Die Heidefrau

In der Schönower Heide am Aussichtsturm. Foto: Lutz Reinhardt
In der Schönower Heide am Aussichtsturm.
Foto: Lutz Reinhardt

Dort, wo der Ziegenmelker in die Nacht flattert und eindringlich sein Quirooquirooquiroorri knarrt, schöpft sich das lange zerschossene Land aus der Natur neues Leben. Auch sehr seltenes, wie die Glattschlage oder den Ziegenmelker. Michaela Tiedt-Quandt führt auf Wunsch Naturfreunde in die Schönower Heide, hoffend, den Ruf der drosselartigen Nachtschwalbe aufzuspüren. Wenn, dann tönt er stundenlang in die Abenddämmerung. Bei aufsteigendem Vollmond betört das Bild alle Sinne.
Am Aussichtsturm zum Wildgatter schenkte uns die Frau, die eine feste Wurzel in der Heide geschlagen hat, eine interessante Stunde bei Holunderblüte- und Kornblumentee und erzählte beherzt vom Schönower Heide Verein e. V.. Der kümmert sich gemeinsam mit den Berliner Forsten um die Hege und Pflege dieser märkischen Landschaftsperle. Die schimmert besonders herbstwärts im nuancenreichen Lila. Die Besenheide färbt dann das 534 Hektar große Naturschutzgebiet zu einem Warmtongemälde. Kaum vorstellbar, dass dieses Revier allein auf Menschenhand basiert. Ohne den Eingriff wäre die Heide längst wieder Wald und ihre mosaikartigen Strukturen aus kleinen Baumgruppen, weiten Silbergrasfluren, Moosen und Flechten und offenen Sandern verloren. Auf einem Rundwanderweg (zwei oder sechs Kilometer) kann man all das im Wandel der Jahreszeiten erleben. Und mit etwas Glück kann der Wanderer auch scheues Wild bestaunen.

Michaela Tiedt-Quandt schwärmt für die Forstwirtschaft. „Du erlebst die Jahreszeiten, bist immer draußen – es ist einfach schön.“ Und so wundert es kaum, dass sie auch leidenschaftlich für den Naturschutz eintritt. (Foto: Lutz Reinhardt)
Michaela Tiedt-Quandt schwärmt für die Forstwirtschaft. „Du erlebst die Jahreszeiten, bist immer draußen – es ist einfach schön.“ Und so wundert es kaum, dass sie auch leidenschaftlich für den Naturschutz eintritt. (Foto: Lutz Reinhardt)

Während wir Michaela Tiedt-Quandt zuhören, lässt sich leider kein Hirsch erblicken. „Aber gestern haben die Hirsche dort in der Tränke gebadet“, erzählt die Forstwirtin, Waldpädagogin, Landschaftsführerin, Mutter dreier erwachsener Kinder und Chefin des Schönower Heide Verein e.V.. Sie ist nicht die klar, dominante Frontfrau, das ist der Zarten gar nicht so gegeben. Sie kommt eher als heitere Frohnatur daher, die Dinge gut verteilend, damit sich das Arbeitsbündel besser bewältigen lässt. Getragen wird sie dabei von ihrer Liebe zur Natur, und wenn sie diese Umwelt erklärt, sieht man förmlich ihr Herz lächeln: „Wir befinden uns in Brandenburg, dem Naturpark Barnim, und im Moment auf Grund und Boden der Berliner Forsten. Anfang des 20. Jahrhunderts kaufte das Land Berlin in Brandenburg vor allem Waldflächen auf, um Erholungsmöglichkeiten für die ständig wachsende Hauptstadt Bevölkerung zu schaffen. Die Schönower Heide gelangte in den Besitz Berlins, als Flächen rund um Schönow für die Verrieselung der Berliner Abwässer erworben wurden. Sie wurde dann jedoch als militärisches Übungsgelände genutzt. Die heutige Schönower Heide war Land, das für den Ackerbau nicht nutzbar war. Nach der Wende wurde im Jahr 2000 die Schönower Heide zum Naturschutzgebiet erklärt. Dafür gekämpft hat der Ortsbeirat von Schönow. Der stellte zugleich die Gründungsmitglieder des Vereins. Adelheid Reimann als Ortsvorsteherin war auch Vorsitzende. Das war zunächst eine politische Sicherung, erst mit der Zeit lernte der Verein laufen.“ Und weil es aus Michaelas Sicht in dieser Gründerzeit inhaltlich nicht zügig voran ging, machte sie gelegentlich murrend ihrem Unbehagen Luft und 2009 plötzlich hieß es: „Mach es doch besser“ und sie wurde Vereinsvorsitzende.
Rund 40 Mitglieder hat heute der Verein, Schüler (die „Heidekinder“) und Naturliebhaber, die schützenwerte Natur pflegen und erklären. Die ansprechende Ausstattung des Rundwegs, des 140 Hektar großen Wildgatters mit dem hölzernen Aussichtsturm und Wanderrastplatz übernahmen die Berliner Forsten – im Rahmen ihres Wildtierbeweidungsprojektes, um die Heide vor der Verbuschung zu schützen. Zwischen den Forsten und dem Verein besteht eine enge Kooperation. Der Verein hat Futterkrippen für Notzeiten finanziert. Von Oktober bis März ist er in der Landschaft aktiv. „Aber da muss ich nicht überall dabei sein, wir haben jetzt taffe Leute beieinander. Es gibt die AG Entbuschung, die haben alle einen Motorsägenschein gemacht und schneiden Kiefern und Birken aus dem Gelände. Die Heidekinder schaffen kleine Stein- und Borkenplätze als Lebensräume für Kleintiere. Andere Vereinsmitglieder geben die Landschaftsführungen durch die Heide für jedermann. Die Ziegenmelkerwanderung führt Michaela, die Hirschbrunftwanderungen im September/Oktober ihr Mann Hartmut und auch den Gang durchs Wildgehege. Etwa ein Viertel ihrer Freizeit geht bei ihr für die Vereinsarbeit drauf. „Das nächste was ansteht, ist der Bau eines zweiten Aussichtsturms auf der Hälfte des Rundweges und die Pflege der Erholungseinrichtungen, sprich Sitzgruppen. Schilder müssen erneuert werden und auch der Parkplatz sollte erweitert werden … es gibt viel zu tun.“
Sie sieht sich nicht „als der besondere Mensch, sondern ich repräsentiere eine besondere Landschaft“ – und das macht sie ganz zauberhaft, mit all den anderen im Heideverein und lässt zum Abschied einladend wissen: „Wir suchen immer wieder neue Mitstreiter jeden Alters.“

Weitere Infos unter: www.schoenower-heide-verein.de, Kontakt: 03338 – 704439
Postadresse: Schönower-Heide-Verein e.V., Schönerlinder-Straße 25 A, 16321 Bernau

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