Milchmond (14)

Winterschreibarbeit zur Kriminalgeschichte “Milchmond” von Petra Elsner

Hier oder in Panama

… „Und worum ging es in Ihrem Streit?“, fragte der Beamte nach. „Das tut hier nichts zur Sache“, antwortete Julie Acker spröde. Sie wollte ihre Schwester als vermisst melden und nicht über Familienangelegenheiten sprechen. Der Beamte blickte sie ernst an: „Es hat meistens einen familiären Grund, wenn Menschen verschwinden.“ Die junge Frau verlor langsam der Rest ihrer Fassung: „Soweit kommt es noch, dass Sie mich hier wie eine Verdächtige behandeln“, schimpfte sie. „Es ging nur, wie so oft, um Geld.“
Ihm entfuhr ein süffisantes „Aha“, und sie blickte ihn dafür an, als wollte sie ihm gleich eins auf die Nase geben. Der Mann verstand und beendete die Aufnahme der Anzeige: „Na, dann wollen wir mal hoffen, dass Ihre Schwester bald wieder unbeschadet auftaucht. Wenn, dann geben Sie uns bitte Bescheid oder umgekehrt melden wir uns bei Ihnen. Aber ich sage Ihnen das gleich: Es verschwinden jedes Jahr Hunderte auf nimmer Wiedersehen. Oft steckt kein Kapitalverbrechen dahinter. Meistens sind die Leute einfach abgetaucht und verstecken sich in einem neuen Leben, hier oder in Panama. Alles ist unbestimmt im Augenblick, versuchen Sie Ruhe zu bewahren.“ Der Beamte stand auf und gab damit zu verstehen, dass die Sache für den  Moment zu Ende ist. Julie Acker trat ins Freie und wusste nicht – was nun?
Kai Fischer hatte in seinem Transporter auf sie gewartet. Er hupte kurz, stieg aus und sie lief langsam auf ihn zu. Sie zitterte und er fragte „Ist Ihnen kalt?“ „Nein, ich habe Angst. Eine Scheißangst!“ Sie stand da verloren und schrumpfte in einen bedauernswerten Zustand. Verhärmt, erschöpft, die Augen randvoll Tränen.
„Kommen Sie, wir fahren zurück, trinken beim Bäcker einen Kaffee, dann geht es Ihnen bestimmt besser“, hoffte der Mittvierziger etwas unbeholfen….

 

 

© Petra Elsner
Februar 2018

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Alle in dieser Kriminalgeschichte vorkommenden Namen, Personen, Organisationen, Orte sind erfunden oder werden rein fiktiv benutzt. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Geschehnissen, Orten oder Personen, lebend oder tot, sind nicht beabsichtigt und rein zufällig.

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