Der Klammhold und die Pfützenspringerin (2)

Eine Ostergeschichte entsteht öffentlich:
…In der Nähe klagte etwas: „Oh je, oh je, oh jemine.“ Es raschelte hier, dann kurzweilig dort. Der Klammhold spitze die Ohren, dann sah er den suchenden Eichkater. „Hey, Rotfussel, was jammerst du so? Du weckst ja alle Winterschläfer!“ Der Eichkater zitterte wie Espenlaub. „Ach, du lieber Klammhold, ich habe Hunger, denn ich finde meine Vorräte nicht mehr. Einfach vergessen, ist das nicht furchtbar?“
„Ach, Rotfussel, bei den drei Eichen habe ich vorhin ganz zufällig dein Walnusslager entdeckt.“
„Haaah, wie schön! Du bist mein Retter! Ich danke dir! Vorhin habe ich bei den Eichen gesucht, ab dann hat mich das Schnarchen der Pfützenspringerin abgelenkt. Und schwuppdiwupp, bin ich an dem Lager vorbeigesaust.“
„Wo schläft denn die Waldelfe, ich suche sie schon den ganzen Tag?“
„Im alten Mauseloch unter dem linken Stamm.“
Die beiden gingen gemeinsam zu dem Waldplatz. Der Eichkater holte sich seine Walnüsse und der Klammhold weckte die Fenia, die Pfützenspringerin…

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Morgenstunde (419. Blog-Notat)

Jetzt wird es wieder still, sehr still. Die Radio- und Fernsehleute machen so weiter, wie immer, sie wissen gar nicht, was für ein Glück sie haben. Das gaukelt uns vor, wir könnten Kultur zu Hause erleben. Ja sicher, ein bisschen, Kollegen haben mir schöne Bücher gesandt, das beschäftigt mich eine Woche oder zwei, aber Fernsehen ist echt platt geworden und Radio, naja geht so, die Computer gestylten Töne treffen nicht mein Herz. Alles eine Soße. Heute werde ich erst einmal die Bilder aus dem Speicher räumen und winterfest verstauen. Kommt eh keiner mehr, um sie sich anzusehen. Draußen ist noch genug zu tun, die Gartenlinde schmeißt gerade die letzten Blätter… nachts war der Dachs wieder im Garten, hat sich dafür ein neues Loch im Zaun geschaffen und der Eichkater hat die letzten Nüsse geholt, macht nichts, hab den Busch eh nur für ihn gepflanzt 😊

Die Zeichnung konnte ich noch am Entstehungstag verkaufen…

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Der Spuk in der Tanne – der 5. Akt

Fridolin von der Tanne

Die Tage vergingen und Weihnachten rückte heran. Rudi Sonne und Leon hatten seit jener abendlichen Begegnung dem kleinen Eichkater täglich drei Nüsse spendiert. Ohne goldene Farbe, versteht sich. Fridolin besuchte sie immer zur gleichen Stunde. Es tönte dazu ganz leise, weil an seinem Sprungast zwei Weihnachtsglocken hingen, die natürlich mit der Bewegung läuteten.

An diesem Abend standen die Jungs von der Kinderfeuerwehr vor Rudi Sonnes Tür. Sie waren extra zum Revierförster gefahren, bei dem in dieser Jahreszeit auch Eicheln für die Waldtiere lagerten. Längst war es stadtbekannt, dass  Leon und der Maler 200 Nüsse vergoldet hatten, die Fridolin samt und sonders vom Baum gepflückt und versteckt hatte. Den jungen Kameraden war ihre Unterstellung wirklich peinlich, und sie baten Leon mit einer großen Schüssel Eicheln in den Händen um Verzeihung. „Schwamm drüber!“, meine der nur großzügig. Alles schien gut, denn auch die Händler hatten den kleinen  flauschigen Kerl tief in ihr Herz geschlossen und verwöhnten ihn mit schönsten Früchten. Die Nachtwächter wurden abbestellt. Fridolins akrobatische Aktionen brachten die Menschen auf dem Platze oft zum Lachen, es schien fast, als gehörte er für immer an diesen Ort.

Nur was sollte werden, wenn der Markt am Heiligen Abend schloss und der Weihnachtsbaum  nach den Feiertagen abgeschmückt und zu Kompost verarbeitet werden würde? Gewiss, die Bewohner am Markt würden Friedolin auch weiter füttern. Aber auf dem Marktplatz standen keine Bäume, und es gab auch keinen schönen Stadtpark. Wo sollte er eine Höhle finden, wo einen Fluchtpunkt und sicheren Ort? Und sollte dieses Eichhörnchen immer ohne Gefährtin leben? Leon und Rudi rauften sich die Haare über diesen Gedanken, denn ihnen wurde klar: Sie mussten etwas unternehmen.

