Morgenstunde (384. Blog-Notat)

Die Tischrunde hat sich wieder aufgelöst, obwohl wir noch lange hätten weitersprechen können. Es gab in den dreieinhalb Sonntagsstunden mit unseren Besuchern aus Vielitzsee und Thüringen so gar keinen Grund nach der Uhr zu sehen, außer dafür, dass die Vier ihren Anschlusstermin in Templin nicht verpassten. Für sie bin ich morgens auf die Leiter gestiegen und habe die Märchenbanner in den Lesegarten gehängt, wobei mir fasst die Puste ausging, weil die Atemsprays noch nicht wirkten. Wir waren nach dem Literaturfest einfach nicht früh genug aus den Federn gekommen. Das muss ich endlich lernen – körperliche Arbeit besser einzuteilen. Aber gut, da hab ich ein Weilchen geschnauft, konnte aber schon wieder Quasseln, als die Gäste eintrafen und sich umsahen. Ich bekam zwei feine Bücher (die ich hier später noch besprechen werde) und schönstes Gartengemüse geschenkt. Besser geht nicht. Ein wohltuendes Gespräch schloss sich an, aus dem echtes Interesse füreinander wuchs. In dieser Plauderrunde durfte ich viel über die komplizierte Existenz von Kleinverlegern erfahren. Ein Austausch, der mich nachdenklich zurückließ. Wie wird der Büchermarkt in einer Handvoll Jahren aussehen? Können sich die kleinen, seriösen Verlage in der öffentlichen Wahrnehmung halten oder werden sie subtile Ausschlussmechanismen zukünftig in ein Schattendasein oder gar zum Aufgeben zwingen? Und welche kulturellen Auswirkungen wird das für unser Land haben? Die kulturelle Vielfalt gehört im Verlagsbereich bald auf die Rote Liste der schützenswerten „Arten“. Und weiter, kann es gelingen die unter Vierzigjährigen aus ihren diversen Filterblasen wieder herauszuholen? Wenn ja, WIE? Vielleicht über das Bücherlesen. Ich bin skeptisch, denn es wird einfach inzwischen zu wenig gelesen. Ich bekomme sehr oft von Veranstaltern gesagt: „Ach, können Sie in Ihrer Lesung immer nach 15 Minuten eine Pause machen? Die Konzentration lässt bei unseren Gästen zu schnell nach.“ Abgesehen davon, dass solche Pausen den Spannungsbogen zerreißen, gelingt es so eben nicht, den Zuhörer wirklich mitzunehmen, gedanklich anzustoßen, aufzurütteln… oder was auch immer. Es greift alles ineinander: Wer nicht mehr liest, der kann schlussendlich auch nicht mehr zuhören. Die Lebensumstände sind im Fluss, vielleicht sogar im Sturzbach und wir Büchermacher sind wohl langsam Treibgut.

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