Sagenhafter Barnim (16)

Böttcher bei den Unterirdischen:

Böttcher bei den Unterirdischen. Zeichnung: Petra Elsner
Böttcher bei den Unterirdischen.
Zeichnung: Petra Elsner

Nahe des verlassenen Choriner Klosters wehten in der zwölften Stunde Stimmen durch die Nacht. Viele Leute hatten sie schon vernommen, aber keiner war ihnen jemals gefolgt. Doch eines späten Abends hörte der Böttcher in der Stube seines Tagelöhner-Häuschens eine seltsame Stimme seinen Namen rufen. Der Schreck fuhr dem Mann in die Glieder und er tat so, als würde er die Stimme nicht hören. Die aber rief ihn ein zweites Mal und nannte ihm einen Ort im Kloster, an dem er sich mit seinem Werkzeug einfinden solle. Der Handwerker aber reagierte nicht. Da flehte die Stimme ein drittes Mal und der Böttcher erbarmte sich schließlich. Beklommen packte er Messer, Beil, Hammer und Reifen zusammen und schlich zu dem besagten Ort. Dort wartete ein freundliches Männlein auf ihn. Weil der Weg geheim bleiben sollte, musste sich der Böttcher die Augen mit einem Tuch verbinden. Ein Weilchen stolperte er so durch ein Labyrinth aus schmalen Gängen, bis ihm das Männlein die Augenbinde löste, und er eine leuchtende Höhle erblickte. Viele zwergenhafte Gestalten gingen hier stumm ihren Verrichtungen nach. Sie kümmerten sich nicht um den Ankömmling, der jetzt von jenem Männlein, das ihn geführt hatte, gebeten wurde, zwölf neue Fässer zu bereifen. Vor jedem dieser Fässer lag ein Haufen Gold. Als der Böttcher seine Arbeit abgeschlossen hatte, durfte er sich zum Lohn von jedem Goldhaufen einen Teil nehmen. Und weil der Mann bescheiden war, nahm er nur so viel mit sich, wie er auch tragen konnte. Auf dem Rückweg an die Oberwelt wurden dem Böttcher abermals die Augen verbunden. Die Kirchturmuhr schlug und die Geisterstunde war vorbei, da befand sich der Mann mit all seinen Schätzen wieder an jener Stelle, zu der ihn eine Stimme gerufen hatte.
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