Zuerst fragten sie den Ortsbrandmeister Lemke, wer denn den Baum der Stadt geschenkt hätte. Lemke wusste das nicht. Er habe den Baum doch nur aufstellen lassen und geschmückt: „Da müsst ihr wohl den Bürgermeister fragen.“ Doch auch Conrad Lob konnte keine Auskunft zu geben: „Sprecht einmal mit der Unteren Naturschutzbehörde, der Bodo Grünlich ist dort der Baumexperte.“

Besagter Sachverständige und Baumfreund wusste, von welchem Haus am Wald die Tanne stammte: „Nicht  wahr? Der Baum war viel zu schön zum Fällen. Aber wenn es um einen Weihnachtsbaum geht, drücke ich alle Augen zu. Was? Der Fridolin von der Tanne ist nicht rechtzeitig ausgezogen und hockt nun auf den öden Stadtsteinen?  Das ist ja furchtbar!“, rief Grünlich aufgebracht.

Der Maler und der Junge saßen noch lange bei dem Naturbeamten und hörten sich geduldig an, was so ein Tier frisst und was nicht, wie es artgerecht gehalten wird und was geschehen könnte, wenn nicht. Eines war gewiss, Fridolin von der Weihnachtstanne musste dorthin zurück, wo er herkam ….

 

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Der Spuk in der Tanne – der 4. Akt

Der Spuk.

Die kleine Stadt erwachte langsam. Flocken wirbelten. Ein Mann schlich um die Tanne und lauschte, ob sich darin etwas regte. Es war ihm, wäre etwas in ihr Unterholz gehuscht, schnell wie ein Luftzug. Fridolins Augen suchten hellwach die Dunkelheit ab. Dort, bei den Blumenkübeln, entdeckte er einen zweiten Wachmann. Und weiter hinten noch einen und dahinter noch einen. Bewegliche Schatten, die offenkundig den Marktplatz beobachteten. Die Schritte knirschten nicht mehr im Schnee.  Der Mann in Fridolins Nähe blieb stehen. Klein und kahlköpfig. Just dort, wo gestern das Eichhörnchen seine Vorräte vergraben hatte. Fridolin wartete, aber der Wächter bewegte sich keinen Zentimeter von der Stelle. Er  passte auf, dass niemand mehr unbemerkt über das Marktgelände spazierte.

Gut, dass in dem Baum noch andere Leckereien hingen. Fridolin kletterte von Astetage zu Astetage, knabberte hier an Schockladenplätzchen, dort an roten Äpfeln, ganz unten fand er Leons goldene Nüsse: Oh, wie wunderbar, dachte der kleine Nager und knackte eine Schale nach der anderen. Die übrigen versteckte  Fridolin diesmal in den Balkonkästen des Hauses gleich hinter der Tanne. Es war mit einem kleinen Eichkatersprung locker zu erreichen,  ohne  dass er auf das Steinpflaster hinabsteigen musste.

Am Nachmittag schlenderte Leon mit seinen Freunden von der Kinderfeuerwehr über den Adventsmarkt. Von Tag zu Tag kamen immer mehr Händler mit weihnachtlichen Waren. Darunter auch Handwerker, die ihre Künste vorführten. Auch Rudi Sonne, war unter ihnen und bot sich als Porträtzeichner an. Leon wollte ihm dabei zusehen.  Als die Kindergruppe bei der Tanne ankam, fragte jemand: „ Habt ihr  wirklich alle hundert Nüsse neu vergoldet und angehängt, du und der Maler, ganz allein?“ Leon nickte. Sein Blick suchte jetzt die Tanne ab. Wo waren sie nur. Aufgeregt lief er um den ganzen Weihnachtsbaum herum. Nein, nicht eine einzige konnte er noch finden. Leon stand und prustete: „Jemand hat meine Nüsse geklaut!“ Alle Augen richteten sich nun auf das Kind. Die Blicke fragten: Wer? Wo? Was? Warum? Aber als sie Leon, den Tollpatsch,  entdeckten, lächelten die Leute nur milde. Gewiss hatte er sie nur wieder verloren.  Die Feuerwehrkinder aber schauten nicht so entspannt: „Erst lässt du unsere Goldnüsse vom Laster zermalmen, und dann schwindelst du uns obendrein noch an“, sprach  einer aus, was alle dachten. Leon drehte sich blitzartig ab und rannte zu Rudi Sonne: „Jemand hat unsere Nüsse gestohlen!“ Der Maler hob die Brauen: „Wie jetzt, unsere Goldnüsse, alle?“ „Alle hundert, wer macht denn  so was?“, schluchzte das Kind. „Und meine Kameraden glauben mir kein Wort mehr!“ Leon sah den Malerfreund so herzergreifend an, dass jener vorschlug: „Komm heute Abend zu mir, wir zaubern zusammen noch einmal neue Goldnüsse und hängen sie morgen Nachmittag mit deinen Freunden gemeinsam auf!“

Diesmal ging alles viel schneller, denn der Maler hatte einfach flüssige Goldfarbe auf den Tisch gestellt, in die er mit Leon Nüsse tauchte. Wieder waren es genau hundert Stück, nur nicht ganz so leuchtend und edel wie jene, die mit Blattgold belegt waren. Die trockneten sehr bald draußen auf dem Balkon. „Hoffentlich stibitzt die nicht wieder jemand!“, wünschte sich Leon.

