Das Atelier gleicht einem Chaoshaufen. Ich packe für den Winterlichen Scheunenmarkt in Annenwalde. Und wäre da nicht diese logistische Klippe zu nehmen, ich wäre in ungetrübter Vorfreude. Denn nicht nur für die Besucher des feinen Arrangements in der großen Gestütsscheune ist der morgige Tag ein stimmiges Erlebnis, auch für mich selbst. Es ist der Tag an dem für mich die Adventszeit anklingt. Die Neuherausgabe meiner Winter- und Weihnachtsgeschichten wird da noch nicht vorliegen. Mittwoch konnte die Korrektur abgeschlossen werden, Ende November wird es dann erhältlich sein. Hardcover, neuer Titel, neue Gestaltung, die das „alte“ Dezemberlesebuch in sich aufnimmt, sechs neue Geschichten reichern das Werk an. Morgen, am 19. November 2016, bin ich in der Zeit von 11 bis 18 Uhr, bei Kitty Weitcamps „Winterlichen Scheunenmarkt“ mit einem Stand dabei. Im Gepäck habe ich Bilder, Cartoons, alle meine noch erhältlichen Bücher („Schattengeschichten aus dem Wanderland – Schorfheidemärchen“, „Wallos seltsame Reise“, „Meander Memolos Zeitloch“, „Der Schatz der Baumriesen“, „Stumme Gänse – Gans köstlich“, „Vom Duft der warmen Zeit“), handgebauten Künstlerheftchen und vier Rabenkaten. Vielleicht sieht man sich.
Wir packen heute für Annenwalde, wo Ihr uns morgen, am Samstag, den 22. November, von 11 bis 18 Uhr beim Winterlichen Scheunenmarkt finden könnt. Natürlich habe ich dort auch meine neuen Bücher „Stumme Gänse“ und „Schatz der Baumriesen“ mit, aber auch die Schorfheidemärchen, das Dezemberlesebuch …. Und inmitten des ganzen heutigen Pack-Chaos‘ trocknet mannsgroß mein Wünschesammler-Engel fürs Dorf. In der Adventszeit wird er am Fließ neben der Tanne auf der Bleiche stehen und in seinem Wunschbriefkasten (hinten dran) Zettel sammeln, die zur Wintersonnenwende verbrannt werden … eine kleine Winteraktion.
Engelrohling Foto: Petra Elsner
Fast fertig. Auf die Armstümpfe kommen noch kleine, flache Bretter für Windlichter. Foto Petra Elsner
Die Winterfrau Kitty Weitkamp mit ihrem Baegle-Baby namens Skipper Foto: Petra Elsner
Die Winterfrau
Wenn das Jahr seinen dunklen Mantel überstreift, tanzt auf Festplätzen der Lichterschein und die Luft geht schwanger mit dem verführerischem Duft von gerösteten Mandeln, süßem Backwerk, Apfelpunsch und Glühwein. Der Advent ist prall gefüllt mit einschlägigen Märkten, aber keiner kann mithalten mit dem Winterfest in der mächtigen Gutsscheune von Annenwalde. Auf 50 Ständen werden regionale Köstlichkeiten aufgetischt und ausgesuchte Kunsthandwerker stellen wirklich besondere Produkte vor. In diesem wohl-fein inszenierten Klima verströmt sich heiter echte Vorfreude auf das herannahende Weihnachtsfest.
Bei einer Klangprobe des ortsansässigen Singkreises in der gewaltigen Scheune entstand die Idee zu diesem „Winterlichen Scheunenmarkt“. Gutsbesitzerin Kitty Weitkamp und die Annenwalder Malerin Heike Munser kreierten 2007 erstmals diesen Wohlklang – mit viel, viel Enthusiasmus und kaum eigenem Nutzen. Als vergangenes Jahr das Fest wegen Straßenarbeiten aussetzte, barmte die Malerin: „Hoffentlich macht sie weiter, denn wissen Sie – ohne Kitty geht hier nichts.“ Sie ist eine Steherin, aber das musste sie auch werden.
Annenwalde – das uckermärkische Dorf hinter dem Eisernen Vorhang waberte durch alle Familiengeschichten der Weitkamps und war immer präsent. Dort, unweit von Templin, lag für die kindliche Hamburgerin die wahre Heimat. Der Großvater hatte 1933 das Trabergestüt Annenwalde gegründet. Weil er sich in Johanna Brockmann verliebte, verzichtete er auf sein Geburtsrecht und baute diesen östlichsten Zweig des Stammhauses Weitkamp (gelegen in Billerbeck im Münsterland) auf. Im II. Weltkrieg geriet der Großvater Wilhelm in russische Gefangenschaft, während Johanna zunächst mit den Kindern vor den Russen nach Billerbeck floh, kehrte sie doch kaum später allein zurück, um den Besitz vor Beschlagnahme zu sichern. 1948 wurde ihr Mann aus der Gefangenschaft entlassen, aber schon 1953 musste die Familie abermals fliehen. Eine Warnung verhinderte, dass man den Wilhelm „holte“, um unter einem juristischen Vorwand das Gut zu verstaatlichen. Als die Mauer fiel, der Vater als Wiedereinrichter 1990 das Gut auslöste, setzte Kitty das erste Mal ihren Fuß auf Annenwalder Boden und spürte sofort: „Hier bin ich Zuhause.“
Fortan pendelte Kitty zwischen Hamburg und dem uckermärkischen Dorfidyll, machte ihr Abitur und begann Tiermedizin zu studieren. Aber dann erlag der Vater 1995 zwei Tage vor Weihnachten einem Herzinfarkt. In dieser Winternacht wurde Kitty plötzlich Gutsherrin, mit 20 Jahren. 140 Pferde und ein gewaltiges Arial waren zu bewirtschaften, sie musste sich entscheiden und schmiss schließlich das Studium. Die Krise des deutschen Traberrennsports läutete den nächsten Wandel ein: das Gut musste abspecken. Ca. 30 Pferde gibt es heute nur noch, darunter mehr Reit- als Rennpferde. Das Gestüt bietet „Ferien auf dem Reiterhof“ mit kleinen Apartments, Reitstunden, Kutschfahrten und einem urigen Streichelzoo.
Immer samstags vor Totensonntag, ist es so weit: Von 11 bis 18 Uhr lächelt in der Gutscheune wieder die Uckermark. Dazu haben Kitty Weitkamp und Heike Munser die pure Lebensfreude unter dem Dach vereint. Zwischen lebenden Weihnachtsgänsen, saisonalen Leckerbissen, Handwerk, Kunst, Kitsch und Trödel können bei Glühwein, Apfelpunsch und Met, Winterlieder vom Annenwalder Singkreis, Jazz, Funk, Soul und Blues von der Gruppe „Don’t Tell Mama“ und Puppenspiel erlebt werden. Neben dem Markttreiben werden Bastelaktionen, Ponyreiten und Kutschfahrten durch die sehenswerte Umgebung angeboten. Und mittendrin wird Kitty, die starke Winterfrau, hinter dem Glühweinstand zu finden sein.
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