Sagenhafter Barnim (13)

Meine Sagenbearbeitung vom Tage:

Die Teufelszungen im Großen Döllnsee

Die Teufelszungen vom Großen Döllnsee. Zeichnung: Petra Elsner
Die Teufelszungen vom Großen Döllnsee.
Zeichnung: Petra Elsner

In einer Zeit, als ein Frühjahrssturm den Schafen die Locken glatt kämmte, war die Herde des Schäfers Anton im Wald zwischen dem Großen Döllnsee und dem grünen Wuckersee in alle Winde verstreut. Er suchte viele Tage nach den Tieren, und als er sie endlich beisammen hatte, war der Heimweg noch sehr weit. Denn er hauste auf dem anderen Ufer des großen Sees. Anton schnaufte. Er wünschte sich im Stillen, würde doch ein Landweg über den See führen. In der Dämmerung erreichte er müde seinen Hof, und als er die Tiere im Stall hatte, schlürfte er noch die paar Meter in den Dorfkrug, um sich ein Feierabendbier zu gönnen. Dort lehnte ein geheimnisvoller Mann am Tresen. Und weil Anton ihn so musterte, kam der Mann auf ihn zu und sprach: „Ist es gestattet, sich zu dir zu setzen?“
Der Schäfer nickte: „Nichts dagegen, hock‘ dich hin und erzähle mir etwas von der weiten Welt.“
Der Geheimnisvolle erwiderte: „Ach, die große, weite Welt, sie ist fern. Hier im tiefen Wald zählen doch andere Dinge. Du weißt schon: genug Futter für die Tiere und reichlich trockenes Holz für den Winter. Ein gutes Süppchen auf dem Feuer und das Leben gesund und nicht all zu schwer.“
Der Schäfer seufzte: „Das Leben nicht allzu schwer, das ist wohl ein frommer Wunsch. Meine Wege zu den Waldwiesen sind so weit, das ich mir rasch Löcher in den Stiefelsohlen laufe. Müde bin ich jeden Tag wie ein Hund, wenn ich die Tiere endlich im sicheren Stall habe. Dann trinke ich noch ein Bierchen und schon rafft es mich auf das Nachtlager. Und mein Weib schweigt allein den Mond an.“

„Hast du denn so gar keine Idee, wie dein Leben leichter werden könnte“, fragte der Fremde.
„Doch, doch, es spukt mir schon lange ein Gedanke im Kopfe herum: Wenn es einen Damm über den See gäbe, dann wäre mein Weg nicht mehr so weit, und ich hätte etwas Zeit für meine Liebste.“
„Wenn es weiter nichts ist, es kann dir geholfen werden.“ Da lüftete der geheimnisvolle Mann seinen Schlapphut und der Schäfer erblickte das flammende Haupt des Leibhaftigen. Erschrocken wich Anton zurück. Ihm grauste vor dem schauerlichen Anblick, aber zugleich stieg eine Hoffnung in des Schäfers Herz auf, sein Wunsch könnte Wahrheit werden. Vorsichtig fragte er den Teufel: „Was müsste ich dafür tun?“
Der Teufel erklärte: „Wenn ich dir bis zum ersten Hahnenschrei einen schönen Damm über den Großen Döllnsee baue, dann versprichst du mir einfach deine Seele dafür. Die wird fällig, wenn dein Tod kommt. Die kleine Nebensache wird dich zu Lebzeiten nicht berühren, damit ist alles abgegolten. Komm schlag ein.“
Der Schäfer Anton willigte ein. Sogleich erhob sich der Teufel, zahlte die Zeche mit einem Silbertaler und eilte grußlos davon. Unermüdlich begann er sein Werk. Wie von Furien getrieben bewegte er gewaltige Erdmassen und schleuderte große Findlinge in den See.
Anton lief aufgeregt nach Haus. In der Ferne hörte er den Teufel schuften. Da der Schäfer aber ein frommer Mann war, wurde es ihm unterwegs mulmig. Auf dem Hof angekommen fragte er schnaufend seine Frau: „Meine liebe Ilse, ich glaube, ich habe einen schlimmen Handel geschlossen. Ein geheimnisvoller Mann erklärte mir im Krug, dass es ganz leicht sei, einen Damm über den Großen Döllnsee zu schaffen. Bis morgen früh, wenn der erste Hahn kräht. Der Geheimnisvolle entpuppte sich allerdings als der Leibhaftige. Ich glaube, er war nur auf meine Seele aus, die ich ihm versprochen habe.“
Die Frau schimpfte: „Herrje, Anton, wie konntest du nur so leichtfertig sein? Es ist doch bekannt, dass der Teufel bei einem solchen Handel immer siegt. Aber warte. Ha, ich hab da so eine Idee, vielleicht können wir ihn mit einer List schlagen.“
Der Dammbau des Teufels war beinahe fertig. Es war noch stockdunkel, aber plötzlich krähte der erste Hahn als Zeichen des anbrechenden Tages. Der Teufel war irritiert. Hatte er seine Kräfte überschätzt? Wie war das möglich? Nun, die schlaue Frau des Schäfers, war mit einer Laterne in den Hühnerstall geschlichen und täuschte mit ihrem Licht den Hahn. Der krähte gleich so schön er konnte den vermeintlichen Sonnenaufgang an. Den Teufel aber durchzuckte es wie von einem Blitz getroffen. Er tobte und schrie seine Wut in die Nacht. Er war einer List aufgesessen und hatte damit den Handel verloren. Mit großem Getöse verließ der Gescheiterte seine Baustelle. Zurück blieben zwei Halbinseln, die den Großen Döllnsee verengen. Man nennt sie die Schmällinge oder auch die Teufelszungen.

(Nach Manfred Feder „Wandern in der Schorfheide“, Seite 55, aufgefrischt und erweitert von Petra Elsner)

PS: Diese Sage hatte ich im Sommer schon als Sagenspiel entwickelt, die jetzige Fassung ist gekürzt und weg vom Spielbuchcharakter…

 

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