Reportagen aus dem Schorfheidewald: Der Glücksschmied

Waldgnome von Uwe Thamm Foto: Lutz Reinhardt
Waldgnome von Uwe Thamm
Foto: Lutz Reinhardt

Im Kunstwald von Klein Dölln hat sich einer mit Waldgnomen verewigt – solange das Holz hält. Gemeinsam mit Siegfried Haase hat Uwe Thamm vor drei Jahren begonnen, den Zauberwald auszustatten. Mit skurrilen und heiteren Gebilden. Immer wenn dem Mann danach ist, kommt er von Zehdenick gefahren und schenkt Haases Wald Ideen und Zeit. Sein eigentliches Reich aber liegt an der Havel, 12 Kilometer westlich.
Wenn man durch den verwunschen-schönen Garten von Edeltraut und Uwe Thamm spaziert, sieht man es: Hier wirkt der Schmied des Glücks. Er hat Mobile in den Wind gestellt, die ihm ein Lied ablauschen oder Töne schöpfen. Dort zeigt eine Sonnenuhr die schönsten Stunden des Jahres an, allenthalben skurrile Tiergestalten. Das Grün auf Mutter Erde windet sich schöpferisch bis hinunter zur Havel und formt sich zu immer neuen Gartenzimmern – Separees für Klangkörper und Skulpturen aus blankem wie rostigem Metall, lackiert oder geölt. Auf der Terrasse thront ein Prachtstück von einem Eisenstuhl, gemacht für einen lächelnden Träumer, der nun ins Land schaut und genießt. Das kann er jetzt auch mit 70 Jahren, doch von der Leichtigkeit des Seins, künden nicht alle seine Tage.

Uwe Thamm Foto: Lutz Reinhardt
Uwe Thamm
Foto: Lutz Reinhardt

Uwe Thamm lernte einst Werkzeugmacher, das sagt schon alles: Er ist ein ganz Genauer. Und wer einer Familie mit fünf Kindern entstammt, die zu Kriegsende heimatlos in Berlin strandete, erlebte es hautnah – ohne kämpfen wird nichts. Vielleicht kommt daher sein Motto: Sei deines Glückes Schmied. Also studierte er Umformtechnik. Aber neben der späteren Arbeit als Konstrukteur, war es immer schon die Bildende Kunst, die ihn leidenschaftlich zum Tanz forderte. Als Maler, als Bildhauer in Speckstein und Holz, als Metallgestalter. Eine unstillbare Lust am Verwandeln herrscht in dem schalkhaften Manne. Aus D-Markmünzen und Uhrenrädchen gestaltet er unzählige feinste Schmuckdosen. Oder eben aus Gerätschaften aller nur denkbaren Art Kunstwesen. Beispielsweise den sagenhaften Müllkrauthai oder Eisenhummer und so manch’ anderen fiktiven Havelbewohner.
Seit 2001 leben die Thamms an diesem inspirierenden Fluss. Hausbau und Umzug nach Zehdenick wurde nötig, weil dem einstigen Pankower die Neusiedelei derart auf die Pelle rückte, dass er seine geräuschvolle Schmiede nicht mehr problemlos anfachen konnte.  So bekam Brandenburg den selbständigen Kunstschmied geschenkt. Inzwischen ist er im Ruhestand, will sich aber „jedes Jahr noch eine kleine Ausstellung“ vornehmen. Das ist wohl das Geheimnis seiner Vitalität – jeden Tag aufbrechen, etwas Neues kreieren, erfinden, schaffen, gleich welches Alters. So wächst Glück. Aber nicht nur im Stillen. Der Schmied hat sich schon immer auch gerne eingemischt, mit hintersinnigen Bildwerken oder in und für künstlerische Gemeinschaften. 1980 bis 1990 leitete Uwe Thamm die Kunstschmiede in der Präzisionsschmiede Berlin. Mit den Künstlerkollegen Gerrit Funk und Rogger Linke schuf er über hundert Objekte für den öffentlichen Raum. Zeitgleich gab er sein Wissen in einem Laien-Zirkel für künstlerische Metallgestaltung weiter. In Zehdenick war das nicht anders. Mit Workshops zu Specksteinarbeiten und Gasbeton, und den Schaffenszeiten im Kunstwald von Klein Dölln setzte er neue Positionslichter – brandenburgische  Lebenszeichen, die vom Angekommen sein künden.

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Dorfgeflüster: Der Traurige ist verlustig

Der Traurige am Wegesrand ist verlustig. Schon ein Weilchen. Nein, nein, er ist nicht flüchtig, jemand hat ihn still und heimlich geklaut. Jetzt klafft dort nur noch eine Lücke und dem Zauber fehlt ein magisches Glanzlicht. Einigermaßen zerknirscht stand der Traurige zwei Jahre lang im Kunstwald zwischen Kurtschlag und Klein Dölln und beklagte mahnend den Zustand des Deutschen Waldes. Das war seine Mission. Der Zehdenicker Bildhauer Uwe Thamm hat den Traurigen aus einem Kiefernstamm geschaffen. Nun ist er selber traurig. Klar, der Mann hatte es schon vermutet, dass irgendwann jemand seine Skulptur einfach einsacken würde. Aber gehofft hat er etwas anderes. „Zauberwald“ nennen einige mit leuchtenden Augen den Ort, an dem vier Künstler uneigennützig für die Allgemeinheit wirken – als ein Geschenk für die Region, um sie mit guter Energie aufzuladen, Freude zu verbreiten, zu überraschen. Es ist sehr schade, dass immer mal wieder einer glaubt, dass er nur glücklich wird, wenn er etwas mit langen Fingern an sich raffen kann. Darüber kann der Traurige nun auch noch jammern, vielleicht hört ihn ja wer. Noch besser wäre es allerdings, der verlorene Geselle fände sich endlich wieder ein – im Kunstwald. Der Einstieg erfolgt hinter der Bushaltestelle von Klein Dölln, weiter über die Bücke vom Döllnfließ, dann rechts am Fließ entlang, dort am Waldpfad war sein Steckplatz in einem alten Todholzloch.

© Petra Elsner

Der Traurige, Foto Petra Elsner
Der Traurige,
Foto: Petra Elsner

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