Tannmütterlein erzähl!

Karin Schulze hat für sich das Darstellende Vorlesen als probates Mittel entdeckt, eine Sache für alle Sinne erfahrbar zu machen. Wenn das Tannmütterlein auftritt, erklärt es den Kita-Kindern immer ein Wildkraut. Erst wenn sie viele Kräuter kennen, gehen sie selbst hinaus, um sie zu sammeln. Foto: Lutz Reinhardt
Karin Schulze hat für sich das Darstellende Vorlesen als probates Mittel entdeckt, eine Sache für alle Sinne erfahrbar zu machen. Wenn das Tannmütterlein auftritt, erklärt es den Kita-Kindern immer ein Wildkraut. Erst wenn sie viele Kräuter kennen, gehen sie selbst hinaus, um sie zu sammeln.
Foto: Lutz Reinhardt

Karin Schulze aus dem Schorheidedorf Kappe zaubert Figuren, Kulissen und sinnliche Genüsse:

Hinter den Rabenbergen, tief in der Schorfheide lebt Karin Schulze und zaubert dort ein bisschen – jeden Tag.  Sie kennt jedes Kraut in ihrem Wiesengarten und hat sich ein Kräuterweiblein namens Tannmütterlein gestrickt, das ihr Wissen von der Natur an Kita-Kinder weiter gibt. Die Kräuterkundige ist seit 40 Jahren Erzieherin und hat für sich das Darstellende Vorlesen als bestes Mittel entdeckt, kleine und größere Kinder gleichermaßen  anzusprechen. Für ihre Morgenkreise sucht sie immerzu passende Geschichten, die sie als kunterbuntes, interaktives  Bühnenspiel inszeniert. Alle Sinne soll es treffen. Hier erwachen Hänsel und Gretel, die Raben Kräx und Krox, die Schneefrau Luise … als fein gestrickte Gestalten. Tolle Charakter- oder Blütenköpfe agieren in einem Bühnenbild und die Erzählerin sitzt selbst mittendrin: erzählt, fragt, animiert. Wenn das Tannmütterlein wieder einmal ein neues Kraut vorstellt: Löwenzahn,  Pimpinelle, Giersch, Vogelmiere oder Knoblauchrauke, dann hat die Erzählerin natürlich ein Kräuterbrot dazu gebacken und Wildkräuterbutter angerichtet: Schmecken, riechen, so nistet sich das erklärte Kraut im kindlichen Gedächtnis ein.

Auch mal mit Fingerpuppen kann man einprägend erzählen: Fünf Männlein sind in den Wald gegangen und wollten einen Hasen fangen. Der Erste war so dick wie ein Fass und rief immer: „Wo ist der Has‘? Wo ist der Has‘?“ Der Zweite schrie: „Da, da sitzt er ja!“ Der Dritte war der Längste, aber auch der Bängste. Der fing an zu weinen: „Ich sehe keinen, ich sehe keinen!“ Der Vierte sprach: „Das ist mir zu dumm, ich kehre lieber wieder um!“ Der Kleinste aber, wer hätte das gedacht, der hat den Hasen mit nach Haus‘ gebracht, und alle Leute haben laut gelacht. (Der Autor ist unbekannt, Text stammt von der Internetseite: heilpaedagogik-info.de) Foto: Lutz Reinhardt
Auch mal mit Fingerpuppen kann man einprägend erzählen: Fünf Männlein sind in den Wald gegangen und wollten einen Hasen fangen. Der Erste war so dick wie ein Fass und rief immer: „Wo ist der Has‘? Wo ist der Has‘?“ Der Zweite schrie: „Da, da sitzt er ja!“ Der Dritte war der Längste, aber auch der Bängste. Der fing an zu weinen: „Ich sehe keinen, ich sehe keinen!“ Der Vierte sprach: „Das ist mir zu dumm, ich kehre lieber wieder um!“ Der Kleinste aber, wer hätte das gedacht, der hat den Hasen mit nach Haus‘ gebracht, und alle Leute haben laut gelacht. (Der Autor ist unbekannt, Text stammt von der Internetseite: heilpaedagogik-info.de)
Foto: Lutz Reinhardt

