das Zerlegen der Gesellschaft nahm weiter Fahrt auf. Die Jungen gegen die Alten, die Andersdenkenden gegen den Rest, die Linksgrünen gegen die Weißbrote. Stadtgesellschaft gegen die ländlichen Sitten. Die Lebensschönheit verschwand und die Debatten gerieten in den Zerhacker. Überall Feindschaft und ein Krieg vor der Tür. In all dem Getöse dämmerte ein Bär im Kinderzimmer…

Morgenstunde (1072. Blog-Notat)

Jahrelang versuchte ich unter unserer Straßenlinde Schattenrasen anzusiedeln, damit der dürre Staub darunter irgendwie festgehalten wird. Kiloweise Grassamen und Wasser habe ich über die Zeit auf dem Stück Straßenland ausgebracht. Das Wachsen gelang nicht. Irgendwann dachte ich mir, was bei Dachbegrünungen geht, sollte auch unter der Linde funktionieren und ich startete den Versuch, Sedum als Wiesenersatz anzusiedeln. Und siehe da, das klappt. Gut anderthalb Quadratmeter besiedelten über drei Sommer ein paar Starterpflanzen Mauerpfeffer. Das verrückte ist, ohne Niederschlag sehen die Gewächse staubig Grün aus, aber gegossen (siehe Topf) bekommen sie Fülle und Farbe. Geradezu schön sind sie dann. Das wird zwar unter der Linde kaum werden, aber immerhin: das Projekt gegen ein Stück Versteppung ist auf dem Weg. Trittfest und Rasenmäher tauglich, falls doch mal ein Grashalm mittenmang zu wachsen beginnt 😊.

Morgenstunde (1071. Blog-Notat)

Wenn ich den Nachrichtenmüll des Tages ansehe, kann ich es nicht fassen, wie kriegswütig etliche Menschenführer aufeinander losgehen und keinen Stein auf dem anderen lassen.  Als wäre es an der Zeit, den Gegner nur noch auszulöschen. Worte wiegen scheinbar nichts mehr.  Und wer seinen Friedenswunsch dennoch erhebt, wird als Träumer oder gar als irgendein „Flüsterer“ verschrien. So werden die Menschheitsprobleme nicht bewältigt. Nicht mit Schlagkraft und nicht mit elitärem Moralismus. Die menschliche Stärke erwuchs aus Mitmenschlichkeit und vernunftbegabtem Schaffen. Die Welt ein bisschen besser zu hinterlassen, als man sie vorgefunden hat, war für viele meiner Generation ein Lebensanspruch. Geboren aus den Trümmern des letzten großen Weltkrieges, wollten wir Friedenskinder genau das: Eine bessere Welt schaffen. Doch die alten Feindbilder schliefen nur, sie wurden nie ausgeräumt. Nur bemäntelt. Wie auch der deutsche Faschismus nur von Staats wegen verurteilt wurde. Doch er war im Osten wie im Westen nur betäubt von der Schuld. Immer, wenn eine Gesellschaft stagniert und nur noch stoisch „weiter so“ spielt, dann erwacht dieser Geist wieder und sei es nur, um anstößig gegen die Verkrustungen zu agieren. Eine bessere Welt ist und war damit nie gemeint. Es geht heute im großen Weltenspiel um die Neuverteilung der verbliebenen Erdenschätze und da zockt wer kann mit. Weil das nicht friedlich ausgehen wird, ist mir jede Stimme recht, die für Friedensgespräche plädiert. Man darf das ungehemmte Spiel Kräfte nicht zulassen.

Zeichnung: Petra Elsner

Morgenstunde (1070. Blog-Notat)

Sonnenlicht im Fenster.

Und endlich Sonnentage! Alles hell und freundlich. Doch dann schaltete ich morgens mein Notebook ein und Microsoft startet ein großes Update. Haltet mich nicht für paranoid, aber die Aktion hatte mich doch ganz schön irritiert. Vielleicht habe ich es ja nur manches falsch verstanden, aber Microsoft hatte Wünsche und war geradezu süchtig nach Daten. Wollte hier Zugang, da Zusammenspiel der Geräte… Irgendwann fühlte ich mich nicht mehr als Nutzer, sondern als schlechter Mitarbeiter von Microsoft. Die Abfragen waren aggressiv, deshalb habe ich alles soweit wie möglich abgelehnt. Aber als ich später Word öffnete, kamen wieder Abfragen zu nun diesem Programm und ich frage mich nun: Lesen die mit? Wir sind schon lange gläserne Menschen… Nach dem Wochenende wird mein Superheld Didi genauer im Innenleben meines Computers nachforschen, was verändert wurde. Ich finde das schon einigermaßen frech, einen Nutzer von gekaufter Software immer wieder zu Schritten zu nötigen, die die allermeisten nicht überschauen. Das grenzt an Machtmissbrauch, auf jeden Fall ist es übergriffig.

Morgenstunde (1069. Blog-Notat)

Ach, Pfingsten. Himmelblau über rotem Mohn in grünen Kornfeldern. Auf den staubigen Cross-Pisten knattern die Motorräder oder Bikes. Überall Konzerte gepaart mit allerlei Kunstgeflüster. Es swingt der Müßiggang und in den Nächten zirpen die Grillen. Ja, so ist Pfingsten – meist. Das Federleichte gab es diesmal nicht und auch der Erdbeermond war im Norden Brandenburgs nicht zu sehen. Wir hatten Regen und Wolken satt. Beinahe wäre die Frühjahrsmüdigkeit zurückgekehrt, der Blutdruck war schon im Keller. Doch wir warfen uns die Jacken über und steuerten gegen: mit Honigschleudern, Gartenarbeit und ein wenig Lyrik. Schattige Junifreuden…😊

Lyrik-Krümel