Öffentliches Schreiben:
Der Elfenschrat (1)
Das Winterhäuschen knarrte und knisterte im ruppigen Novemberwind, und die Türschwelle wuchs wieder ein bisschen in der kalten Feuchte. Dadurch knarrte das Türöffnen so mächtig, als wollte ein Elfenschrat dem Holz entspringen. Einer, der schon hundert Jahre in dem Holz wohnt und darüber klagt. Plattgeschlagen von einer alten Eiche im Schorfheidewald. Er hatte den Waldarbeitern beim Baumfällen und Köhlern zugeschaut, und just, als diese Eiche fiel, war er nicht achtsam genug. Da hat es ihn hineingepresst in dieses Holz – auf Ewigkeit. Immer, wenn es Winter wird, jammert der Elfenschrat besonders laut aus diesem Holz.
Wenn ich sein Abbild finde, kann ich ihn vielleicht erlösen, dachte sich die Hausmaus Hermine unter den Dielen, denn dieses Schrammen war ihr einfach zu laut.
Sie kroch durch das Loch neben dem Heizungsrohr in die Oberwelt und besah sich die schnarrende Pforte. Es war tiefste Nacht, längst schliefen die Hausbewohner tief und fest, nur Hermine konnte kein Auge schließen. An einer Fuge kletterte sie aufwärts und besah sich Schritt für Schritt die Maserung der alten Eichentür. Irgendwo muss es ihn doch hineingepresst haben. Eine Mausbreite aufwärts, eine Mausbreite abwärts und so weiter, Stückchen für Stückchen hangelte sie sich auf und nieder. Die Maus kam ins Schwitzen, doch sie hatte gerade erst die Hälfte der Tür genau inspiziert, als es plötzlich kicherte. „Nicht, das kitzelt doch!“ Hermine hielt inne und kletterte vorsichtig ein paar Schritte zurück: „Wo steckst du?“ Offenbar war sie zu nahe dran, um gut zu sehen. „Hi, hi, hi, hi.“, kicherte es wieder, und Hermine entdeckte ein uraltes Auge, das schlaff blinzelte…
Views: 267