Karin Schulze erklärt: „Das Erzählen oder Vorlesen wird mit verschiedenen Gegenständen ergänzt. So können die Kinder die Geschichten, Märchen oder spezielle Themen mit allen Sinnen erfahren. Riechen, schmecken, hören, fühlen, sehen.  Dabei werden die Morgenkreise für die Kinder noch einmal ganz anders erlebbar. Die besprochenen Themen wirken nachhaltiger, anwendbarer auch auf andere Lebensbereiche und es geschehen Transfers in die Umwelt. In dieser besonderen Erzählatmosphäre kommt die Gruppe zur Ruhe, in der sie dem Geschehen gespannt folgt. Verzaubert tauchen die Kinder ein in die Welt der Fantasie.“
Das ist allerdings nicht einfach mal so geschaffen. Wenn andere vergnüglich beim Sonntagskaffee plaudern, baut Karin Schulze für all das die Kulissen, strickt die Figuren, backt was gebraucht wird. Für die Schneefrau Luise zum Beispiel Schneeflockenplätzchen. Und im Nachtrag des Events fertigt sie eine Wandzeitung mit Fotos vom Morgenkreis für die Kinder zur Erinnerung. Ein mächtiger Aufwand, den die Erzieherin nicht scheut, weil ihr die Freude der Kinder erlebte Akzeptanz zurückgibt. Spürbar auch in herrlicher Vorfreude, wenn die Zwerge rufen: „Oh, Karin, machst du wieder den Morgenkreis! Schön!…“

Karins Puppenspielkorb. Foto: lr
Karins Puppenspielkorb.
Foto: Lutz Reinhardt

Wie sie das so erzählt, beginnt die 61-Jährige zu leuchten und ihre Augen sprühen begeistert. Man spürt das Glück, dass ihr selbst diese eigene Gabe bereitet: Einer Geschichte Gestalt zu geben. Da kann es auch schon mal geschehen, dass sie auf dem Heimweg mit der Heidekrautbahn den Zugbekanntschaften die Geschichte aus dem Morgenkreis abends noch einmal vorspielt. Und ringsherum lauschen viele müde Pendler vergnüglich.
Einen mächtigen Korb voller Figuren hat sie für die vielen Episodenspiele schon geschaffen: Wichtel, Zwerge, Hexen, Tiere und Spielfiguren. Im Grunde könnte die Frau jederzeit eine Puppenbühne eröffnen, aber sie hat anderes im Sinn: Als Privatlehrerin möchte sie gerne Seminare zur Gestaltung von Morgenkreisen anbieten. Das ist eine nahe Zukunftsvision, die als Essenz aus ihrem Berufsleben und ihrem kreativem Schaffen rührt. An einer Zeitschwelle, an der andere eher leiser treten und über ein Rentnerdasein sinnieren, hat diese Frau so ganz andere Dinge auf dem Schirm, nämlich selbst bestimmt ihre Erfahrungsschätze anderen weiter zu geben. Anmeldungen von Interessentinnen hat sie schon.

Petra Elsner

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Öffentlicher Floßbau im Flößerdorf Finowfurt

Schräge Vögel auf Landpartie - Die Flößer. Cartoon: Petra Elsner
Schräge Vögel auf Landpartie – Die Flößer.
Cartoon: Petra Elsner

Das 20 Tonnen schwere Floß soll zum Hafenfest in Eberswalde auf Kanalfahrt gehen:

Finowfurt. Die Flößerschwestern und ihre Brüder laden am Samstag, dem 23. April, wieder einmal zum öffentlichen Floßbau auf den Enzberger- und Floßplatz ein. Ab 8.30 Uhr geht es zünftig mit Kantring, Floßhaken und den Äxten zur Sache. Bis 16.30 Uhr wird  aus 24 Fichtenstämmen ein 16 Meter langes, zweilagiges Floß entstehen. Wer sich bisher nicht zum Mitarbeiten angemeldet hat, kann aus Versicherungsgründen nur zusehen. Aber Fachfragen stellen und Augenfreude haben ist gewünscht und erlaubt.

