Morgenstunde (416. Blog-Notat)

Manchmal bin ich wirklich irritiert, wie kurzgreifend Politik agiert. Hätte nicht der Sommer genutzt werden müssen, die Krisenszenarien „durchzuspielen“? Was, wäre wenn? Jede Firma ruft den Urlaubsstopp aus, wenn das Hausboot schwankt und Wasser leckt. Warum nicht die Regierung? Weshalb wissen wir heute immer noch nicht, wo genau die Infektionen entstehen? Wir hören: Beim Feiern. Aber was ist im Gedränge des ÖVPs, was in den Ärztewartezimmern, was an den Fließbändern aller Branchen, was in Restaurants, auf Märkten oder im Kino? Wir wissen es nicht. Warum gibt es diese lebenspraktischen Studien in Deutschland nicht? Darum stochert Politik heute immer noch im Nebel und sperrt wieder das Freizeitleben weg. Es ist das Einfachste und AKTIONISSMUS! Warum gelingt es nicht, in so einer Notlage die weit auseinanderdriftenden wissenschaftlichen Denkschulen des ganzen Landes an einen Tisch zu holen, die Grabenkämpfe zu stoppen und das Beste aus der Wissenschaft zielführend zu befördern? Und der Personalmangel in den Gesundheitsämtern? Es gibt so viele Beamte und Verwaltungsangestellte, die gerade ohne Aufgabe sind, weil Kultur u.a. nicht zugelassen ist, warum haben die Länder nicht längst eine Art Callcenter aus ihnen gebildet, die die Nachverfolgung übernehmen? Ich bin enttäuscht und ich sehe, wie abgehoben die Corona-Runde Entscheidungen trifft: Beispielsweise wissen sie nicht, wie Freiberufler (Neudeutsch: Solo-Selbstständige) wirklich leben. Die Idee, 75 Prozent der November-Einkünfte aus 2019 als Grundlage für die Entschädigungen für den November-Lockdown 2020 zu wählen, verrät das deutlich. Es ist das Denken von Gehaltsempfängern. Aber Freiberufler haben schwankende Einkünfte, je nach Auftragslage, mal viel, mal gar nichts, dann zehren sie von den guten Monaten. Lebensnah wäre es gewesen, aus dem Jahreseinkommen, den Monatsdurchschnitt zu ermitteln und den als Grundlage für Sofort-Hilfen zu nehmen, das wäre halbwegs fair. Freiberufler, Künstler, Kleinunternehmer sind ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft, sie zahlen Steuern, sie haben ein Recht auf Fairness. Ich selbst bin inzwischen Künstlerin mit einer Minirente, muss also nur dazuverdienen, damit es reicht. Das geht ein kurzes Weilchen auch mal ohne, aber meine unzähligen Kollegen, die den kulturellen Ruf dieses Landes in die Welt tragen, haben es verdient, dass man ihren Stolz nicht angreift…

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