Eine Buchbesprechung

„Simone“ von Anja Reich

Schon der erste Satz von „Simone“ hat mich fast umgehauen: „Einen Tag vor ihrem Tod rief Simone mich noch einmal an.“ Die Autorin Anja Reich fühlte sich seither schuldig, denn sie hatte für die schwierige Freundin wieder einmal keine Zeit. Die atemlosen 90er. Zwanzig Jahre später begibt sich die Journalistin der Berliner Zeitung auf eine emotionale Spurensuche nach dem WARUM Simone vom Hochhaus sprang. Diese rastlose Suche erweckt verschwundenes Ostberliner Leben. Sie spricht mit Freunden, dem Bruder, den Eltern (klassische Kriegskinder), den vielen Liebhabern, mit Therapeuten, Wissenschaftlern und erfährt dabei, weshalb die Freundin so verkorkst durchs Leben eilte. Brüche werden offengelegt: Simone war in einer Wochenkrippe untergebracht. Sieben Wochen alt. Die Eltern arbeiteten an ihren Arztkarieren. Die Gesellschaft erwartete vollen Einsatz, das Kind störte. Wegen eines Umzugs und neuer beruflicher Möglichkeiten landet Simone für Monate bei ihrer tschechischen Großmutter, dieser Sprache nicht mächtig. Hier liegen Simones Wurzeln für ihre extreme Bindungs- und Verlustangst. Emotional ausgehungert wurde sie zu einem besitzergreifenden Wesen, maßlos eifersüchtig.  Der nächste Bruch: die Wende. Autorin Anja Reich fragt sich, nachdem sie bei ihrer Recherche von Simones Klassenfreuden erzählt bekommt, wer sich inzwischen alles umgebracht hat. Könnte es sein, dass ihre Freundin Opfer der Wiedervereinigung war, ob sie den „Systemwechsel nicht verkraftet“ habe. „Das Verschwinden von Autoritäten, Regeln, Normen, Werten und Privilegien, die ihr Leben bis dahin bestimmt hatten… Wie übersteht ein Mensch so etwas?“ Die Freundin gräbt in Simones dunklen Leben, geht dabei über manche Grenze, wird aber am Ende nur loslassen können. Eine sehr spezielle Trauerarbeit. Eine großartige Reportage! Simone wird nur 27 Jahre alt. Ein getriebenes Leben, das Rätsel hinterlässt. Das Buch ist eine Annäherung.

©Petra Elsner

Simone von Anja Reich, ISBN 978-3-7466-4183-6, Taschbuch erschienen im Aufbau Verlag, 14 €

Morgenstunde (1110. Blog-Notat)

Blumentöpfe abends rein und morgens wieder raus. Es kommen die kälteren Nächte, doch die Pflanzen sollen so lange als irgend möglich noch genug Licht bekommen, bevor sie auf den dämmrigen Fensterbänken überwintern müssen. Am besten gelingt das dem Geldbaum, den ich von meiner Freundin Sylvia vor zwei Jahren geschenkt bekam. Wir wuseln derweil tagsüber vor uns hin und manchmal unterbricht Besuch das herbstliche Treiben. Mittwoch kamen Anke und ihr Sohn Friedrich. Eigentlich wollten sie nur ihren Honigvorrat auffüllen, aber Friedrich hatte sein Skizzenbuch dabei und zeigte mir seine ersten Erfolge. Mal ehrlich, es gibt kaum etwas, was mein Künstlerherz mehr berührt. Da wurde ein junger Mensch inspiriert und angestiftet… und meine Hoffnung genährt: Es wachsen also doch noch Feingeister nach und nicht nur Technikaffine. Und heute kam Ute, sie holte sich ihren bestellten Kalender, nachdem sie lange gesucht hat, wo nur das Riesenteil im Haus hin soll😊… Sie brachte etwas Zeit für ein Gespräch mit, das wird nachhallen…
Habt ein sonniges Herbstwochenende alle miteinander!