Wieder unterstützt werden die Flößer in den roten Jacken von den Fußballern des 1. FC Finowfurt. Wie es zur handfesten Unterstützung kam, verrät Steffen Dittrich augenzwinkernd: „Vor zwei Jahren war das Durchschnittsalter im Verein auf 65 Jahre angewachsen. Den meisten zwickte und zwackte es im Kreuz. Da haben wir uns zupackende Hilfe gesucht.“ Der Mann freut sich, denn diese Kooperation hat den Verein nachhaltig verjüngt. Was als Einladung zum „Krafttraining“ für 18 Sportler der zweiten Mannschaft begann, mündete in festem Zuwachs. Steffen Dittrich scherzt: „Ja, wer sich beim Fußball die Beine beschädigt hat, der wurde nun Flößer.“ Das heutige Durchschnittsalter beträgt 44 Jahre. Eine erfreuliche Tendenz für den familienfreundlichen Verein.

Floßbauplatz im Flößerdorf. Foto: Lutz Reinhardt
Floßbauplatz im Flößerdorf.
Foto: Lutz Reinhardt

Die mächtigen Kiefernstämme für den Schaubau am Samstag wurden übrigens schon im zeitigen Frühjahr geschlagen und von der Uckermärkischen Firma Robeta auf die Ablage im Flößerdorf geliefert. Am Samstag kann der Gast zusehen, wie die Stämme ins Kanalwasser rollen und wie das Langholzfloß in zwei Lagen entsteht. Dittrich erklärt: „Um Kosten zu sparen, wurden früher auf dem Finowkanal immer zweilagige Flöße gebaut. Zum Ende der 1960er Jahre ist die Flößerei vollends verschwunden. Heute wird die Tradition gepflegt, denn Finowfurt war ein Flößerdorf und soll seine historischen Wurzeln nicht vergessen.“

Vor 17 Jahren hat sich der Finowfurter Flößerverein gegründet und wirkt seither mit seinen herrlichen Festen und Aktionen als sozial-verbindende und sinnstiftende Gemeinschaft im Ort und der Region. Der Vereinsvorsitzende zieht seinen Hut „vor allen, die in den letzten zwei Jahren die Flößergasse gebaut haben und für den Erhalt des Titels ‚Flößerdorf“ gewirkt haben.“ Darauf ist er sichtbar stolz.

Wenn das Wetter mitspielt, werden die Flößer beim zweiten Hafenfest am 30. April 2016 auf und an der Eberswalder Stadtpromenade einen Wettbewerb im Flößerstechen inszenieren. Das Fest ist zugleich Startschuss für die Schleusensaison auf dem Finowkanal. Am Vortag wird schon mal „geprobt“, damit  das Dampfschiff Aurora zwei Wettkampfflöße, die jeweils 4,50 Meter lang und 1,20 Meter breit sind,  nach Eberswalde ziehen kann. Der Floßschlepper kommt aus dem Historischen Hafen in  Berlin. Ihn haben die Finowfurter Flößer mit Sponsorenhilfe für diese zugkräftige Flussfahrt eingekauft. Für Samstag freut sich Steffen Dittrich erst einmal auf Schaulustige und Floßbauenthusiasten, die dem traditionellem Spektakel auf und am Finowkanal beiwohnen. Das entstehende Langholzfloß soll am 5. Mai 2016 zum Herrentag von 10 bis 16 Uhr am Floßplatz beim Schauflößen eingesetzt werden.

Petra Elsner

Zum Flößerverein

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Die kleinen Dinge

Blumentopf-Skulptur aus Lindenholz.
Blumentopf-Skulptur aus Lindenholz.

Heute mal wieder zwei Schaustücke zum Thema:
Die kleinen Dinge, die mein Herz erfreuen: Die Blumentopf-“Skulpturen” – aus der Gattung: meine Spielzeuge, die im Wind wippen…

Blumentopf-Skulptur 2 aus Lindenholz.
Blumentopf-Skulptur 2 aus Lindenholz.

