Morgenstunde (8)

Erntezeit.

Es duftet nach trocknenden Pilzen im ganzen Häuschen. Wohltuend: Der Spätsommer verschenkt gerade Gaumenfreuden und ein bisschen Jagdfieber. Milde hängt im Gartengrün, in das sich schon viel Braun mischt. Wir hoffen auf eine gute Pilzsaison und beschauliche Waldspaziergänge. Man/frau sollte in jederart Herbst zur Ernte kommen, aber das ist nicht so. Doch heute Morgen klemm‘ ich mir mal die große Nachdenklichkeit.
In einer Stunde wird es klingeln und eine taffe Lehrerin wird auf dem Hof spazieren, um mit mir unser Apfelprojekt für die Kleine Grundschule in Groß Schönebeck zu besprechen.

Der kleine Apfekönig. Zeichnung: Petra Elsner

Meine Geschichte „Der kleine Apfelkönig“ wird von den Kindern in ein Stück zum Erntedankfest verwandelt. Die Lehrerin will mir zeigen, wie sie meinen Text für die kindlichen Spieler umgeschrieben hat. Dabei kann ich über das Runterbrechen etwas lernen. Das ist spannend für mich und lässt zugleich verschmerzen, dass der Aufwand für solche Projekte unverhältnismäßig hoch ist. Zur Vorarbeit gehörte neben der Geschichte: fünf Malblätter zu entwerfen, ein Bühnenbild auf Stoff aufzureißen und natürlich ein Konzept zu schreiben. Die Malblätter werden von den Kids farbig ausgelegt und dienen danach als Spielhilfe, denn die Blätter zeigen immer einen Szeneninhalt. So können sie leichter mit eigenen Worten die gehörte Geschichte nacherzählen. Darum geht es. Und auf der Seite der Macher verschmelzen im Vorspiel (also in einer Stunde) die Talente. Ein feiner Morgen!

(pe, 28. August 2017)

 

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Morgenstunde (5)

In den Weiden…

Sonnenfunken gaukeln in den Morgen ein letztes Lied vom Sommer. Doch dieses Licht tanzt nur windig, nicht warm. Acht Grad Aufstehtemperatur – da muss frau für den Wohlfühlzustand richtig zaubern. Ein paar Lindenklanghölzchen in den Weiden reichen dazu nicht aus. Wir werden jetzt ins Auto steigen und an die Oder fahren. Dem Wetter voraus. Dort wird der Tag am längsten regenfrei sein. Ich will neue Blicke sammeln. Diesseits des Stroms, nicht jenseits im Land meiner väterlichen Ahnen. Mit gekappten Wurzeln lässt sich schlecht wachsen – das ist eines meiner Merkzeichen auf meinen weisen Sprüchevögeln. Geflossen aus erlebter Wahrnehmung. Dieses Ziehen in die Fremde, auf blutigen Fluchtwegen hat ein großes Schweigen in meiner Sippe hinterlassen und einen ängstlichen Zukunftsblick. Gefühlt habe ich den immer noch in meinem Nacken. Gewehrt dagegen – ein Leben lang.

(pe, 24. August 2017)

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Morgenstunde

Pfauenauge auf Sonnenblume. Foto: pe

Ich bin ein Spätaufsteher, ein Schlafmonster geradezu, dann, wenn der Wecker ruft: „Morgenstunde hat Gold im Munde und Blei im Hintern…“ Immer schon war das Aufstehen für mich geradezu Strafe. Wenn ich mich für eine Prüfung anmelden musste, wählte ich stets die vorletzte oder letzte Zeit. Vorher oder gar in aller Frühe konnte ich einfach noch nicht richtig denken, dass glaubte ich jedenfalls. Ob das wirklich so ist, habe ich nie getestet: Jetzt beginnt mein Selbstversuch: Tippen zum Morgenkaffee. Bisher erledigte ich dazu höchstens die virtuelle Post.
Es ist spät im August und so unglaublich leise im Dorf, dass man meinen könnte, alle sind auf der Aida eingecheckt, auf Kreuzfahrt in den Süden. Spontan, weil hier die Mücken die ganze Schorfheide okkupiert haben. Hunderte hocken in jedem Busch und es gibt viele davon in den sogenannten Buschdörfern. Pilze suchen ist so ein echtes Wagnis geworden und Sternegucken auch. Deshalb ist dieser Sommer 2017 für mich eher zu einer zusätzlichen Projektzeit geraten:  Die Mohnfeegeschichte ist entstanden, Zeichenvorlagen für ein Schulprojekt in Groß Schönebeck und eine Schach-Schul-Vignette hab ich entworfen. Heute werde ich das 100. Mohnfeeheft falten und binden und nächste Woche kommt endlich der Eulenkalender. Keine Ahnung, was ihn aufgehalten hat, ob der Drucker schlecht geplant hatte oder die Binderei, auf jeden Fall bin ich einigermaßen angepickt. Drei Wochen Verzug machen einen mürbe. Nun gut, Dienstag wird er wohl aus dem Sommerloch eintrudeln und ich sehe dann alle meine Kinder, die ich im Winter gezeichnet habe wieder. Ich bin wirklich gespannt. Aber heute zum Sonntag ist Kaiserwetter. Über die Dächer segeln die jungen Schwalben, ich spring dann mal in das seltene Geschenk dieses Sommers – in einen Draußentag.
(pe, 20. August 2017)

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