Sagenhafter Barnim (23) Sagenbearbeitung der Woche

Die verwunschene Prinzessin vom Schlossberg in Biesenthal:

Die verwunschene Prinzessin vom Schlossberg in Biesenthal. Zeichnung: Petra Elsner
Die verwunschene Prinzessin vom Schlossberg in Biesenthal. Zeichnung: Petra Elsner

Es heißt, auf dem Schlossberg bei Biesenthal zeige sich manchmal mittags, aber meistens zur Mitternacht  eine verwunschene Prinzessin. Weiß gekleidet, mit einem  goldenen Spinnrad in der Hand, sah man sie durch den Schlossgarten wandeln. Vielen war sie vollkommen liebreizend erschienen, und so erging es auch eines Tages einem Gärtner. Der junge Bursche hatte seit mehreren Nächten immer wieder diese eindringliche Stimme gehört:  „Komme in den Schlosspark um Mitternacht!”  Nun endlich war er ihr gefolgt. Als er im Park eine junge, schöne Frauengestalt in weißen Kleidern auf sich zu kommen sah,  wollte er einfach nur davon laufen.  Doch er stand fest wie angewurzelt und verzaubert. Bald sah der junge Gärtner in ihr trauriges Gesicht, das mit bewegender Stimme sprach: „Nimm mich auf den Rücken und trage mich bitte zur Kirche. Es ist ja nicht weit, du wirst es bestimmt nicht bereuen.“ Sie bat das flehend und sehnsüchtig. Der Gärtner fasste sich ein Herz und nahm die leichte, liebliche  Gestalt auf seinen Rücken. Dabei löste sich sein Schrecken und er konnte wieder laufen. So stieg der Mann den Weg vom Schlosspark zur Kirche hinauf. Die Last war kaum spürbar und deshalb dachte er bei sich: „Das Fräulein ist leicht wie Luft.“ Als er jedoch durch die Kirchhofpforte den Weg im fahlen Mondlicht betrat, raste ihm plötzlich ein Wagen mit vier rabenschwarzen Rössern entgegen. Die spien Feuer aus ihren Mäulern und Nüstern. Da packte den Burschen ein jäher Schreck. Er brüllte vor Entsetzen in die Nacht und plötzlich war der Wagen verschwunden. Die weiße Frau rutschte wie eine Feder von seinem Rücken und jammerte untröstlich diese Worte: „Wieder auf ewig verloren!”
Lange stand der junge Mann noch auf dem nächtlichen Friedhof und sann dem nach, was geschehen sein könnte. Da schlug die Kirchglocke einen vollen Ton. Vorbei war die Geisterstunde und der Gärtner erwachte wie aus einem schweren Traum.

(Nach Peter K. Stumpf, Sagen aus Brandenburg, aufgefrischt von Petra Elsner)

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