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In 18 Tagen: Offenes Atelier

So, heute ist Jäger- und Sammlertag. Rein in das Berliner Gewimmel, dass ich inzwischen so gar nicht mehr vermisse. Aber es sind noch Passepartouts-Kartons aus dem Künstlerbedarf zu beschaffen, die in den nächsten Tagen zugeschnitten werden wollen. Bis zum Tag des offenen Ateliers sind es noch 18 Tage, die beginnt frau innerlich langsam runterzuzählen. Für alle jene, die in der Nähe wohnen und die mein Einladungsmailing nicht erreicht hat, kommt hier meine herzliche Einladung:

Einladungsmotiv - offenes Atelier am Schorfheidewald 2016. Zeichnung: Petra Elsner
Einladungsmotiv
Zeichnung: Petra Elsner

Unter den vielen Künstlern, die während der Brandenburgischen Tage der offenen Ateliers am ersten Maiwochenende dem interessierten Publikum Einblicke gewähren, lädt auch der Künstlerhof an der Schorfheide in Kurtschlag ein. Am Sonntag, dem 8. Mai besteht die Möglichkeit zu einer Werkschau. Seit 22 Jahren bin ich freiberuflich unterwegs, erst in Berlin und seit acht Jahren in Kurtschlag. Neben meinen bereits bekannten Arbeiten in Wort und Bild zeige ich diesmal neue Illustrationen zu alten Sagen, die ich auch textlich bearbeitet habe. Eine Auswahl davon wurde als Hörspiel-CD für den Sterntalerball vom Förderverein des Hospizes in Eberswalde in Zusammenarbeit mit dem ODF produziert. Seit Januar sammelt diese CD Spenden für das Hospiz Drachenkopf. Der Förderverein und das Eberswalder Museum verkaufen sie immer noch für das Stück 5 Euro (bei mir gibt es sie nicht. Gäste des Künstlerhofes bekommen diese Scheibe immer mal wieder im lauschigen Garten zu hören. Ansonsten sind von 11 bis 18 Uhr das kleine Atelier, der Bilderspeicher und bei trockenem Wetter der Bilderhof und Lesegarten zum Schauen, Verweilen und Entspannen empfangsbereit. Den Schaulustigen werden Pfadfindersuppe, Kaffee und Kuchen spendiert.

Kontakt: Atelier an der Schorfheide, Petra Elsner, Malerin & Publizistin, Kurtschlager Dorfstraße 54, 16792 Kurtschlag, Telefon: 039883 48913

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Saisonales

Und draußen schiebt die Kletterhortensie die ersten Blätter. Foto: pe
Und draußen schiebt die Kletterhortensie die ersten Blätter. Foto: pe

Der Hausflur hat wieder einen Himmel, denn wir haben heute die Winterabdeckung über der Treppe zum Kaltdach geöffnet und weggeräumt. Nun strömt das Licht wieder von der Empore hinab. In einer Woche wird der Bilderspeicher dort oben eingeräumt, damit es zum Offenen Atelier (am 8. Mai von 11 bis 18 Uhr) auch dort etwas zum Schauen gibt. Doch zuvor müssen erst die klammen Wände trocknen, bevor die großen Bilder aus der Winterverpackung enthüllt und dorthin gestellt werden können. Es ist die Zeit des  Erwachens und des großen Räumens. Von jedem Dachgang kommt ein Möbel mehr vom Boden in den Garten. Fehlt nur noch die Wärme …

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Moosgrün

MoosgrünDer Regentag versenkte gerade sein letztes fahles Licht im Unterholz. Moosgrün, der Waldwicht, räkelte sich auf seinem Lager aus welken Blättern, als ein Wassertropfen durch das Laubdach rann und seine Nase  traf. Platsch, nun war er wach. „Verflixter Ökowecker!“ Er rubbelte sich seine zwei Haare trocken und stülpte seine Filzkappe darüber, da wackelte plötzlich die Erde unter seinen Füßen, und es knackte mächtig. Scheinwerfer flammten auf und fluteten das Dunkel.  Panisch raffte der Wicht seine Hosen, Socken und die wunderschöne Frühstückseichel. Dazu schrie er voller Entsetzen: „Holzernter! Holzernter! Um Himmelswillen, sie werden meinen Baum fällen, gleich oder später! Wo ist nur das Zauberwasser?“ Die kleine grüne Gestalt zitterte am ganzen Leib. Eine Motorsäge kreischte auf, und Späne hämmerten zerstörerisch auf Moosgrüns Hüttendach. Der Flakon mit dem Zauberwasser klirrte von den Schlägen der harten Späne, als wollte er sagen: „Hier bin ich!“. Schnell griff der Waldwicht das Fläschchen und rutschte auf seinem Hosenboden abwärts in seinen Wurzelkeller. Da ächzte schon der mächtige Baumriese über ihm und fiel krachend zu Boden. Und nach ihm noch einer, und noch einer, die ganze Nacht lang.

