Morgenstunde (667. Blog-Notat)

Sie kann das Gras wachsen hören, die Hex auf der Streuobstwiese. Was sagt das Grasgeflüster? „Die Graspollen fliegen und die vom Spitzwegerich auch.“ Und was noch? Sie schweigt, wie schade. Ist ja mit der Zeit schon ein bisschen dürre geworden. Im Herbst bekommt sie ihr drittes Kleid aus den Ranken des wilden Weins. 35,7° im Hof – das ist viel zu heiß für einen klaren Kopf. Etwas Wind weht Kinderlachen aus den Planschbecken der Gärten herüber. Das klingt lebensfroh, ich aber halte es nicht einmal unter dem Blätterdach der Linde aus. Die Hitzewand macht das Atmen schwer und ich fürchte, wenn die Temperatur in zwei Stunden weiter so hoch ist, wird es für mich nichts mit dem Konzert in Tornow auf der Pfarrwiese. Ach, menno, dass der Wettergott doch immer gleich so übertreiben muss, nicht wahr kleine Hex? Die sagt in der Demse auch nichts mehr…

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Morgenstunde (83. Blog-Notat)

Sommerzeit.

Es ist still geworden im Dreiländerwinkel*. Das Arbeitsvolk hat seine Koffer gepackt und ist mit Kind und Kegel davon. Die Alten haben sich vor der Hitze in die Häuser geflüchtet, draußen dödelt die Demse ihr zirpendes Langzeitspiel. Mittags ist es kaum auszuhalten. Und doch scheppern gerade dann, wie aus dem stillen Nichts, Besucher die Gartenglocke. Gestern kamen zwei ehemalige Kolleginnen aus Frankfurt / Oder vorbei. Wirklich bemerkenswert, denn es sind immerhin zweieinhalb Autostunden von dort zu uns. Sie erzählten von den derzeitigen Arbeitsbedingungen und ich dachte bei mir, das klingt von Jahr zu Jahr schlimmer. Die Printjournalisten knabbern wirklich ein hartes Brot, mit störanfälliger Technik, die den Leser zuweilen schaudern lässt, die Macher auch, denn sie wissen nicht, was sie tut (die Technik). Während wir sprachen, dachte ich unentwegt, mein Gott, wie gut, dass ich damit nichts mehr zu schaffen habe. Als die Mädels wieder vom Hof zogen, knisterten nur noch die dürren Grasnelken. In der Bienenküche summte leise ein Motor, der Liebste schleuderte den letzten Honig der Saison ab. Seine Völker bekommen nächste Woche ihr erstes Winterfutter. Wie unterschiedlich doch Zeit läuft.  Bei uns ist es die Folge von Ereignissen, die es gefühlt schon herbsteln lässt, ganz gleich, wie hoch der Sonnenstand eigentlich ist …

*Im Dreiländerwinkel stoßen die Landkreise Uckermark mit ihren Dörfern (Groß Dölln), Oberhavel (Kurtschlag und Kappe) und Barnim (Schluft) zusammen.

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