Karin Schulze aus dem Schorheidedorf Kappe zaubert Figuren, Kulissen und sinnliche Genüsse:
Hinter den Rabenbergen, tief in der Schorfheide lebt Karin Schulze und zaubert dort ein bisschen – jeden Tag. Sie kennt jedes Kraut in ihrem Wiesengarten und hat sich ein Kräuterweiblein namens Tannmütterlein gestrickt, das ihr Wissen von der Natur an Kita-Kinder weiter gibt. Die Kräuterkundige ist seit 40 Jahren Erzieherin und hat für sich das Darstellende Vorlesen als bestes Mittel entdeckt, kleine und größere Kinder gleichermaßen anzusprechen. Für ihre Morgenkreise sucht sie immerzu passende Geschichten, die sie als kunterbuntes, interaktives Bühnenspiel inszeniert. Alle Sinne soll es treffen. Hier erwachen Hänsel und Gretel, die Raben Kräx und Krox, die Schneefrau Luise … als fein gestrickte Gestalten. Tolle Charakter- oder Blütenköpfe agieren in einem Bühnenbild und die Erzählerin sitzt selbst mittendrin: erzählt, fragt, animiert. Wenn das Tannmütterlein wieder einmal ein neues Kraut vorstellt: Löwenzahn, Pimpinelle, Giersch, Vogelmiere oder Knoblauchrauke, dann hat die Erzählerin natürlich ein Kräuterbrot dazu gebacken und Wildkräuterbutter angerichtet: Schmecken, riechen, so nistet sich das erklärte Kraut im kindlichen Gedächtnis ein.
Karin Schulze erklärt: „Das Erzählen oder Vorlesen wird mit verschiedenen Gegenständen ergänzt. So können die Kinder die Geschichten, Märchen oder spezielle Themen mit allen Sinnen erfahren. Riechen, schmecken, hören, fühlen, sehen. Dabei werden die Morgenkreise für die Kinder noch einmal ganz anders erlebbar. Die besprochenen Themen wirken nachhaltiger, anwendbarer auch auf andere Lebensbereiche und es geschehen Transfers in die Umwelt. In dieser besonderen Erzählatmosphäre kommt die Gruppe zur Ruhe, in der sie dem Geschehen gespannt folgt. Verzaubert tauchen die Kinder ein in die Welt der Fantasie.“
Das ist allerdings nicht einfach mal so geschaffen. Wenn andere vergnüglich beim Sonntagskaffee plaudern, baut Karin Schulze für all das die Kulissen, strickt die Figuren, backt was gebraucht wird. Für die Schneefrau Luise zum Beispiel Schneeflockenplätzchen. Und im Nachtrag des Events fertigt sie eine Wandzeitung mit Fotos vom Morgenkreis für die Kinder zur Erinnerung. Ein mächtiger Aufwand, den die Erzieherin nicht scheut, weil ihr die Freude der Kinder erlebte Akzeptanz zurückgibt. Spürbar auch in herrlicher Vorfreude, wenn die Zwerge rufen: „Oh, Karin, machst du wieder den Morgenkreis! Schön!…“
Wie sie das so erzählt, beginnt die 61-Jährige zu leuchten und ihre Augen sprühen begeistert. Man spürt das Glück, dass ihr selbst diese eigene Gabe bereitet: Einer Geschichte Gestalt zu geben. Da kann es auch schon mal geschehen, dass sie auf dem Heimweg mit der Heidekrautbahn den Zugbekanntschaften die Geschichte aus dem Morgenkreis abends noch einmal vorspielt. Und ringsherum lauschen viele müde Pendler vergnüglich.
Einen mächtigen Korb voller Figuren hat sie für die vielen Episodenspiele schon geschaffen: Wichtel, Zwerge, Hexen, Tiere und Spielfiguren. Im Grunde könnte die Frau jederzeit eine Puppenbühne eröffnen, aber sie hat anderes im Sinn: Als Privatlehrerin möchte sie gerne Seminare zur Gestaltung von Morgenkreisen anbieten. Das ist eine nahe Zukunftsvision, die als Essenz aus ihrem Berufsleben und ihrem kreativem Schaffen rührt. An einer Zeitschwelle, an der andere eher leiser treten und über ein Rentnerdasein sinnieren, hat diese Frau so ganz andere Dinge auf dem Schirm, nämlich selbst bestimmt ihre Erfahrungsschätze anderen weiter zu geben. Anmeldungen von Interessentinnen hat sie schon.
Petra Elsner
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