Moosgrün jammerte leise in dem finsteren Loch. Seit einer Ewigkeit hauste er am Fuße dieser alten Eiche mit der Aufgabe, die Bäume zu beschützen und im Frühling mit einem Spritzer Zauberwasser zu erwecken. Doch gegen die gigantischen Holzerntemaschinen war sein kleiner Zauber völlig wirkungslos. Er hatte es versucht, keine Frage. Aber wo kein Glaube, da kein Gehör – seine Bannflüche  erreichten nicht einmal als Wispern die Ohren der Männer auf dem schweren Gefährt.  Der Waldwicht war schließlich nur ein ganz kleiner Frühlingsgeist.

Moosgrün kannte fast alle Eichen des Waldes, so um die 2000 ganz alte Exemplare. Man sah es ihm nicht an, aber er war schon vor gut drei Jahrhunderten dabei, als sie gepflanzt wurden, damals, als der Wald den Namen „Schorfheide“ bekam. Der Waldgeist liebte die mächtigen Eichen und auch jene, die indes als totes Bruchholz aus der Landschaft ragten oder zwischen die Farne gestürzt waren. Mit Moos bewachsen, sahen sie ganz samtig aus, mal wie ein schlafendes Tier, mal wie die Höhle eines Erdwesens. Lange grübelte er, was er tun könnte. Er wollte einfach nicht, dass diese mächtigen Stämme aus dem Wald verschwinden. Die zündende Idee kam ihm, als er an den steinernen Wegweisern vorbeihuschte. Sie trugen Namen und wurden von Jedermann geachtet. Deshalb? Ja, weil man dank ihrer den rechten Weg durch das weitläufige Gebiet finden konnte. Namen sind so etwas wie Merkzeichen, die den Dingen eine Bedeutung geben. Hm, das war es!  Wenn er nun den Waldbäumen einen speziellen Namen verleihen würde, was würde geschehen? Er kratzte sich seinen Kopf unter dem Filzhütchen. Hm, sie wären etwas Besonderes, und man könnte sie so nicht einfach mehr verschwinden lassen! Noch besser, wenn die Namen richtig berühmt wären wie Kunstwerke. Ha! Das ist es: Der Wald als Naturkünstler! Die Menschen würden seine Baum-Skulpturen ganz ehrfurchtsvoll betrachten, und keiner würde es mehr wagen, sie anzutasten.

Seit diesem Gedanken schuftete Moosgrün tagein, tagaus. Immer, wenn die Nacht am dunkelsten war, lief er durch seinen Wald und verteilte Namen, Künstlernamen, denn nachts war er besonders erfinderisch. Tagsüber wälzte er kleine Findlinge zu den Eichenfüßen herbei und schrieb mit Farbe die Namen seiner Waldskulpturen darauf: „Humpelnde Walküre“, „Tanzender Bär“, „Knarrender Lindwurm“, „Melancholischer Riese“, „Fromme Gouvernante“ …, und fortan witterten seine Baumfreunde, viel beachtet und deshalb behördlich geschützt, in der Zeit. Denn mit den Namen kamen die Menschen, um die Naturskulpturen zu bestaunen.

(Aus meinem Buch “Schattengeschichten aus dem Wanderland” – Schorfheidemärchen, erschienen 2010 im Schibri-Verlag ).