Fridolin beim Nüsse mausen.

Die Beiden saßen zufrieden beim Tee und schauten hinaus in das Winterdunkel, als plötzlich Fridolin auf dem Balkon auftauchte. Zwischen seinen Zähnen hielt er eine Nuss, natürlich eine  goldene …

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Der Spuk in der Tanne – der 3. Akt

Fridolins Herz raste,  und die ganze kleine haarige Gestalt zitterte.  Noch immer saß ihm der Schock in den Knochen, selbst als der Baum zur Ruhe kam. Was war geschehen? Das kleine Eichhörnchen schlief fest in seiner Höhle, als die Holzfäller nächtens Flutlicht auf die Tanne richteten. Alles ging blitzschnell: Eine Motorsäge jaulte auf,  sie schnitt einen Keil in den Fuß des Baumes, dann legte sich Fridolins allerschönste Tanne krachend um. Im Fallen dachte der Eichkater noch, sein letztes Stündlein habe geschlagen, doch er konnte sich vor Schreck nicht rühren. Und so kam es, dass er mitsamt der Tanne auf dem Tieflader an diesen fremden Ort geriet.

Fridolin. Zeichnung: Petra Elsner

Jetzt sortierte und putzte Fridolin sein Fell über den unzähligen blauen Flecken. Seine Schlafstatt hatte sich komplett aufgelöst und hing nun wie Spagetti an der rauen Höhlenwand. Fridolin sammelte von ihr die Heu-, Stroh- und Moosteile ab und baute sich daraus ein neues Lager. Darauf sank er erschöpft nieder und grübelte: Da hat es Opa Willi doch wahrgemacht. Schon seit Wochen sprach er zu Oma Frieda, die Tanne müsse weg, sie überschatte ihr kleines Häuschen am Waldesrand. Oma Frieda schimpfte: „Das kannst du doch nicht machen,  Willi! Die Tiere im Baum haben hier ihr Winterquartier, sie werden ohne Obdach umkommen!“ Doch der alte Mann meinte nur, wenn kein Licht ins Haus fiele, koste es zu viel Strom. Er werde die Tanne einfach der Stadt als Weihnachtsbaum spendieren, dann habe man auch mit dem Fällen keine Mühe. Zwar hörte Fridolin das Gespräch der beiden Alten, doch er konnte sich nicht  recht  vorstellen, was das bedeuten würde.

„Nun, ich hab es ja überstanden“, murmelte er sich Mut zu. Doch  erst  als der kleine Nager wieder Hunger verspürte, wurde ihm klar, dass ihm seine Wintervorräte abhandengekommen waren. Der unfreiwillige Umzug hatte gefährliche Folgen. Schließlich trug das flinke Tier den ganzen Herbst über sein Futter zusammen. Fridolin rieb sich die Wintermüdigkeit aus den Augen. Er musste neue Nahrung heranschaffen  –  rasch! So lockerte er das Aststück vor seiner Höhle und lugte vorsichtig hinaus. Hui, was war das für ein Lichtermeer, es schien ihm weiter, als das der himmlischen Milchstraße, und wie bunt sein Baum aussah. Beinahe verzückt lauschte er der Marktmusik und dem herzhaften Kinderlachen. Fridolin wunderte sich über all das muntere Treiben. Das letzte Lachen hatte  er in der Pilzzeit gehört, als Ferienkinder den Wald durchstreiften. Und wie er hinter dem Stern in der Tannenspitze in seine neue Welt linste, gefiel ihm, was er sah.

Als die Nacht kam und kein Mensch mehr unterwegs war, kletterte Fridolin durch die Tanne. Oh, hier fand er viele Leckereien, doch er brauchte etwas Handfestes, um der Kälte gut trotzen zu können. So griff er sich eine der Solar-Laternen und balancierte tänzelnd erst über die Hüttendächer der Händler, über die Stromleitungen, Verkehrsschilder und Litfaßsäulen, bis er sein neues Revier erkundet hatte. Er schien in ein kleines Paradies geraten zu sein. Überall duftete es lecker und nahrhaft. Bald schon hatte er einen Futterberg zusammengetragen. Nur wo sollte er seine neuen Vorräte verstecken? Der Boden war hier überall mit Steinen belegt, nur in den großen Blumenkübeln konnte er etwas einlagern. Als der Morgen graute und erste Autos Ware auf de m  Markt anlieferten, huschte Fridolin wieder in seine Höhle zurück…

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