Morgenstunde (994. Blog-Notat)

Die Lücke in der Zeit
Wo waren nur die letzten Wochen hin? Eine stumme Schwebe durchzogen sie und nichts, wirklich sogar nichts hatte sie aus dieser Zeit vorzuweisen. Keine gute Zeile, kein Bild, keinen klugen Gedankenblitz. „Hals und Beinbruch!“ als Glücksformel zu benutzen, das ist einfach nur grotesk, dachte humpelnde Frau. Es ist wohl eher so, dass das neidzerfressene Theatervolk nur auf einen Unfall lauerte, der die Zweitbesetzung ins Rampenlicht befiehlt. Wer spielt gerade ihre Rolle, während sie im Dornenschuh die Lücke in der Zeit durchschritt? Sie spürte ganz deutlich, wie sie verschwand. Verborgen zwischen nicht notierten Zeilen. Feststeckend im Schmerz-Rondo ihrer Bein-Fraktur.
Es ist die neunte Woche in diesem Zeitvakuum, als sie sich endlich von ihrem zerwühlten Lager erhob, um sich auf einen Rollator gestützt, durch die Wohnung zu bewegen. Vorsichtig und instabil. Die Hände schmerzen vom abzufedernden Gewicht, als würde sie an Geräten turnen. Es wird Zeit, die Lücke zu schließen…

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