Neu erschienen: 2018 bei der Verlagsbuchhandlung Ehm Welk in Schwedt an der Oder als Märchensammlung (30 Texte) unter dem Titel “Die Gabe der Nebelfee”

Spende? Gerne!
Hat Ihnen diese Geschichte gefallen? Vielleicht möchten Sie mich und mein Schaffen mit einem kleinen Obolus unterstützen? Sie können das ganz klassisch mit einem Betrag Ihrer/Eurer Wahl per Überweisung tun. Die Daten dafür finden sich im Impressum. Dankeschön!

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Kleine Spachteleien zur Nacht

Zeitschatten, 17 x 12, Acryl auf Karton, 2016
Zeitschatten, 17 x 12, Acryl auf Karton, 2016

“Zeitschatten” nenne ich diese Gestalten in der Landschaft… Die Erfindung dieses Titelwortes führte mich zu diesen Bildgestalten – Erst mal im kleineren Format.
Sie gehören zu meinen Arbeitsthema “Funken der Seele”.

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Auf der Pirsch die Weltpolitik im Visier

In der Museumsscheune: Es gibt hier keine Zurschaustellung von Relikten. Erklärt werden der Einfluss und die Widersprüchlichkeiten der Jagd auf die Macht. Foto: Lutz Reinhardt
In der Museumsscheune: Es gibt hier keine Zurschaustellung von Relikten. Erklärt werden der Einfluss und die Widersprüchlichkeiten der Jagd auf die Macht.
Foto: Lutz Reinhardt

Die Ausstellung „Jagd und Macht“ in der Groß Schönebecker Museumsscheune:

In der Schorfheide sind Jagd und Macht seit tausend Jahren verwoben. Auch das Jagdschloss des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm zeugt davon. Seit 2009 erklärt im Schloss der erste Teil der Ausstellung die Ära Preußischer Könige und Deutscher Kaiser. Nebenan in der Museumscheune finden sich Zeugnisse, die bis in die jüngste Vergangenheit führen.

Sie ist deutschlandweit einmalig, die Ausstellung „Jagd und Macht“ in der Museumsscheune von Groß Schönebeck. Thematisch berührt sie die Umbruchzeit von der Weimarer Republik zur NS-Diktatur bis in die jüngere Wendezeit unter dem Aspekt „Jagd und Macht in der Schorfheide”. Das von den Berliner Ausstellungsarchitekten Frey-Aichele-Team entworfene Konzept setzt auf Schautafeln und Videoprojektionen. Es wirft einen konzentrierten Blick auf die Zeiten, in denen in der Schorfheide Preußische Könige und Deutsche Kaiser, Nazigrößen und SED-Funktionäre ihrer Jagdleidenschaft frönten. Das spannende an dieser Präsentation ist der gewählte Grundton, der sensible Umgang mit dem Material, das in das Geheimnis der Schorfheide einweiht. Und wenn der Leiter des Schorfheidemuseums Helmut Suter dazu erzählt, schlägt sich vor dem geistigen Auge der Zuhörer ein verständliches Bilderbuch auf:

 Helmut Suter Leiter des Schorfheidemuseums: „Das ist das eigentliche Geheimnis der Schorfheide - wenn Jäger auf Pirsch sind, finden sie immer eine Basis miteinander zu sprechen. Foto: pe

Helmut Suter Leiter des Schorfheidemuseums: „Das ist das eigentliche Geheimnis der Schorfheide – wenn Jäger auf Pirsch sind, finden sie immer eine Basis miteinander zu sprechen.
Foto: Lutz Reinhardt

