Die aktuelle forsa-Umfrage treibt die Ampel und ihre Unterstützer in diesen Tagen arg um. Im Osten: AFD mit Spitzenwerten. Die Sorge ist groß, aus der Komfortzone gejagt zu werden. Doch statt Ursachensuche werden schon wieder die medialen Zeigefinger gezückt. Nur leider erreichen sie nicht mehr diese Wählergruppen. Sie sehen und hören nicht mehr zu, lesen keine Zeitungen mehr. Das haben die Öffentlich-Rechtlichen selbst verspielt, nicht erst durch Staatsnähe während der Pandemie. Der Deutsche wehrt sich ja nicht bei jeder Kleinigkeit, die ihm das Leben erschwert. Vielleicht war es ja deshalb nicht sogleich zu erkennen, wie groß inzwischen der Unmut in der Bevölkerung ist. Die Zumutungen mehren sich seit langem. Und im Osten treffen sie auf sehr viele Menschen, die durch die Deindustrialisierung in den 90ern chancenlos waren, ein gutes Leben zu führen und jetzt wirkt dieser Umstand in ihren Rentenhöhen nach. Im Westen hat das nicht viele gekümmert und auch dadurch wurde Vertrauen verspielt. Aber weil den Ostdeutschen nach der Wende durch Klüngelwirtschaft die Aufstiegschancen verwehrt wurden und Personal aus dem Westen mit Stadthaltermentalitäten und Siegerposen auftrat, wird es nicht einfach die Zeit heilen. Will sagen, den Fehlern der Ampelpolitik gingen über lange Jahre die Erniedrigungen Ostdeutscher voraus. Ich fürchte, man wird diese Menschen nicht mehr erreichen und so werden wir auf amerikanische Verhältnisse zusteuern, wo die Hälfte der Bürger der anderen Hälfte nicht mehr zuhört. Es gruselt mich.
Monat: Januar 2024
Morgenstunde (912. Blog-Notat)
Am Dreikönigstag kam mein Weihnachtsbrief bei meinem Sohn an. Ich hatte ihn am 10. Dezember 2023 abgeschickt. Kinner nee. In der Zeit wäre ja selbst ich die 70 Kilometer gelaufen. Alles wird ständig teurer und die Leistung dafür sinkt beständig. Eine Weihnachtsgeschichte braucht am 6. Januar einfach keiner mehr. Früher gabs auch Erkältungswellen, doch eine Postfrau kam trotzdem mit ihrem gelben Fahrrad. Bei Wind und Wetter. Das Briefporto kostete seinerzeit 20 Pfennige…
Seit Jahresbeginn haben wir eine neue Verrichtung im Tag und dazu brauchte es dieses gemeinsame Weihnachtsgeschenk: Eine Massageliege. Der Liebste hat seit Monaten Probleme mit den Schultern. 6 Physio-Termine bekam er, das wars, obwohl das Problem nicht behoben war. Sparzwänge.
Nun, aus meinen Zeiten als Leistungssportlerin weiß ich, wie Lockerungsmassagen gehen. Wir hatten damals auch nicht genug Physio-Personal, da haben wir Sportler uns gegenseitig geholfen. So lernt man auch. Aber auf dem Fußboden knieen – ist nicht so mehr gut, da mir bei dieser Arbeitshaltung die Atmung blockiert. Deshalb haben wir jetzt diese mobile Banke, macht sich super. 7 bis 8 Minuten schaffe ich, mehr nicht, aber immerhin und das täglich. Der Liebste verspürt Fortschritte, wer sagts denn. Ist schon irre, wie viele Dinge wir inzwischen wieder selber machen müssen…
Ein Sonntagsmärchen
Nun ist es geworden…😊
Das versteckte Dorf
Am Rande der offenen Weite, doch schon im Dämmerstreifen des großen Waldes lag ein mattes Dorf in der Heide. Zwölf geduckte Häuser mit zwölf alten Menschen darin. Früher war es ein blankgeputztes, quirliges Dorf. Als aber die Jungen Arbeit in der Ferne suchten, blieben nur die Alten zurück. Überall fehlte es an kräftigen Händen. Ihre Gärten verwilderten und aus dem Wald kroch das Moos über Wege und Dachsteine. Mit dem Moos rückte der Wald näher und näher, und bald schon spannte er ein grünes Zelt über die Häuser am Anger. Im Altendorf störte das keinen, im Gegenteil, denn jetzt wuchsen Pilze und Blaubeeren vor der Haustür. Aber da war noch etwas, dass einen jeden der Zwölf frohen Herzens den Tagen vertraute: Sie hörten die Bäume sprechen. Von der Kraft, die in allem ruht. Manchmal saßen die Alten stundenlang reglos am Teich im Dämmerblau und lauschten dem Baumgeflüster vom Sein und nicht mehr sein. Spannende Gedanken kamen ihnen dabei. „Jeder von uns ist etwas Leben von der Ewigkeit“, raunte der Zwölfte in die Runde. „Habt ihr das auch gehört? Ist doch viel schöner gedacht, als immer nur über das Alter zu seufzen.“ Die Anderen nickten zustimmend. „Aber ein bisschen mehr Kraft, um die Stube forsch zu fegen, wäre schon schön!“, murmelte der Elfte und der Zehnte fand: „Ein bisschen Hilfe beim Holzhacken käme mir zupass.“ Der Neunte rieb sich seine zittrigen Hände: „Ja und beim Hühnerstall Ausmisten auch.“ So ging es noch ein kleines Weilchen hin und her, bis sie die Dunkelheit nach Hause schickte. Unter der Bank am Teich regte sich etwas. Ungesehen schlich sich nun eine winzige, grüne Gestalt aus dem Dorf in den Hochwald.
