Ameisen-Stopp

Wer auf dem flachen Lande lebt, fest oder auch nur auf Zeit, dem muss man eigentlich nicht erzählen, dass die Spuren seines Seins, die Natur rasch über webt, wenn sie nicht stetig sind. Doch nirgends ist dieses Werden und Vergehen sichtbarer als im Wald. Unter seinem grünen Labordach, in feuchtem Klima gedeiht unentwegt aus scheintotem, neues Leben, und was nicht gebraucht wird, räumen rote wie schwarze Ameisenkolonnen auf.
Sommerfrischler kennen das gut: Nach langer Abwesenheit muss man sich seine kleine Hütte gewissermaßen zurückerobern. Die winzige Fledermaus unter unserem Flachdach hat ihre Kinderstube letzte Woche ganz von allein aufgelöst (beim 21. Flattermännchen habe ich, schwer beeindruckt, aufgehört zu zählen); drei Wespennester klopften wir frühzeitig ab; die vielen Käfer nach der Holzfällaktion im Frühjahr fraßen  die Spechte, aber die Ameisen wollten uns so gar nicht verlassen.  Aber was tun, wenn der Naturfreund nicht zur Giftkeule greifen möchte oder darf? Es gibt eine sonderbar einfache Lösung, die uns die muntere Frau Jesse im gleichnamigen Imkereibedarf in Hirschfelde verriet: Kreide. Wie jetzt? Na, einfach einen Strich mit Schultafelkreide quer durch die Ameisenstraße auf der Hauswand ziehen und – staunen, denn die wackeren Krabbler kehren plötzlich um. Die oberen muss man jetzt nur noch abfegen, und Friede ist im Revier. Warum die Ameisen nicht über Kreide gehen ist mir auch nicht bekannt, der Strich durchtrennt jedenfalls ihre Duftspur, die ihnen ihren Weg weist. Vorsorglich habe ich nach dem ersten erfolgreichen Test gleich dem ganzen Haussockel einen Strich spendiert. Der versieht nun seinen Job wie ein Regelposten auf einer Straßenkreuzung.

 © Petra Elsner

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