Milchmond (34)

Öffentliche Winterschreibarbeit zu “Milchmond”, der Kriminalgeschichte von Petra Elsner.

… Gegen Mittag duftete das Areal rund um den Dorfkrug köstlich. Alle Jahre wieder lud das Wirtspaar zu den Weihnachtsfeiertagen zum traditionellen Entenessen. Jan hatte längst die Spuren der Nacht beseitigt und der Wirtschaft ein Festgewand übergeworfen, während die Mutter einen Berg von Geflügel zubereitete. Bernd Uhlig steckte indes im Keller ein frisches Fass Bier an und räumte Flaschen weg. Der Durst in der Heiligen Nacht muss groß gewesen sein. Ihm war es recht so.
Als Kai Fischer gegen 11 Uhr den Gastraum betrat, war er gerade aus dem Bett im Ferienzimmer gestiegen. Alleine natürlich. Julie hatte ihn auf dem Nachhauseweg zwar auf Distanz gehalten, aber nicht abgewiesen. Ganz klar, sie brauchte Zeit und er musste Gelegenheiten schaffen. Uhlig Junior hatte die Haustür gehört, er fegte hellwach aus der Küche und schickte den hageren Mann in die mollig warme Billardstube, wo bereits sein Frühstückgedeck wartete. Brötchen, Eier mit Speck in einer Wärmepfanne und Kaffee. „Na, einen schweren Kopf“, fragte der Wirtssohn und plauderte gut aufgelegt weiter. „Die Cocktails, die unsere Schweizer Garde zuletzt mixte, hatten es wirklich in sich. Ich bin kaum aus den Federn gekommen, aber die Arbeit macht sich nun mal nicht von allein.“
Kai nickte und schlachtete mit einem gut gesetzten Messerhieb sein Frühstücksei. „Kann ich noch ein paar Tage bleiben, bis Neujahr vielleicht, mit Vollpension?“
„Kein Problem, im Winter ist unser Ferienzimmer meistens frei. Zum Entenessen hab ich Dich schon mit eingeplant. Pünktlich 13 Uhr, bitte.“
Julie war an diesen Morgen in das Buch der Schatten vertieft. Sie las überrascht und vergaß vollkommen die Zeit. Es klopfte leise klirrend an die Fensterscheibe, der Rabe brachte sich in Erinnerung und hoffte auf ein bisschen Brot. Julie reagierte prompt und brachte ein trockenes Stück herbei. Der Schwarze hüpfte nur etwas beiseite als sie das Fenster öffnete und flog nicht mehr aufgeschreckt davon. Sie vertrauten bereits einander. Wenn das immer so leicht wäre, dachte die Frau bei sich…

 

© Petra Elsner
März 2018

Hinweis zum Urheberrecht:

Der Text darf ohne Angabe des Urhebers nicht weiterverwendet oder kopiert werden. Auch das Zitieren von Textstellen bei Veranstaltungen bedarf meiner Genehmigung.

Alle in dieser Kriminalgeschichte vorkommenden Namen, Personen, Organisationen, Orte sind erfunden oder werden rein fiktiv benutzt. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Geschehnissen, Orten oder Personen, lebend oder tot, sind nicht beabsichtigt und rein zufällig.

Aufrufe: 1508

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

%d Bloggern gefällt das: