Morgenstunde (482. Blog-Notat)

Eine Winterarbeit hat sich realisiert und landete gestern in meinem Briefkasten – das schöne Familienbuch „Wer will schon in den Süden“. Die Geschichten und Gedichte gab der Verlag Tasten & Typen im Auftrag der Friedrich-Bödecker-Kreis für Thüringen e.V. heraus. Mit dem fantasievollen Inhalt habe ich nichts zu schaffen, es ist eine Anthologie namhafter Thüringischer Autoren, ich durfte lediglich die Illustrationen zum Buchcover liefern. Gewünscht waren dafür meine Schrägen Vögel, als Lesende im heimischen Urlaubs-Feeling. Und jetzt kann ich hier zeigen, wie sich meine Reinzeichnung verlegerisch weiterentwickelte. Im Druck wurde mein Sonnengelb nicht ganz getroffen, aber das ist technisch auch schwer und gelang eigentlich nur einmal mit der Fürstenberger Druckerei (Eisenhüttenstadt). Die hatten einen Druckmeister, der den Originalton auf den Punkt traf. Ich stand seinerzeit (2003) mit den Originalblättern zu meinem Kalender „Paradiesvögel“ beim Andruck neben ihm und er sah sofort, dass es ein „Indisch Gelb“ werden muss. Ein seltenes Ereignis, denn im Grunde verändert die Drucklegung meistens die Original-Optik zu einem eigenständigen Werk und ich finde die hier  wirklich gelungen.
„Wer will schon in den Süden“ hat im Geleit den Spruch von Jean Paul: „Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben, über die Sterne.“ In der Pandemie ein Ausweg, der unter www.verlag-tasten -und-typen.de zu finden ist.

Wer will schon in den Süden, Klappbroschur, fadengeheftet, 244 Seiten, 14,80 €, ISBN: 978-3-945605-47-9

Morgenstunde (481. Blog-Notat)

Da kommt Freude auf: zum dritten Mal in dieser Woche – Dachsbesuch. Er hat sich eingeschossen auf unser Gartenland und untergräbt die Zäune immer tiefer. Stur wie ein Panzer. Irgendwie müssen unsere Engerlinge besonders schmackhaft sein und die Regenwürmer auf dem frisch umgesetzten Kompost auch… ach. Die Nachbarn sagen, früher wäre das nicht so gewesen, was nur haben die Bewohner damals anders gemacht? Sie verraten es nicht. Da wandert die Fantasie…
Es kommt indes keine rechte Lust auf Leinwand auf. Zu Mitte Mai 21 war die ausgefallene Ausstellung aus Mai 20 verschoben worden, ich denke, sie wird wieder nicht stattfinden. Was brauche ich da neue Leinwände und teure Rahmen? Günstiger und platzsparender sind wohl lose Blätter, vielleicht schöne alte Bäume? Methusalem alt bitte…😊

Morgenstunde (480. Blog-Notat)

Wie wird es sein, das Leben nach der Pandemie? Wenn wir die Masken ablegen, werden wir darunter noch ein Lächeln finden? Werden die Kinder wieder singen oder nur noch Abstand halten? Und was wird nie wieder sein? In diesen Tagen empfinde ich schmerzhaft die Kontaktarmut, der eine Stille nachfolgt, die nicht mehr Auskunft gibt, darüber, ob eine Arbeit angekommen ist oder nicht. Die Kontaktenden funken nicht mehr. Von Ende Februar bis Mai 2020 schrieb ich an sechs Episoden für ein Wendebuch für Ruhlsdorf. Es sollte zum Museumsfest im Spätsommer seine Premiere feiern, aber dieses Fest verhinderte Corona und die Premiere steht heute noch aus. Ein Teil der Auflage wurde zu Weihnachten den Dorfbewohnern spendiert, aber ich weiß bis heute nicht, wie die Geschichten aufgenommen wurden. Und so geht es mit all den Dingen, die in den vergangenen Monaten entstanden sind. Auch der Verlag schweigt, weil natürlich niemand so recht weiß, wie es weiter geht. Nur – irgendwann entsteht so eine diffuse Lage, in der man sich nicht mehr gewiss ist, ob die Arbeit noch Sinn macht, welchen Gebrauchswert sie hat. Gestern kam eine Nachbarin und holte sich meinen Krimi „Milchmond“. Sie hatte sich das Buch bei einer Freundin geliehen und verlegt. Sie fand es einfach nicht wieder und so kaufte sie es halt, um die Rückgabe zu garantieren. Dabei erzählte sie, wie sehr sie in die Geschichte eingetaucht sei. Sie las auf Empfehlung… und so drehen die Geschichten ihre stillen Runden, aber ich erfahre davon selten. Wie gut, dass manche schusselig ist 😊…

Morgenstunde (479. Blog-Notat)

VERBLENDET, 40 x 40, Acryl auf Leinwand

„Du fährst in das Land der Kultur.“, sagt die Mutter auf dem Bahnhof zu dem traurigen Kind Marcel Reich-Ranicki im Film. „Das Land der Kultur“ – das war das Markenzeichen Deutschlands, selbst in dessen dunkelster Zeit. Heute ist das Markenzeichen Deutschlands weggeschlossen, seit 14 Monaten. Und auch mit dem Bundes-Lockdown, der gestern mit viel Gezeter den Bundesrat passiert hat, bleibt es bei der neudeutschen Systemrelevanz. Allgemein beklagt wird die schlechte handwerkliche Seite des Gesetzes und die Ignoranz der Pandemieerfahrungen. Die Verhältnismäßigkeit der „letzten Lösung“ namens Ausgangssperre wird nun die Richter beschäftigen. Es ist ein Teufelskreis.  Ich bin mir nicht gewiss, ob diese kraftlose Verordnungs-Manie überhaupt noch etwas bringt. Die Fallzahlen sanken der Letzt nicht wegen der Verordnungen, sondern weil sich so viele Menschen von sich aus streng zurücknahmen und nicht weil die Königin raunte „…ich werde mir das nicht mehr lange ansehen…“  Das Licht steigt, die Tage werden länger und heller und die politische Antwort heißt: Ausgangssperre für die allermeisten Bürger. Wenn diese Zeit einmal vorbei sein wird, werden sich wirklich viele der jetzt politisch Handelnden bei den Menschen entschuldigen müssen. Fraglich, ob sie diese annehmen werden.
Auch wenn derzeit wenig Kultur gebraucht wird, gestern ist in meinem Atelier diese Leinwand entstanden, ich nenne sie „Verblendet“…

 

Morgenstunde (478. Blog-Notat)

Der Vormittag gehört noch dem Garten, aber wenn das schlechte Wetter kommt, wird es wohl mit dem Weiß auf der Leinwand weitergehen. Das Weiß der Mystiker hat mich schon immer fasziniert. Das Weiß, die hellste aller Farben, die Lichtfarbe, die das Verborgene blitzen lässt. Als Weißerscheinungen. Für Kandinsky war das Weiß ein Symbol einer Welt, in der Farben und alle malerischen Dispositionen verschwunden sind. Eine Sphäre, die nicht antwortet. Das große Schweigen eben, als Raum der Transzendenz. Es gab immer mal diese Hinwendung in meiner Malerei als „Freies Weiß“, wie diese beigestellte Arbeit. Aber dieses Thema ist für mich noch nicht „auserzählt“… und nach dem genauen Zeichnen in den letzten Wochen, wird diese Hinwendung auch eine Art Befreiung sein…


Morgenstunde (477. Blog-Notat)

Die Aufträge sind vom Zeichentisch und nun genieße ich die Gartenzeit. Der Kopf bekommt, bevor ich mir etwas Neues vornehme, ein bisschen Pause und die Augen auch. Ein Hauch von heilsamem Grün changiert im Land. Die Obstbäume stehen kurz vor der Blüte. Ich hoffe auf nichts, denn seit Jahren erfriert sie uns im Spätfrost, leider, leider. Nördliche Natur. Nach so einem Tag mit Gartenarbeit, spüre ich jeden jaulenden Muskel, frau ist Spätlese geworden. Noch kann das vorgezogene Gemüse nicht ins Freiland, aber tagsüber ich schleppe es schon in die Sonne. Russische Riesentomaten, Minigurken, Zucchini, Hokkaido… Die Hochbeete und die Tomateneimer sind mit frischer Erde befüllt und warten auf die frostfreie Zeit. Inzwischen ist überall gut zu tun. Es gilt den Kompost zu ernten, die Gartenmöbel zu ölen … Der Imkergatte ist auch aus seinem Winterschlaf erwacht und hat mit dem Säubern der Bienenbeuten begonnen. Der Raps ist spät dran in diesem Jahr, also haben die Wanderbienen noch ein bisschen Zeit. Gut so, denn auch im Winterhaus ist noch viel zu erledigen, in den nächsten Tagen öffnen wir wieder die Abdeckung zum Dachgeschoss und ich kann den Bilderspeicher einrichten – alle Jahre die gleichen Verrichtungen…PS vom Abend: Die erste Schwalbe ist eingetroffen.

Morgenstunde (476. Blog-Notat)

Regnerischer Sonntag – das Wetter half, die Zeichenarbeit abzuschließen und die Schrift einzupflegen, nun ist das Logo für die Waldläufer fertig, mal sehen, wie es angenommen wird.

Jetzt kurz Verschnaufen. Hab dem Sänger WENZEL zugehört, seinem Lied von den „Verlorenen Gelegenheiten“, eine subtile Parodie auf die Zeit. Gelegenheiten haben die Politmacher viele verloren seit November und umso länger die Pandemie läuft, desto kopfloser wirken die Akteure. Wenigstens der K-Hahnenkampf schweigt heute, aus Pietät vor dem Gedenken der Corona-Toten. Der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier setzt ein Achtungszeichen und das ist bitter nötig. In meinem Atelierfenster leuchtet seit Freitagnacht auch ein Gedenklicht. Wir brauchen diese Rituale für ein WIR in der Krise, eben weil sie uns noch fest im Griff hat und das geistige Chaos immer größer zu werden scheint.

Morgenstunde (475. Blog-Notat)

Hab die Nase in den kalten Morgen gesteckt und fand, zu kalt zum Atmen. Das wird kein Gartentag. Ging nur nachsehen, war ein Dachs da? Heute Nacht nicht, die schweren Steine in seiner Grabung unter dem Zaun haben ihm den Weg verstellt, aber er wird sich garantiert einen neuen Zugang schaffen.
Auf dem Zeichenplatz wächst ein lange bestellter Lauffrosch. Das neue Design-Papier ist so glatt, dass es drei Aufträge braucht, bis die Farbe deckt und so zieht sich die Kleinigkeit in den zweiten Tag. Der Frosch wird den Wandlitzer Waldflitzern gehören. Laufen geht ja immer, ganz gleich in welcher Zeit.
Übers Wochenende wird er zu ihnen wandern.

Der Lauf-Frosch in Arbeit. Hose und Stiefel werden noch Sonnengelb. Das rchtes Motiv war das alte Lauflogo (nicht von mir) der Waldflitzer.

Ansonsten ist es ringsherum wieder merklich stiller geworden, es ist, als ob alle WARTEN. Auf die neuen Ver- und Gebote, auf die Tendenz der Zahlen, auf mehr Wärme für den Norden… Die Kontakte schweigen. Warum? Ratlosigkeit oder Resignation? Wer weiß das schon. Ich versuche jeden Tag irgendetwas Gutes gegen die schlechte Stimmung zu setzten. Eine kleine Verrichtung, die einen Moment Freude verbreitet. Beispielsweise eine wilde Ecke aufzuräumen, an die sich der Imkergatte schon lange nicht mehr rantraut. Einen Brief zu schreiben oder etwas Neues zu pflanzen. Gestern hab ich beispielsweise eine uckermärkische Küchenrose gepflanzt. Vielleicht hat nur die Nachwelt etwas davon, auch gut, aber es ist einfach ein herrliches Gefühl, einem Rosestrauch einen Platz zu schenken.  Schönes Wochenende Euch allen, wo auch immer Ihr seid!

Morgenstunde (474. Blog-Notat)

Sie waren gestern wieder da, Dachs & Co. Der Dachs kam zum x. Mal unter den Zäunen durch und grub in der Wiese nach Engerlingen. Seine Spur war satte 120 Meter lang und in seinem Gefolge hatte er wohl die Waschbären. Einer von denen hat sich angewöhnt, den Deckel der Futtersäule vom Vogelhäuschen zu lüften, um reinzulangen. Dazu legt er immer artig den Deckel auf dem Dach ab. Das ist irgendwie zum Kichern. Ein ordentlicher Waschbär. Die Maisen-Knödel haben die Kleinbären für sich diesem Frühling entdeckt und komplett gefressen. Na, gut, aber mal ehrlich, dieser Dachs ist ein Vandale der Wiesen und Zäune.
Heute mussten wir nach Berlin zum Facharzt und in den Künstlerbedarf, das bedeutete – einmal quer durch die Stadt, von Pankow bis Steglitz, das ist inzwischen nur noch stressig für uns. Wir sind Landstraßenkutscher geworden, ist viel entspannter…

Morgenstunde (473. Blog-Notat)

Ich komme zurück aus meiner Märchenzeit und stelle fest, es hat sich in der Realität nicht viel verändert. Ein nebulöses Trauerspiel: „Rin mit de Stühle, raus mit de Stühle – und wat nu?“ Wenn ich ehrlich bin, ich erwarte keinen großen Wurf mehr aus dem derzeitigen Kanzleramt. Sie würden mich überraschen, so viele Monaten herrschte ein schläfriges Bürokratiemonster und bewegte sich nur mit kopflosem Aktionismus. Es gab halbherzige Lockdowns und zu oft „noch eine letzte große Anstrengung“ – was soll da noch Gescheites kommen? Im Wahlkampf wird die Sanierung der Verhältnisse nicht gut gelingen. Aber für die Entfesselung aus der Bürokratie braucht es sehr rasch einen großen Reißwolf, dem die Überregulierung überlassen wird. Deutschland ist in wirklich allem zu langsam geworden und nicht nur in der Bewältigung der Pandemie. Aber bleiben wir hoffnungsvoll, denn: „…jedem Anfang wohnt ein Zauber inne…“ (Hermann Hesse, „Stufen“), also: Neustart bitte!