Morgenstunde (542. Blog-Notat)

Netze durchspannen die Heide. Sie sind traumschön und sie künden unmissverständlich vom Herbst. Es ist meine Jahreszeit. Ich mag das leicht Morbide, die Bilder der Vergänglichkeit, aber auch das Ernten und Winterfestmachen des Quartiers. Noch gibt es Sonnentage, Kaffeezeiten im Freien, Abende unterm Sternenhimmel und ein, zwei Herbstfeste vielleicht. Aber bald schon ziehen wir uns zurück in die Häuser und die Kerzenzeit beginnt. Ich werde mich mit dem Zeilenwerk umgeben und abtauchen in dessen Figurenwelt…

Aus „Zeit der weißen Wälder“, meinem aktuellen Romanprojekt:

… „Verstehe“, sprach der Mann jetzt tonlos. Er ahnte, welchen Prozess die Frau auf sich nahm. Er zog eine kleine Handpuppe aus seinen unergründlichen Jackentaschen und ließ den Kasper sprechen: „Sieh‘ mich an. Hundert Jahre bin ich alt und bin der einzige Kasper meiner Art. Einem Bauch- und Handgefühl entsprungen, geschnitzt von Harry. Fast 50 Jahre habe ich in einer Kiste verschlafen, bis mich der Hans fand. Der Sohn eines Nieskyer Holzhausbauers, studierte Landschaftsarchitektur und schien damit zufrieden. Doch nach dem frühen Tod des Vaters, gleich nach der Wende, fand er beim Entrümpeln die Puppenkiste des Urgroßvaters auf dem Dachboden. Da wars um ihn geschehen. Er kündigte, baute sich dieses ausgeklügelte, minimalistische Häuschen auf Rädern und fuhr einfach los. Die Oberlausitz rauf und runter, als Wanderer, der die Puppen wiedererweckt. Verstehst du worum es hier geht? Seinem inneren Klang zu folgen, aber dazu braucht es Mut.“
Emilia nickte: „Ich weiß, sonst werden mich die Toten nicht loslassen.“
„Genau, aber Geduld ist das wichtigste Gewürz der Heilung,“ sprach der Kasper noch und verschwand wieder in den schillernden Jackentaschen des Puppenspielers….

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Morgenstunde (391. Blog-Notat)

Das Wiesenland rechtsseits vom Dorf trägt schon sein Herbstgewand. Umbra und schwarzgrün. Über den Himmel fegen wilde Wolkenbilder licht- und dunkelgrau, Sonnenregen fällt, ein Regenbogen zieht auf, Gewitter grummelt in der Ferne. Ich mag diese Kulisse des Reifens und Vergehens, denn ich bin ein Herbstmensch. Nachdem wir am Wochenende zwei Steinpilze und einen Birkenpilz im Garten gefunden haben, hat den Liebsten das „Jagdfieber“ ereilt. Er musste hinaus in den Hochwald, gleich hinter der Gartenpforte. Aber er ging leer aus, der Wald ist noch zu trocken, der reichliche Regen der letzten Tage hat den Waldboden nicht wirklich durchfeuchtet. Aber der Herbst beginnt ja erst. Ich nehm‘ mir heute einfach mal eine schöne Gartenzeit, umpflanzen und Steine rücken, vielleicht grinst ja ein Troll unter einem Stein hervor und erzählt mir eine Geschichte…

Zum Feierabend ist er da, ein Gartentroll, fehlt nur noch ein Name und natürlich eine Geschichte, mal sehen, was wird….

 

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Zwischenzeit

Schräge Vögel auf Brandenburgtour - die Pilzfinder, gezeichnet von Petra Elsner
Schräge Vögel auf Brandenburgtour – die Pilzfinder,
gezeichnet von Petra Elsner

Sonntag war also mein letzter „offener Sonntag“, der mir sogar einige Besucher schenkte. Nach dem Saisonschluss wird es jetzt erst einmal genüsslich privat: Mit Hühnersuppe und in die Pilze gehe – eine leise Zwischenzeit – bevor die Korrekturfahnen vom Krimi …  aus dem Verlag eintreffen.

Pilze Trochnen auf Sieben, die mir mein Liebster gebaut hat. Foto: Petra Elsner
Pilze trocknen auf Sieben, die mir mein Liebster gebaut hat. Foto: Petra Elsner

Ja, und denne könnte man so langsam die nächste Weihnachtsgeschichte ersinnen. Aber irgendetwas muss mir dafür noch entgegen kommen…

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