Lyrik-Krümel

Gestaltete Lyrik

Morgenstunde (1109. Blog-Notat)

Nach der Inselzeit – dämmrige Tage. Das gelbe Blattwerk der Straßenlinde fällt schnell und den Hof tönt der wilde Wein feuerrot. Selbst unter dem Wolkengrau leuchten diese Farben samtig. Der Herbst bestimmt die Tage. Gott sei Dank ist der Rasenmäher repariert zurück… und auf dem AB fanden wir eine feine Nachricht vor: Kitty Weitkamp lädt wieder zum Winterlichen Scheunenmarkt nach Annenwalde – nach fünf Jahren Pause. Dieser Ort hat mir lange in der Adventszeit gefehlt, denn er zündete wirklich die Vorfreude mit seiner swingenden Atmosphäre an. Regionale Köstlichkeiten und Kunstschaffende gaben dem Ganzen stets eine liebevolle Inszenierung. Ach, das ist wirklich schön und weil da ein Dach über uns ist, habe ich zugesagt, mit einem kleinen Bücher- und Bilderstand am Samstag vor Totensonntag dabei zu sein. 2 laufende Meter 😊. Am 1. Advent werden wir wieder ins Atelier zum Weihnachtseinkauf einladen, mit Punsch und Schmalzbroten, ein Feuer im Hof… Da haben wir was vor und bis dahin: Blätter fegen…😊

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Morgenstunde (1108. Blog-Notat)

Die Vögel ziehen von Südschweden über die Ostsee. Zum Abend hab ich Wenzels Herbstlied „Es dunkelt schon vor Acht“ im Ohr. Der Mond scheint nicht dunkelblau, er ist wolkenverhangen, aber diese besungene Stimmung schleicht sich ein. So wie das Wetter dieser Tage zwischen Sonnenflecken und Regengrau schwankt, ändert sich auch mein Befinden. Ich will das nicht weiter ausmalen… aber es ist nicht stabil. Eigentlich wie immer, wenn ich die ersten Tage Salzluft atme. Leider ist auch das wie immer: Viele sind erkältet. Es schnieft und hustet um uns herum, die erste Erkältungswelle kommt früh dieses Jahr. Zum Impfen sind wir erst nächste Woche vorgesehen, nun denn…
Die Wetter-App meint, zwischen 11 und 13 Uhr soll die Sonne blinzeln, da werden wir am Strand sein, es ist der letzte volle Ferientag in Bansin. Morgen geht es zurück in die Schorfheide.

Morgenstunde (1107. Blog-Notat)

Am Meer. Der Sehnsuchtsort schlechthin. Die Insel ist immer noch von Touristen belagert, obwohl es verregnete Oktobertage sind. Wetter schreckt nicht, man nimmts, wie es kommt. Wir sind die Letzten, die zum Frühstück eintrudeln. Da klappert das Personal schon mit den Steinguttassen und der Hilfskoch pfeift schräg, aber vergnügt vor sich hin.
Die Regenwolken haben sich verzogen, ich hoffe, frei atmen zu können. Das Gestern liegt gedankenschwer in der Tonne…
Den ganzen Vormittag am Strand. Nicht Strandlaufen wie früher, aber über Düne laufen, alle paar Meter pausieren, dann einen Korbstuhl zu bitterem Kaffee ergattert. Wir haben dem Flanieren zugeschaut und später kam ich sogar durch den Sand hinunter ans Ufer. Langsam, aber immerhin. Die Luft war knapp, hat aber gereicht. Schauen, Atmen. Nach dem Mittagsimbiss schlafen, ausruhen. Während der Liebste Strandlaufen geht, schaue ich in ein Buch…

Morgenstunde (1106. Blog-Notat)

Gestern hatten wir unser alljährliches Kürbisfest im Dorf, wo wir mit einem Buch-und-Honigstand dabei waren. Kaltes Regenwetter draußen. Schon als ich vor das Häuschen trat, wurde der Atem labil. Das geht dann immer schlagartig – Tür auf und zack, Atemwechsel.  Die ganze schwere Schlepparbeit hatte der Liebste allein verrichtet, ich musste nur da sein… Gepackt hatte ich am Vortag und die Kuchenspende am frühen Morgen gebacken. Das nenne ich nicht überstrapaziert. Im beheizten Dorfsaal war schnell die Luft verbraucht, doch man wollte die warme Luft nicht rauslassen… So trieb der dünne Atem den Blutdruck an, ich sah die ganze Zeit unscharf. Ach schade, dabei wars doch heiter um mich herum, alle hatten sich Mühe gegeben, ein launiges Fest hinzulegen, was auch gelang. Vielleicht sollte der Imkergatte nächstes Jahr allein seinen Honigstand betreiben und ich die Bücher im Atelier lassen…

Die letzten Hummeln in der Fetthenne.

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Gestaltete Lyrik

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