Am nächsten Morgen waren alle Stuben gefegt, das Holz gehackt und der Hühnerstall ausgemistet. Ui, da staunten die Zwölf. Wer mag das alles nur verrichtet haben? War es ein Puck oder ein Troll oder gar zwei? Irgendwer hat jedenfalls Hand angelegt und dafür wollten sie danken. Zum Abend stellten sie alle ein Schälchen Brei neben ihre Eingangstüren. Anderntags waren die Näpfe leer. So ging das alle Nächte, was die Zwölf sich abends wünschten, wurde wahr und ihr Leben wurde ein bisschen leichter.
Eines Tages im späten Herbst rauschte der Ostwind in den Wipfeln der Bäume ein stürmisches Winterlied. Die Grünlinge froren in ihrer Laubhütte und waren beunruhigt. „Ob sie uns aufnehmen werden“, fragte der älteste Gefährte in den Kreis der Grünlinge. „Schon immer war unser kleines Volk Wächter der Waldhäuser. Das können die Zwölf aber nicht wissen, weil ihr Dorf gerade erst zu einem Walddorf gewachsen ist. Wir haben aber keine Zeit, denn wenn der harte Frost kommt, brauchen wir ein warmes Lager. Aber ihr wisst, wir dürfen nicht selbst darum bitten.“ Der kleinste Grünling meinte: „Wir sollten die Bäume fragen, ob sie für uns sprechen. Die Alten hören auf sie.“
Die Zwölf wärmten sich gerade an einem Kartoffelfeuer und berieten sich, was vor dem Winter noch zu tun wäre. Hochnebel verdämmerte das Tageslicht und es sah so aus, als würden die Bäume schweben. Auf einmal erhob sich ein knorriger Gesang. Mysteriös, wie aus einer anderen Welt. Die Alten vernahmen erstaunt die Legende von den Grünlingen, die in der warmen Zeit die Waldbewohner beschützten. Im Winter aber, würden sie erfrieren, wenn man sie nicht ins warme Haus bittet. „Oh, rief der Zwölfte aufgeregt, „jetzt wissen wir endlich, wer uns auf so wundersame Weise geholfen hat. Natürlich werden wir sie zu uns nehmen, oder?“ Die Alten waren sich einig und riefen wie mit einer Stimme so laut sie konnten: „Grünlinge, kommt zu uns!“ Da zeigten sie sich. Und fortan beschützten sie einander, jeder zu seiner Zeit.
© Petra Elsner, 7. Januar 2024
Ich bekam zum Märchen auf Facebook ein paar Stimmen:
Reinhard Gundelach schrieb: „Wunderschönes Märchen. Danke! Erwärmte mich gerade.“
Karin Segura schrieb: „Das waren auch so meine Gedanken, Reinhard. Einander Herzenswärme schenken, gut dass die Grünlinge daran erinnern.“
Jana Weinert schrieb: „Ach, was bist Du für eine Liebe. So ein herzerwärmendes kleines Märchen hinzuzaubern. Dankeschön. Ich werde es gleich mal meiner greisen Mutter vorlesen.“
Barbara Liebrenz schrieb: „Wunderschön und so hoffnungsvoll voll Liebe.“
Iris Go schrieb: „Es ist ein zu Herzen gehendes wunderbares Märchen mit spürbarer Liebe.“
Karla Schmook schrieb: „…es ist ein wunderschönes Märchen, so aktuell und so positiv.“
Morgenstunde (911. Bolg-Notat)
Man muss auch mal was in die Tonne klopfen. Die fertige Geschichte dieser Woche erwies sich als vorhersehbares Konstrukt. Geht gar nicht! Also: Neues Spiel, neues Glück, der erste Absatz kann bleiben 😊. Es fließt nicht immer gleich gut. Daher entwerfe ich lieber erst mit dem Bleistift und Farbe einen Protagonisten. Das ist eine Figurengeburt und es zeigt sich eine Mischung aus Moosmännchen und Blattträger – es wird ein Grünling sein, ein Waldwesen…
Schönes Schneewochenende wünsche ich allerseits!
