Morgenstunde (529. Blog-Notat)

Wir hatten gestern sehr angenehme Atelierbesucher, die sich in den kreativen Räume umsahen. Sie hatten mich über das Kunstportal Kulturort-Brandenburg gefunden. Zu guter Letzt erzählte ich ihnen noch die Geschichte der Zaunsetzer-Dörfer zwischen Havel und Oder und mein Märchen dazu. Sie wiederum ließen mich wissen, dass ein hochgiftiges Kraut in meinem Garten wächst. Ich kannte das Jakobskreuzkraut nicht. Es war dieses Jahr neu aufgetaucht und blühte so schön, weswegen ich es stehen ließ. Aber es ist giftig für Mensch und Tier und so habe ich die zwei Pflanzen abends gründlich entsorgt. Danke Familie Voss aus Wesendorf für den wichtigen Hinweis!
Nächste Woche Dienstag gestalte ich mit Museumspädagogen des Eberswalder Museums eine Ferienzeit. Die Kinder- und Jugendgruppe besucht dort die Ausstellung meiner Sagenzeichnungen. Danach geht es um das Wassermännlein vom Grimnitzsee, zu dem jedes Kind seine eigene Figur erfinden und gestalten kann und mit den Stabpuppen in der Hand, die von mir gehörte Sage mit der gesamten Gruppe nacherzählen soll. Das wird sicher eine lustige Aktion. Habt ein schönes Wochenende!

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Sagenhafter Barnim

Das Wassermännlein vom Grimnitzsee

Das graue Wassermännlein Zeichnung von Petra Elsner
Das graue Wassermännlein
Zeichnung von Petra Elsner

An einen späten Abend klopfte ein kleines, graues Männlein an die Hoftür eines Bauern in Althüttendorf. Die sonderbare Gestalt bat um ein Nachtquartier. Weil der Bauer arm war, konnte er nur seine Ofenbank oder den Heuschober als Lager anbieten. Doch das Männlein lehnte ab. Ein kühleres Plätzchen am Wasser wäre ihm viel lieber. Da spöttelte der Bauer: „Ja, wenn das so ist, kannst du ja in den Brunnentrog schlüpfen oder dich einfach am Weiher niederlegen.“ Das Männlein dankte, lief zum Weiher und vergrub sich dort zwischen den grünen Binsen, wie in einem Heuhaufen unterm Sternenhimmel. Der Bauer staunte am nächsten Morgen nicht schlecht, als das Männlein vollkommen trocken seinem ungewöhnlichen Nachtlager entstieg. Auf den verwunderten Blick seines Gastgebers hin fragte die graue Gestalt: „Hast du noch nie ein Wassermännlein gesehen? Dann schau genau hin, denn es könnten hundert oder gar aberhundert Jahre vergehen, bis einer von meiner Art wieder auf Erden weilt.“
Der Bauer war beeindruckt und fragte sodann: „Und wohin willst du jetzt aufbrechen?“ Da seufzte das graue Männlein: „Mir ist mein Weibchen verloren gegangen, ich will es heute am Grimnitzsee suchen. Kannst du mich ein bisschen begleiten?“ Der Bauer nickte und begab sich mit seinem Gast auf den Weg. Der Himmel hing tief und grau über dem weiten, flachen Gewässer, als das graue Männlein dem Bauern herzlich dankte und in die Wellen stieg. Zu guter Letzt rief es noch: „Warte auf mich und gehe erst, wenn du mein Zeichen siehst!“ Der Bauer starrte eine halbe Stunde auf den silbern schimmernden See. Da plötzlich tauchte der Wanderstab des Wassermännleins über der Mitte des Sees auf, sprang hoch in die Luft und verschwand wieder unter der Wasseroberfläche. Der Bauer lächelte. Da hatte sein freundlicher Gast seine Liebe wiedergefunden, und er konnte beruhigt heimgehen.

(Nach Rudolf Schmidt, Sagenschatz des uckermärkischen Kreises Angermünde, 1920, aufgefrischt von Petra Elsner)

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