
… Die Tür knarrte und die Mutter stolperte in die Küche. Helene Acker glich nur noch einem menschlichen Hauch. Dürr und durchsichtig. Wortlos kam sie an den Tisch, setzte sich zu ihrer Tochter, die ihr Tee eingoss und ein Marmeladenbrot zubereitete. Als sich Julie erhob und sich nach dem Kartenspiel auf dem Bord streckte, bekam Blick der Mutter einen wachen Glanz. „Eine Runde Mau-Mau gefällig?“ Helene nickte und begann zu plaudern und zu scherzen, als hätte jemand in ihrem Hirn einen Schalter umgelegt. Aber nur solange das Spiel dauerte. Als Julie die Karten nach einer Stunde zusammenschob und wieder mit einem Gummi verband, erschlaffte das mütterliche Gesicht in Teilnahmslosigkeit, und die Augen der Tochter verschwanden hinter einem Tränenschleier. Nichts war gut an diesem Morgen.
Waldgeflüster
Draußen fuhr Anton Müller mit seinem Roten Traktor Richtung Wald. Sturmholz zerschneiden. Im Vorbeituckern grüßte er Freddy Köhler, der gerade seine Zeitung aus dem Kasten zog, mit einem lässigen Handzeichen. Köhler, ehemalige Dorfpolizist, polterte ihm scherzend hinterher: „Haste nicht langsam genug Brennholz auf deinem Hof geparkt? Die unterste Reihe muss doch schon Kompost sein.“ Müller winkte tonlos ab und folgte schmunzelnd seiner Leidenschaft: Hölzeln bis der Arzt kommt. Über dem Mann mit dem weißen Haar wogte das große Baumwipfelrauschen mit dem Wind. Es klang wie der Wellenschlag der Ostsee, es fehlte nur der Salzgeschmack in der Luft, dafür regnete es Kiefernspitzen…
© Petra Elsner
Januar 2018
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