Teetassen (Abschnitt 1)

Eine Kurzgeschichte in Arbeit:

Ein bisschen enttäuscht blickte er in die Neige seines Sherry-Glases. Nein, der hellgoldene Aperitif mit seiner trockenen Note war nicht schuld daran. Sie war nicht zurückgekommen. Er würde jetzt stundenlang orakeln, weshalb sie ihn wirklich verlassen hatte. Ein Gedankenbandwurm würde wachsen: Hätte sich seine Mutter nicht angekündigt, wäre es nicht zum Streit gekommen; Luci hätte nachts um drei Uhr nicht wirklich alle Tassen schreiend an die gegenüberliegende Hinterhofwand geworfen und damit die Nachbarschaft geweckt, die nun weiß: Luci hasst seine Mutter und ist gegangen. Hätte Tom seine Mutter ausgeladen, wäre er jetzt nicht allein, aber er hatte den irischen Dickschädel seiner Mutter geerbt. Doch war es wirklich der Grund für Lucis Flucht aus seinem Leben oder war die mütterliche Besuchsankündigung nur ein passender Anlass? Tom schüttelte seinen Kopf, er wollte das alles nicht bedenken, goss sich den zweiten Sherry ein, trank ihn in einem Zug aus und verließ sportlichen Schritts die Wohnung an der Schönhauser Allee. Er musste Tassen kaufen, feine gläserne Teetassen…

© Petra Elsner (Text & Zeichnung)
12. Juni 2019

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