Morgenstunde (910. Blog-Notat)
Es gibt so Tage, die tragen einen Trauerschleier. Heute ist der 40. Todestag meiner Mutter und ich vermisse sie immer noch. Will sagen, macht Euch keine Hoffnungen, einen liebenden Menschen vergisst man nie und der Verlustschmerz bleibt. Die Zeit heilt gar nichts und Fotos lügen auch, wie dieses hier: Glückliche Weihnachten 1956. Zuhause für eine Handvoll Tage. Wir Schwestern waren sonst im Wochenheim. Von Sonntagabend bis Samstagmittag. Nicht, weil meine Mutter karrieresüchtig war, sie hatte einen kriegsversehrten Mann, der jedes Jahr viel in Sanatorien weilte und lange krankgeschrieben blieb. Das Krankengeld war klamm, sie schuftete als Schreibkraft für vier. Die festlichen Samtkleider hat sie selbst genäht. Und trotz aller Hetzerei, sie strahlte immer eine unvergleichliche Wärme aus. Aber natürlich waren da auch die Verlockungen des Lebens, neben der harten Leier, das leichte Leben zu suchen, nachts in Westberlin bis zum Mauerbau. Sie spielte nebenberuflich in einem Kabarett und dieser Umstand brachte ihr so ein sonderbares Frauenförderstudium ein: „Regie und Journalistik“. Danach wurde sie Aufnahmeleiterin beim Rundfunk, später Redakteurin. Beliebt, wo auch immer sie war. Zu Grabe trugen sie, mit nur 53 Jahren, hunderte Menschen. Und heute – ein Totensingen in der Luft.
Morgenstunde (909. Blog-Notat)
Abgedeckt. Hab die Bücherauslage gegen Staub gesichert, denn jetzt, im Januar/Februar kommt eh keiner mehr ins Atelier, um irgendwas zu nachzufragen. Und falls doch noch ein Buch oder Heftchen gewünscht wird, ist ja das Laken schnell abgezogen. Läge Schnee, wäre es romantischer – dieses Winterstill. So schleicht nur Nachbars Kater gemächlich um die Pfützen. Wir halten inne. Lesen, Schlafen, Sinnen – die ersten Zeilen für ein neues Märchen sind geschrieben. Inhaltlich dreht es sich um die mangelnde ländliche Daseinsfürsorge des Staates. Muss nachdenken, wie das sperrige Thema eine künstlerische Verwandlung erfahren kann. Denn es soll ja kein „Erziehungsmärchen“, auch keine „Märchenhafte Petition“ sein. Es geht darum, den rechten Herzton zum Klingen zu bringen. Ob es gelingt, wer weiß…
Morgenstunde (908. Blog-Notat)
Guten Morgen 2024, wir haben dich gut begrüßt am Neujahrsfeuer. Zu den Dezembergeschenken gehörte auch eine besondere Kräutermischung, die mir Petra Wolf schenkte und mir später ihr alljährliches Räucher-Ritual dazu verriet: „Ich schreibe 13 Wünsche für das neue Jahr je auf ein Stückchen Papier, falte sie zusammen und verbrenne sie mit den Kräutern in jeder Rauhnacht mit dem Wunsch, sie mögen in Erfüllung gehen. Ein Wunsch bleibt übrig (es gibt 12 Rauhnächte). Um den muss ich mich dann selbst kümmern.“ Ich habe das Ritual vollständig in die Silvesternacht verlegt und es mit dem Liebsten gemeinsam vollzogen. Von den 13 Wünschen blieb für uns der schwerste übrig: „FRIEDEN“. Da haben wir was zu tun… Kommt alle miteinander gut ins neue Jahr.
Zeichnung: Petra Elsner
Petra Wolf schrieb mir: „Ich möchte dir noch eine kleine Anmerkung zu den Wünschen schreiben. Es sollten Wünsche ausgewählt werden, die ganz persönlich sind, die sich auch selbst erfüllen ließen. Bei ‚Frieden‘ ist es da wohl etwas schwierig, es sei denn, der Hausfrieden sei gemeint, was ich aber bei euch nicht vermute…“