„In der großen Heide wird deutlich, dass sich hier über 500 Jahre nicht nur Jagdgeschichte abgespielt hat, sondern auch politische Geschichte. In der jüngeren Zeit hat in ihr Kaiser Wilhelm I. gejagt. Auf Hubertusstock logierte Friedrich Wilhelm IV.. Der war noch Romantiker mit Freude an der Natur. Es gibt da diese schöne Geschichte: ‚Der Kutscher fuhr vor, Majestät stieg ein. Der Kutscher bemerkte, Majestät ist eingeschlafen. Da fuhr der Kutsche noch eine Runden und noch eine. Am Ende des Tages schrieb Friedrich Wilhelm IV. an seine Frau: Es ist ein wunderschöner Tag gewesen. Waren draußen zur Jagd. Viel gesehen, nichts geschossen, aber gut geschlafen‘. Er war die Ausnahme. Bei Wilhelm I. ging es wirklich um die Jagd, um Eingrenzung der Schorfheide und um erlegte Stückzahlen. Otto Braun, preußischer Ministerpräsident, passionierter Jäger suchte die Ruhe in der Schorfheide. Aber er nutzte auch die Gespräche auf kurzem Wege. Hindenburg, Reichspräsident, musste sich immer beim Ministerpräsidenten anmelden, wenn er im Land Preußen zur Jagd gehen wollte. Die Schorfheide war nicht Reichbesitz, sondern Preußischer Staatsforstbesitz. Braun gab Hindenburg zwei Reviere frei, so brauchte er nicht mehr vorsprechen. Damit setzte sich fort, was der Kaiser begann: Wenn politische Gespräche schwierig waren, lud man erst einmal zur Jagd ein und später beim Schüsseltreiben sprach man über Politik. Ab 1933 entartete das alles mit dem Auftauchen von Göring als Preußischer Ministerpräsident. Ein fanatischer Jäger, der mit seinem Carinhall versuchte, auch Politik zu machen.“
In dem Ausstellungsbereich zu Carinhall erkennt man die gewaltige Dimension des Baues. Helmut Suter verweist weiter: „Das eigentliche ursprüngliche Carinhall war ein Blockhaus. Für einen Preußischen Ministerpräsidenten – warum nicht, angemessen. Aber hier sehen wir den Ausbauzustand aus dem Jahre 1942. Göring ließ sich 1000 Hektar vom Preußischen Staat auf Lebenszeit schenken. Machtmissbrauch im höchsten Grade. Die Pläne zum weiteren Ausbau bis 1953 sind ihm am 12. Januar 1945 übergeben worden. Daran erkennt man den Größenwahn im Waldesrausch: Wir schaffen alles. Das überstehen wir! Was ist schon der Krieg? Zur gleichen Zeit liefen die Konzentrationslager auf vollen Touren, an den Fronten wurde verloren und gestorben, in den deutschen Städten starben Zehntausende. Göring hat immer aus dem Vollem geschöpft und so entstand der Mythos Carinhall. Sehen Sie diese Marmorsäule? Das lässt erkennen, der Ort hatte schlossähnlichen Charakter. Erbaut als Hamburg und Berlin schon in Schutt und Asche lagen. Diese Widersprüchlichkeit zieht sich durch die ganze Herrschaftsgeschichte. Vom Kaiser bis zu Honecker, sie erkannten nicht, wenn etwas verloren war. Honecker ging noch vom 4. Oktober bis 8. November 1989 zur Jagd. Neun Tage, an denen er 36 Stücken Wild schoss! Man muss sich überlegen, was damals war: Die Unruhen im Sommer, die Botschaft in Prag füllte sich. Alles drängte nach Veränderung und Honecker geht zur Jagd und wollte die Realität nicht mehr sehen. Ein Fall für die Psychologen.“
Mit dem Niedergang der DDR wurde zugleich auch das Ende der großen Staatsjagten eingeleitet und damit endet die Schau in der Museumsscheune. Man könnte dem Leiter des Schorfheidemuseums stundenlang so weiter zuhören, denn er schafft episodenreich Zugänge zu hochbrisanten Themen. Damit der Einstieg in diese moderne Ausstellung zukünftig den Besuchern etwas leichter gemacht wird, wird es in Bälde in der benachbarten Remise auf drei Leinwänden drei erhellende Filmszenen zu sehen geben, die in das Thema Jagd und Macht und in auch die Landschaft der Schorfheide einführen.
Petra Elsner

Jagdschloss nebst Remise. Foto: Lutz Reinhardt
Jagdschloss nebst Remise.
Foto: Lutz Reinhardt

Jagdschloss Groß Schönbeck
Schloßstraße 6
16244 Schorfheide
Tel.: 033393 65272
jagdschloss@gemeinde-schorfheide.de

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